
World War Z
Kinostart: 27. Juni 2013
Von Volker Schönenberger
Parental advisory – explicit lyrics! Obacht, zarte Gemüter – gewalthaltiger Text!
Horror-Action // You better splatter! Wenn auf der Kinoleinwand Zombies durchs Bild schlurfen oder auch rennen, geht’s gern mal deftig zu. Da werden Gliedmaßen abgerissen, Schädel weggeschossen, Eingeweide aus Bauchhöhlen gezogen, Körper zerhackt und Menschen gefressen, dass es eine helle Freude ist. Kommen wir somit gleich zum größten Manko von „World War Z“: All das gibt’s in Marc Forsters Film nicht zu sehen.
Manko – wieso Manko? Das wird sich womöglich der eine oder andere Leser dieser Rezension fragen. Für gepflegten Grusel brauche es keine explizite Zurschaustellung von Gewalt. Der Horror spiele sich ohnehin am besten im Kopf ab.
Diese Haltung kann man durchaus vertreten. Freunde einer gepflegten Zombie-Apokalypse jedoch dürften mehrheitlich anderer Ansicht sein. Wenn Zombies durchs Bild schlurfen, müssen einfach Gliedmaßen abge… aber lassen wir das. Speziell in zwei Szenen ist der Verzicht auf blutigste Details tatsächlich ärgerlich: Wenn einer in die Hand gebissenen Frau eben diese Hand zur Rettung einfach mal abgeschlagen wird und die Kamera herumlaviert, um das nur ja nicht zeigen zu müssen, dann sieht das schlicht nach mangelhafter Schnitttechnik aus. Und wenn die von Brad Pitt („Die Ermordung des Jesse James …“) gespielte Hauptfigur Gerry Lane Schwierigkeiten hat, einem just erlegten Zombie die Brechstange aus dem Körper zu ziehen, ohne dass der Zuschauer die im Körper steckende Brechstange zu sehen bekommt, so nimmt das der Szene viel von ihrer Intensität, die sie angesichts der Gefahr durch einen herannahenden Zombie verdient gehabt hätte.

Zombiemassen erklimmen einen Schutzwall
Zugegeben: Der Film weiß auch ohne Splatterexzess zu gefallen. In den Actionszenen wird „World War Z“ zum Armlehnenkraller. Die Untoten sind schnell – sehr schnell. Für die Massenszenen mit zahlreichen Zombies bedienten sich die Filmemacher der Theorie der Schwarmintelligenz. „Ich dachte, es wäre interessant zu sehen, wie diese Zombies, die keinen Intellekt haben und lebende Tote sind, sich mit dieser Schwarmmentalität bewegen. Es gibt keine wirkliche Richtung, da die Zombies die Untoten sind. Aber alles in allem gibt es ein unbewusstes Bewusstsein“, erläutert Regisseur Marc Forster im Presseheft zum Film die Inszenierung der attackierenden Zombiemassen. Das funktioniert tatsächlich: Wenn sich in Raserei befindliche Untotenhorden quasi schwarmintelligent an einem Schutzwall emporstapeln oder auf einem Flughafen den letzten startenden Flugzeugen hinterherjagen, sind das Highlights des Films, obwohl die Zombies in diesen Szenen klar als computergeneriert erkennbar sind.
Die Geschichte folgt Gerry Lane (Brad Pitt), der sich mit seiner Familie in Philadelphia im Auto im Stoßverkehr befindet, als die Seuche über die Stadt hereinbricht und Menschen zu Zombies macht. Zwölf Sekunden braucht’s, bis ein Infizierter zum untoten Wüterich mutiert ist. Mit Müh und Not retten sich die Lanes dank Gerrys Vergangenheit als Ermittlungsbeamter der UNO auf ein Kriegsschiff, während die Zombies weltweit die Menschheit überrennen. Ein Hinweis bringt die Hoffnung, auf einer US-Militärbasis in Südkorea den Patienten Null zu finden – den ersten Infizierten, aus dem womöglich ein Impfstoff generiert werden kann. Für Gerry Lane beginnt eine Odyssee zur Rettung der Menschheit.
Der medizinische Aspekt des Films steckt voller Lücken und Logiklöcher. Wer darüber gnädig hinwegsehen und die oben erwähnte Blutarmut ebenfalls wegstecken kann, darf sich auf rasante und hochspannende Horror-Action freuen. Die Handlung springt zu diversen Schauplätzen weltweit – da hat Regisseur Marc Forster nach seiner 2008er-Regiearbeit „Ein Quantum Trost“ vielleicht noch James Bond im Blut gehabt.

Gerry Lane (Brad Pitt) will seine Familie in Sicherheit bringen
Mit der Struktur von Max Brooks’ Roman hat der Film nicht mehr viel zu tun. Die Vorlage besteht aus Augenzeugenberichten, Experteninterviews etc. und liefert so die quasi historische Betrachtung eines Kriegs der Menschheit gegen die Zombies. Der Film muss zwangsläufig linearer inszeniert sein. Für die Bewertung eines Films ist der Vergleich mit der Romanvorlage ohnehin nachrangig – er muss als Film funktionieren, und das tut „World War Z“. Da wir gerade bei der Vorlage sind: Die vermutlich schönste Buchedition erscheint in streng limitierter und vom Autor handsignierter Ausgabe beim US-Verlag Cemetery Dance. Die auf 948 Exemplare limitierte Edition ist allerdings bereits vor Erscheinen durch Vorbestellungen ausverkauft (der Blogger hat eine ergattern können); zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Rezension sind von der auf 52 Exemplare limitieren „lettered edition“ im Schuber noch einige Restexemplare vorbestellbar.
Beinahe vergessen: 3D. Die dritte Dimension haut den Zuschauer von „World War Z“ nicht vom Hocker, ist aber auch kein Ärgernis. Ob sie den Aufpreis wert ist, sei dahingestellt.
Für den wichtigen deutschen Filmmarkt gibt’s auch ein deutsches Gesicht zu sehen: Moritz Bleibtreu („Soul Kitchen“) hat eine Nebenrolle als Arzt der Weltgesundheitsorganisation ergattert. Bleibtreu hat allerdings eingeräumt, erst zum Nachdreh gecastet worden zu sein. Apropos Nachdreh: Im Herbst 2008 war „World War Z“ angekündigt worden. Die Dreharbeiten begannen im Juli 2011 in Malta, bevor der Filmtross einen Monat später nach Glasgow umzog. Die schottische Stadt hielt für Philadelphia her. „Das war ’ne Riesensache hier, als sie gedreht haben“, berichtet der Glasgower Stephen McKim dem Blogger. Der George Square und ein paar Straßen im Herzen der Stadt seien für ein paar Tage gesperrt, Straßenschilder seien ausgetauscht worden, damit Glasgow als Philadelphia durchgehe. „Etliche Einwohner haben Statistenrollen erhalten – für Szenen, in denen sie alle wegrennen mussten“, so McKim. Im Presseheft berichtet Produzent Dede Gardner, es habe in Glasgow sogar Willkommensgrüße in den Fenstern gegeben.
Später wurde in England und der ungarischen Hauptstadt Budapest gedreht.

Lane (l.) setzt alles aufs Spiel
Vanity Fair hat vermeldet, die Verantwortlichen bei Paramount seien nach Sichtung von Marc Forsters „Director’s Cut“ entsetzt gewesen. Neu ins Boot kam daraufhin Drehbuchautor Damon Lindelof („Star Trek – Into Darkness“), der für die letzten 40 Minuten des Films das Skript umschrieb. U. a. fiel eine zwölfminütige Schlachtenszene in Moskau vollständig der Schere zum Opfer – eine Sequenz, von der zu hoffen ist, dass sie es zumindest ins Bonusmaterial der kommenden Blu-ray- und DVD-Veröffentlichungen schaffen wird. Forster zufolge war auch er mit dem ursprünglichen Ende nicht zufrieden. Nun ziehe er das neue Finale vor.
Der ursprünglich avisierte Kinostarttermin 21. Dezember 2012 war mit dem Nachdreh nicht mehr zu halten. Sechs Monate Verzögerung – das kann mal passieren. Ob das Director’s-Cut-Debakel der Karriere des Regisseurs einen nachhaltigen Knick bescheren wird, bleibt abzuwarten. Allerdings hat Paramount nach dem erfolgreichen Startwochenende des Films bereits eine Fortsetzung angekündigt.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Moritz Bleibtreu, David Morse und Brad Pitt haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.
Länge: 116 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: World War Z
USA/MT 2013
Regie: Marc Forster
Drehbuch: Matthew Michael Carnahan, Drew Goddard, Damon Lindelof, nach dem Roman von Max Brooks
Besetzung: Brad Pitt, Mireille Enos, Daniella Kertesz, James Badge Dale, Matthew Fox, David Morse, Moritz Bleibtreu, Michiel Huisman
Verleih: Paramount Pictures Germany GmbH
Copyright 2013 by Volker Schönenberger

Filmplakate & Fotos: © 2013 Paramount Pictures
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …