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Archiv für den Monat Juni 2013

Escape – Vermächtnis der Wikinger – Frauenpower im Mittelalter

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Flukt

Von Volker Schönenberger

Action-Abenteuer // Im Jahr 1663 verharrt Norwegen in Gesetzlosigkeit. Zehn Jahre zuvor hat die Pest die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft und das mittelalterliche Land in Anarchie gestürzt. Eine vierköpfige Familie sucht per Pferdekarren nach einer Zukunft und findet den Tod: Plünderer ermorden Vater, Mutter und Sohn, nur die 19-jährige Tochter Stigne (Isabel Christine Andreasen) wird auf Geheiß der Anführerin Dagmar (Ingrid Bolsø Berdal) verschont und ins Lager der Bande verschleppt. Dort trifft Stigne die kleine Frigg (Milla Olin), die von Dagmar mit harter Hand erzogen wird. Stigne flieht – ein Katz-und-Maus-Spiel auf Leben und Tod nimmt seinen Lauf.

Regisseur Roar Uthaug machte 2006 mit seinem Langfilmdebüt „Cold Prey – Eiskalter Tod“ auf sich aufmerksam. In „Escape – Vermächtnis der Wikinger“ nutzt er die Landschaft Norwegens für ebenso kühle wie epische Bilder der wilden Natur. Seine Hauptdarstellerin Isabel Christine Andreasen beeindruckt in ihrem bislang einzigen Film mit zwar zurückhaltendem, aber umso intensiverem Spiel. Ihre Gegenspielerin Ingrid Bolsø Berdal überzeugt als hasserfüllte Kriegerin nicht minder. Menschenjagd und Überlebenskampf sind packend inszeniert. Selbst die kleine Frigg agiert als starkes Kind; da geraten die Kerle zwangsläufig in den Hintergrund. So viel Frauenpower wirkt fürs Mittelalter wenig akkurat inszeniert, das tut dem Unterhaltungswert des Films aber keinen Abbruch.

Die düstere Stimmung des ironiefreien Survival-Abenteuers erinnert etwas an „Walhalla Rising“ und „Outlander“, ohne jedoch ganz die Brutalität des erstgenannten Films zu erreichen. Ein Wikingerspektakel mit klirrenden Schwertern, Hornhelmen und schädelspaltenden Äxten sollte ohnehin niemand erwarten. Der deutsche Vertriebstitel führt da etwas in die Irre. Dass der norwegische Film für den deutschen Markt den englischen Titel „Escape“ verpasst bekam, erscheint ohnehin fragwürdig.

Veröffentlichung: 28. Juni 2013 als Blu-ray und DVD

Länge: 82 Min. (Blu-ray), 79 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Norwegisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Flukt
NOR 2012
Regie: Roar Uthaug
Drehbuch: Thomas Moldestad
Besetzung: Isabel Christine Andreasen, Ingrid Bolsø Berdal, Milla Olin, Kristian Espedal, Tobias Santelmann
Zusatzmaterial: Trailer
Vertrieb: Koch Media

Copyright 2013 by Volker Schönenberger
Packshot: Koch Media

 
 

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World War Z – Wenn Zombies nur außerhalb der Leinwand schmatzen dürfen

World War Z

Kinostart: 27. Juni 2013

Von Volker Schönenberger

Parental advisory – explicit lyrics! Obacht, zarte Gemüter – gewalthaltiger Text!

Horror-Action // You better splatter! Wenn auf der Kinoleinwand Zombies durchs Bild schlurfen oder auch rennen, geht’s gern mal deftig zu. Da werden Gliedmaßen abgerissen, Schädel weggeschossen, Eingeweide aus Bauchhöhlen gezogen, Körper zerhackt und Menschen gefressen, dass es eine helle Freude ist. Kommen wir somit gleich zum größten Manko von „World War Z“: All das gibt’s in Marc Forsters Film nicht zu sehen.

Manko – wieso Manko? Das wird sich womöglich der eine oder andere Leser dieser Rezension fragen. Für gepflegten Grusel brauche es keine explizite Zurschaustellung von Gewalt. Der Horror spiele sich ohnehin am besten im Kopf ab.

Diese Haltung kann man durchaus vertreten. Freunde einer gepflegten Zombie-Apokalypse jedoch dürften mehrheitlich anderer Ansicht sein. Wenn Zombies durchs Bild schlurfen, müssen einfach Gliedmaßen abge… aber lassen wir das. Speziell in zwei Szenen ist der Verzicht auf blutigste Details tatsächlich ärgerlich: Wenn einer in die Hand gebissenen Frau eben diese Hand zur Rettung einfach mal abgeschlagen wird und die Kamera herumlaviert, um das nur ja nicht zeigen zu müssen, dann sieht das schlicht nach mangelhafter Schnitttechnik aus. Und wenn die von Brad Pitt („Die Ermordung des Jesse James …“) gespielte Hauptfigur Gerry Lane Schwierigkeiten hat, einem just erlegten Zombie die Brechstange aus dem Körper zu ziehen, ohne dass der Zuschauer die im Körper steckende Brechstange zu sehen bekommt, so nimmt das der Szene viel von ihrer Intensität, die sie angesichts der Gefahr durch einen herannahenden Zombie verdient gehabt hätte.

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Zombiemassen erklimmen einen Schutzwall

Zugegeben: Der Film weiß auch ohne Splatterexzess zu gefallen. In den Actionszenen wird „World War Z“ zum Armlehnenkraller. Die Untoten sind schnell – sehr schnell. Für die Massenszenen mit zahlreichen Zombies bedienten sich die Filmemacher der Theorie der Schwarmintelligenz. „Ich dachte, es wäre interessant zu sehen, wie diese Zombies, die keinen Intellekt haben und lebende Tote sind, sich mit dieser Schwarmmentalität bewegen. Es gibt keine wirkliche Richtung, da die Zombies die Untoten sind. Aber alles in allem gibt es ein unbewusstes Bewusstsein“, erläutert Regisseur Marc Forster im Presseheft zum Film die Inszenierung der attackierenden Zombiemassen. Das funktioniert tatsächlich: Wenn sich in Raserei befindliche Untotenhorden quasi schwarmintelligent an einem Schutzwall emporstapeln oder auf einem Flughafen den letzten startenden Flugzeugen hinterherjagen, sind das Highlights des Films, obwohl die Zombies in diesen Szenen klar als computergeneriert erkennbar sind.

Die Geschichte folgt Gerry Lane (Brad Pitt), der sich mit seiner Familie in Philadelphia im Auto im Stoßverkehr befindet, als die Seuche über die Stadt hereinbricht und Menschen zu Zombies macht. Zwölf Sekunden braucht’s, bis ein Infizierter zum untoten Wüterich mutiert ist. Mit Müh und Not retten sich die Lanes dank Gerrys Vergangenheit als Ermittlungsbeamter der UNO auf ein Kriegsschiff, während die Zombies weltweit die Menschheit überrennen. Ein Hinweis bringt die Hoffnung, auf einer US-Militärbasis in Südkorea den Patienten Null zu finden – den ersten Infizierten, aus dem womöglich ein Impfstoff generiert werden kann. Für Gerry Lane beginnt eine Odyssee zur Rettung der Menschheit.

Der medizinische Aspekt des Films steckt voller Lücken und Logiklöcher. Wer darüber gnädig hinwegsehen und die oben erwähnte Blutarmut ebenfalls wegstecken kann, darf sich auf rasante und hochspannende Horror-Action freuen. Die Handlung springt zu diversen Schauplätzen weltweit – da hat Regisseur Marc Forster nach seiner 2008er-Regiearbeit „Ein Quantum Trost“ vielleicht noch James Bond im Blut gehabt.

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Gerry Lane (Brad Pitt) will seine Familie in Sicherheit bringen

Mit der Struktur von Max Brooks’ Roman hat der Film nicht mehr viel zu tun. Die Vorlage besteht aus Augenzeugenberichten, Experteninterviews etc. und liefert so die quasi historische Betrachtung eines Kriegs der Menschheit gegen die Zombies. Der Film muss zwangsläufig linearer inszeniert sein. Für die Bewertung eines Films ist der Vergleich mit der Romanvorlage ohnehin nachrangig – er muss als Film funktionieren, und das tut „World War Z“. Da wir gerade bei der Vorlage sind: Die vermutlich schönste Buchedition erscheint in streng limitierter und vom Autor handsignierter Ausgabe beim US-Verlag Cemetery Dance. Die auf 948 Exemplare limitierte Edition ist allerdings bereits vor Erscheinen durch Vorbestellungen ausverkauft (der Blogger hat eine ergattern können); zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Rezension sind von der auf 52 Exemplare limitieren „lettered edition“ im Schuber noch einige Restexemplare vorbestellbar.

Beinahe vergessen: 3D. Die dritte Dimension haut den Zuschauer von „World War Z“ nicht vom Hocker, ist aber auch kein Ärgernis. Ob sie den Aufpreis wert ist, sei dahingestellt.

Für den wichtigen deutschen Filmmarkt gibt’s auch ein deutsches Gesicht zu sehen: Moritz Bleibtreu („Soul Kitchen“) hat eine Nebenrolle als Arzt der Weltgesundheitsorganisation ergattert. Bleibtreu hat allerdings eingeräumt, erst zum Nachdreh gecastet worden zu sein. Apropos Nachdreh: Im Herbst 2008 war „World War Z“ angekündigt worden. Die Dreharbeiten begannen im Juli 2011 in Malta, bevor der Filmtross einen Monat später nach Glasgow umzog. Die schottische Stadt hielt für Philadelphia her. „Das war ’ne Riesensache hier, als sie gedreht haben“, berichtet der Glasgower Stephen McKim dem Blogger. Der George Square und ein paar Straßen im Herzen der Stadt seien für ein paar Tage gesperrt, Straßenschilder seien ausgetauscht worden, damit Glasgow als Philadelphia durchgehe. „Etliche Einwohner haben Statistenrollen erhalten – für Szenen, in denen sie alle wegrennen mussten“, so McKim. Im Presseheft berichtet Produzent Dede Gardner, es habe in Glasgow sogar Willkommensgrüße in den Fenstern gegeben.

Später wurde in England und der ungarischen Hauptstadt Budapest gedreht.

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Lane (l.) setzt alles aufs Spiel

Vanity Fair hat vermeldet, die Verantwortlichen bei Paramount seien nach Sichtung von Marc Forsters „Director’s Cut“ entsetzt gewesen. Neu ins Boot kam daraufhin Drehbuchautor Damon Lindelof („Star Trek – Into Darkness“), der für die letzten 40 Minuten des Films das Skript umschrieb. U. a. fiel eine zwölfminütige Schlachtenszene in Moskau vollständig der Schere zum Opfer – eine Sequenz, von der zu hoffen ist, dass sie es zumindest ins Bonusmaterial der kommenden Blu-ray- und DVD-Veröffentlichungen schaffen wird. Forster zufolge war auch er mit dem ursprünglichen Ende nicht zufrieden. Nun ziehe er das neue Finale vor.

Der ursprünglich avisierte Kinostarttermin 21. Dezember 2012 war mit dem Nachdreh nicht mehr zu halten. Sechs Monate Verzögerung – das kann mal passieren. Ob das Director’s-Cut-Debakel der Karriere des Regisseurs einen nachhaltigen Knick bescheren wird, bleibt abzuwarten. Allerdings hat Paramount nach dem erfolgreichen Startwochenende des Films bereits eine Fortsetzung angekündigt.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Moritz Bleibtreu, David Morse und Brad Pitt haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Länge: 116 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: World War Z
USA/MT 2013
Regie: Marc Forster
Drehbuch: Matthew Michael Carnahan, Drew Goddard, Damon Lindelof, nach dem Roman von Max Brooks
Besetzung: Brad Pitt, Mireille Enos, Daniella Kertesz, James Badge Dale, Matthew Fox, David Morse, Moritz Bleibtreu, Michiel Huisman
Verleih: Paramount Pictures Germany GmbH

Copyright 2013 by Volker Schönenberger

Filmplakate & Fotos: © 2013 Paramount Pictures

 

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Die Maske des Roten Todes – Erstmals auf Blu-ray

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The Masque of the Red Death

Von Volker Schönenberger

And Darkness and Decay and the Red Death held illimitable dominion over all.

Horror // Prächtig, prächtig! Eine der Perlen des 60er-Horrorkinos erhält von Koch Media eine angemessene Veröffentlichung auf Blu-ray und DVD samt sehenswertem Bonusmaterial (siehe unten). In „Die Maske des Roten Todes“ nach Edgar Allan Poe brilliert Charakterkopf Vincent Price als ruchloser Prinz Prospero. Samt Hofstaat verschanzt er sich in seinem Schloss, während draußen der Rote Tod das einfache Volk dahinrafft. Von Gott abgewandt, hofft der Fürst auf die Herrschaft Satans. Seinen Speichelleckern begegnet Prospero mit Verachtung und demütigenden Spielchen. Einzig die Dörflerin Francesca (Jane Asher) weckt mit ihrer Unbeugsamkeit sein Interesse. Er hat die junge Frau, ihren Vater und ihren Freund auf sein Schloss verschleppen lassen, das Dorf ließ er bei Ausbruch der Seuche niederbrennen. Ein Maskenball soll die dekadente Gesellschaft bei Laune halten – doch auch der Rote Tod trägt ein Kostüm.

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Francesca (Jane Asher) wird im Schloss gebadet

Regisseur und Produzent Roger Corman hat „Die Maske des Roten Todes“ als eine der besseren Poe-Verfilmungen bezeichnet und zu seinen persönlichen Favoriten gezählt. Zu Recht: Obgleich der Film heute nur mit viel gutem Willen als gruselig zu bezeichnen ist und höchstens ab und zu eine wohlige Gänsehaut verursacht, bietet er doch nostalgischen Horror und viel naiven Charme. Als Kameramann hatte Corman Nicolas Roeg gewonnen, der später u. a. mit „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973) selbst als Regisseur brillierte.

Die üppige Ausstattung mit ihren fantasievollen Kostümen sowie die farbenprächtige Bildgestaltung kommen in der Neuveröffentlichung gut zur Geltung, wobei einzuräumen ist, dass der Rezensent vorab lediglich die neue DVD zu sehen bekam und über den HD-Transfer auf Blu-ray keine Aussagen machen kann. Auch ein Vergleich mit der 2005er-DVD-Veröffentlichung von MGM war nicht möglich. Dennoch ist zu konstatieren: Farben sind kräftig, Konturen klar.

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Prinz Prospero (l.) hat eine perfide Idee

Zu den Highlights unter den Extras gehören die beiden je 19-minütigen Interviews mit Roger Corman und Arne Elsholtz, der die Dialoge der deutschen Synchronfassung geschrieben und die deutsche Synchronisation als Regisseur verantwortet hat. Die ebenfalls enthaltene 18-minütige Super-8-Fassung des Films ist als Kuriosum interessant. Ein mehr als 50-minütiges TV-Special „An Evening of Edgar Allan Poe“ rundet das Zusatzmaterial ab. Es wurde am 1. Januar 1970 im US-Fernsehen ausgestrahlt. Vincent Price rezitiert darin die vier Poe-Erzählungen „The Tell-Tale Heart“, „The Sphinx“, „The Cask of Amontillado“ und „The Pit and the Pendulum“. Angesichts dessen, dass die bislang einzige DVD-Veröffentlichung des Films unter dem alten Verleihtitel „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ ohne jeden Bonus auskam, rechtfertigt allein das Zusatzmaterial die Neuveröffentlichung.

Im Vergleich zum nahezu anderthalbstündigen Film mutet die Erzählung von Edgar Allan Poe recht kurz an. Sie ist sowohl im englischen Original als auch in deutscher Übersetzung im Netz verfügbar. Eine lesenswerte Betrachtung von Cormans Poe-Zyklus findet sich hier.

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Der Rote Tod hält Einzug im Schloss

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Roger Corman haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Patrick Magee und Vincent Price unter Schauspieler. Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Regiearbeiten haben wir auch in der Rubrik Filmreihen aufgeführt.

Veröffentlichung: 21. Juni 2013 als Special Edition Blu-ray, 14. Juni 2013 als Special Edition Doppel-DVD

Länge: 89 Min. (Blu-ray), 85 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: The Masque of the Red Death
Alternativtitel: Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie
USA/GB 1964
Regie: Roger Corman
Drehbuch: Charles Beaumont, R. Wright Campbell, nach einer Erzählung von Edgar Allan Poe
Besetzung: Vincent Price, Hazel Court, Jane Asher, Robert Brown, Patrick Magee
Zusatzmaterial: Interview mit Roger Corman, Interview mit Synchronregisseur Arne Elsholtz, Super-8-Fassung, TV-Special „An Evening of Edgar Allan Poe“, Bildergalerie zum TV-Special, Trailer, geschnittene Badeszene, deutscher Vorspann, Bildergalerie
Vertrieb: Koch Media

Copyright 2013 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & Packshot: © Koch Media

 

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