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Archiv für den Monat April 2014

Rites of Spring – In der Provinz lauert das Grauen

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Horror // Im Frühjahr 1984 verschwanden nacheinander fünf Teenager spurlos, unter ihnen Tara Grinstead, eine Schönheitskönigin aus Mississippi. Doch so plötzlich sie begonnen hatten, hörten diese Vorfälle wieder auf. Im Frühling darauf wurden wieder mehrere junge Mädchen als vermisst gemeldet, darunter auch Wendy Mullins – Einserschülerin und Jahrgangsbeste ihrer Abschlussklasse. Für die nächsten 24 Jahre ging es so weiter. Die Leichen wurden nie gefunden.

Mit diesen Zeilen beginnt „Rites of Spring“. Sie schüren eine Erwartungshaltung, die durch weitere Details zusätzlich befeuert wird: Genannt seien die feine Hinterland-Atmosphäre, der stimmungsvolle bis bedeutungsschwangere Soundtrack, gewisse Andeutungen, die der verschrobene alte Mann macht, der für die Entführungen verantwortlich ist, und nicht zuletz der Filmtitel: Was hat es mit den Riten des Frühlings auf sich? Dieser Erwartungshaltung wird „Rites of Spring“ in der Folge leider nicht gerecht, obwohl er im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten eine ganze Menge aus dem Genre des Backwoods-Slasherfilms macht.

Auf einem Parkplatz überwältigt besagter alter Mann (Marco St. John) die beiden jungen Frauen Rachel (Anessa Ramsey) und Alyssa (Hannah Bryan). Er verschleppt sie in ein altes Gehöft fernab der nächsten Ortschaft. Offenbar werden sie für ein blutiges Ritual benötigt. Eine Falltür auf dem Gelände birgt ein grausiges Geheimnis – und bald wird sie sich öffnen.

Gleichzeitig entführen andernorts die Kriminellen Paul (Sonny Marinelli) und Ben (AJ Bowen, „You’re Next“) die Tochter wohlhabender Eltern, um Lösegeld zu erpressen. Bens Freundin und sein Bruder sind mit von der Partie. Der Unterschlupf der Ganoven ist gar nicht so weit von dem Gebäude entfernt, in dem Rachel und Alyssa festgehalten werden. Als sich Rachel befreien kann, führt ihre Flucht sie geradewegs in die Hände von Paul und Ben. Doch das Grauen folgt ihr auf dem Fuße …

Die beiden zu Beginn parallel ablaufenden Handlungsstränge finden erwartungsgemäß, aber durchaus spannend zueinander. Ein paar Szenen ziehen sich etwas zu sehr in die Länge, aber das ist zu verschmerzen. Wenn’s ab dem Aufeinandertreffen richtig zur Sache geht, erweist sich die namenlos bleibende Figur vom Blu-ray-Cover als manch anderen Killern des Backwoods-Slasherfilms ebenbürtig. Allerdings sind wir an dieser Stelle bei der nicht eingehaltenen Erwartungshaltung angelangt: Der Killer ist letztlich nur ein Killer. Was den alten Mann mit ihm verbindet und obendrein motiviert, ihm junge Dinger zum Abschlachten zuzuführen, bleibt nicht nur vage, sondern völlig im Dunkeln.

Auch der oben zitierte Prolog ist letztlich bedeutungslos. Ein über ein Vierteljahrhundert wütender Serienmörder – das hätte im Verlauf gern weiter ausgeführt werden können, sollte Filmgucker aber anscheinend nur darauf vorbereiten, dass sie es mit einem Unhold zu tun bekommen. Die erwähnten Rituale sind zudem völlig bedeutungslos bis gar nicht mehr vorhanden. Eine nackte junge Frau am Kreuz mit einem ihr übergestülpten Pappmaché-Tierkopf – nur ein Gimmick ohne Substanz.

Mit den üblichen Mängeln dieser Art Film kann man als Horror-Aficionado gut leben. Niemand erwartet große Schauspielkunst oder herausragende Dialoge. Die deutsche Synchronisation hört sich ebenfalls eher billig an. Der Blut- und Splattergehalt ist vergleichsweise moderat, aber die 18er-Freigabe angemessen. Schade um das verschenkte Potenzial – etwas mehr Elan und Kreativität beim Berücksichtigen der Vorgeschichte und der ominösen Rituale, „Rites of Spring“ hätte eine Perle des Genres werden können. So jedoch ist Padraig Reynolds’ nach eigenem Drehbuch inszenierter bislang einziger Langfilm ein zwiespältiges Vergnügen – aber immerhin ein Vergnügen.

Veröffentlichung: 10. Mai 2013 als Blu-ray und DVD

Länge: 80 Min.
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
USA 2011
Regie: Padraig Reynolds
Drehbuch: Padraig Reynolds
Besetzung: AJ Bowen, Anessa Ramsey, Sonny Marinelli, Katherine Randolph, Marco St. John
Zusatzmaterial: Wendecover
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2014 by Volker Schönenberger
Packshot: © 2014 Mad Dimension

 

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Die Schöne und das Biest – Ein düsteres Märchen

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La belle et la bête

Kinostart: 1. Mai 2014

Von Matthias Holm

Fantasy-Melodram // Die Schöne und das Biest? Da klingeln beim Disney-Fan doch gleich alle Glocken. Doch Obacht: Wer nur die Disney-Version kennt und erwartet, dass Kerzenständer „Sei hier Gast“ schmettern, wird bei Christophe Gans‘ Version des klassischen französischen Märchens Augen machen.

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Belle bekommt vom Biest hübsche Kleider geschenkt

Nachdem seine gesamte Flotte untergegangen ist, muss ein französischer Kaufmann (André Dussollier) mit seinen drei Söhnen und drei Töchtern im Jahr 1810 aufs Land ziehen. Die einzige, die das nicht stört, ist die jüngste Tochter Belle (Léa Seydoux). Als sie ihrem Vater bittet, ihr von einem Ausflug eine Rose mitzubringen, findet er ein wunderschönes Exemplar nahe einem verwunschenen Schloss. Doch genau diese Rose ist dem Schlossherrn, einem abscheulichen Biest (Vincent Cassel), das Teuerste auf der Welt. Folge: Der Kaufmann darf zwar seiner Familie Lebewohl sagen, muss danach aber zum Biest zurückkehren. Tut er das nicht, will das Biest alle Kinder töten. Um ihren Vater zu retten, reitet Belle selbst zum Schloss und versucht, hinter das Geheimnis des Monsters zu kommen.

Christophe Gans („Der Pakt der Wölfe“) war schon immer ein Mann der Atmosphäre und der tollen Bilder. Bei seiner Hollywood-Arbeit „Silent Hill“, die unter Videospielern das Ansehen der besten Kino-Adaption eines Videospiels genießt, ist dies am deutlichsten zu sehen: Fast 1:1 übernahm er Bilder aus dem Spiel und setzte sie für die Leinwand um, was ungewöhnlich aussieht, aber eine sehr dichte und bedrohliche Stimmung aufbaut. Auch bei „Die Schöne und das Biest“ schöpft Gans bei den Spezialeffekten aus dem Vollen. Der Untergang der Schiffe am Anfang beispielsweise sieht besser aus als das riesige Schiff zu Beginn von „Les Misérables“.

Vincent Cassel lässt auch mit Maske die Mimik spielen

Auch das Biest sieht hervorragend aus. Vincent Cassels Minenspiel wurde mit einer aufwendigen Technik am Computer auf die Maske übertragen, diese anschließend handgefertigt. So ersparte der Regisseur seinem Star etliche Umkleidestunden. Cassel ist es auch, der mit seiner tiefen Stimme und den Gemütsschwankungen am ehesten in Gedächtnis bleibt. Léa Seydoux sieht für eine Belle hübsch genug aus und macht ihre Sache auch recht ordentlich, der Rest des Casts bleibt mit einer (für die Deutschen) Ausnahme unauffällig: Als Prinzessin ist Yvonne Catterfeld zu sehen, der sogar eine wichtige und tragische Rolle zufällt.

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Der Prinz vor seiner Verwandlung in ein Monster

Da es sich hierbei um ein Märchen handelt, kann der Zuschauer es wohl in Kauf nehmen, dass sich die Jahreszeiten und das Wetter alle Nase lang ändern und die Romanze von Belle und dem Biest sich ziemlich plötzlich entwickelt. Eben noch hatte sie Angst vor ihm, fix danach kommt auf einmal „Ich liebe dich.“ Doch vor allem ist es ein Märchen, dass man Kindern nicht unbedingt zumuten sollte. Gerade am Ende wird der Film sehr düster und es sterben eine ganze Menge Leute auf grausame Weise. Zwar gibt es nicht viel Blut zu sehen, für jüngere Zuschauer dürfte das jedoch zu gruselig sein.

An wen richtet sich also der Film? Märchenfreunde werden an der fantastischen Geschichte ihren Spaß haben, für einen Pärchenabend ist der Film auch gut geeignet. Wer sich zu keiner dieser beiden Kategorien zählt, sollte sich lieber einen anderen Film angucken.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Léa Seydoux haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgeführt, Filme mit Vincent Cassel unter Schauspieler.

Länge: 112 Min.
Altersfreigabe: FSK 6
Originaltitel: La belle et la bête
F/D 2014
Regie: Christophe Gans
Drehbuch: Christophe Gans, Sandra Vo-Anh
Besetzung: Vincent Cassel, Léa Seydoux, Yvonne Catterfeld, André Dussollier, Eduardo Noriega, Audrey Lamy, Dejan Bucin, Mickey Hardt
Verleih: Concorde Filmverleih

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Copyright 2014 by Matthias Holm
Filmplakate & Fotos: © 2014 Concorde Filmverleih

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 2014/04/28 in Film, Kino, Rezensionen

 

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Begrabt die Wölfe in der Schlucht – Ein Schotte in der israelischen Wüste

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Von Volker Schönenberger

Western // Schießerei in einem staubigen Kaff: Sheriff Henry Gifford (Jack Warden) kann einen Ganoven erschießen, das Halbblut Billy Two Hats festnehmen. Der Schotte Arch Deans (Gregory Peck) jedoch entkommt. Bei einem Banküberfall der drei hatte Deans einen Menschen erschossen. Es gelingt dem Schotten, seinen indianischen Partner zu befreien und Gifford eine Kugel in den Leib zu jagen. Auf der Flucht jedoch wird Deans verwundet. Billy schleppt den Verletzten bis zu einer Hütte, in der der Rancher Spencer (John Pearce) mit seiner jungen Frau Esther (Sian Barbara Allen) lebt.

Ted Kotcheffs bekannteste Regiearbeit ist „Rambo“ („First Blood“, 1982) mit Sylvester Stallone. Mit „Begrabt die Wölfe in der Schlucht“ drehte er 1974 in der israelischen Wüste mit ruhiger Hand einen stimmungsvollen Spätwestern, dessen Figuren sich jenseits eindimensionaler Gut-Böse-Charakterisierung bewegen. Der marktschreierische deutsche Verleihtitel führt dabei etwas in die Irre, handelt es sich doch diversen Schießereien zum Trotz keineswegs um einen bleigeladenen Action-Western, sondern um ein teils bedächtiges Drama mit durchdachter Charakterzeichnung. „Billy Two Hats“, so der Originaltitel, folgt klassischen Westernstrukturen und unterscheidet sich damit von den Genre-Abgesängen der 70er. Dennoch gelang Kotcheff keine Wiederbelebung des Genres. Die Neuveröffentlichung im Rahmen der Reihe „KSM Klassiker“ hat der Film jedenfalls verdient – womöglich ist es sogar die deutsche Erstveröffentlichung.

Oscar-Preisträger Gregory Peck („Wer die Nachtigall stört“) läutete mit der Rolle des Outlaws Arch Deans den Herbst seiner Karriere ein, nachdem er in den drei Jahren zuvor keinen Film gedreht hatte. In der Originalfassung mit imitiertem schottischem Akzent ungewohnt klingend, wurde er in der Folge für die Filmindustrie offenbar wieder interessant: „Das Omen“, „MacArthur – Held des Pazifik“ (Titelrolle!), „The Boys from Brazil“ (Rolle: Josef Mengele) und „Die Seewölfe kommen“ folgten.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Ted Kotcheff haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Gregory Peck und Jack Warden unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 16. April 2012 als DVD

Länge: 96 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Billy Two Hats
USA 1974
Regie: Ted Kotcheff
Drehbuch: Alan Sharp
Besetzung: Gregory Peck, Desi Arnaz Jr., Jack Warden, David Huddleston, Sian Barbara Allen, John Pearce
Zusatzmaterial: Deutscher Kinotrailer, Biografien, Bildergalerie, Trailershow, Wendecover mit alternativem Motiv
Vertrieb: KSM GmbH

Copyright 2014 by Volker Schönenberger
Packshot: © 2012 KSM GmbH

 
 

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