Snowpiercer
Von Volker Schönenberger
Die Menschen im Zug kämpfen gegeneinander. Nicht einmal in dieser Arche Noah, der letzten Zuflucht der Menschheit, waren sie alle gleichgestellt, sondern als Klassengemeinschaft auf die verschiedenen Abteile aufgeteilt. (Bong Joon-ho, aus dem Kino-Presseheft zum Film)
SF-Drama // Irrwitzig – dieses Attribut beschreibt „Snowpiercer“ noch am ehesten, auch wenn es schwerfällt, Bong Joon-hos Achterbahnfahrt von Zugreise überhaupt in Worte zu fassen. Die überdrehte Dystopie einer Welt im ewigen Eis ähnelt keiner anderen Zukunftsvision, der scheinbar unendliche Schienentrip einer in Ober- und Unterklasse aufgeteilten Rest-Menschheit als Kommentar auf unsere heutige Gesellschaft – das ließ manchen Kritikern wie Filmguckern den Mund vor Begeisterung offen stehen, anderen vor Unverständnis.
Der Weg nach vorn gestaltet sich schwierig
Logiklöcher und Handlungslücken zuhauf? Visuelle Effekte nicht ganz State of the Art? Egal – wir entscheiden uns für Begeisterung. Mittlerweile hat sich der Film ohnehin im oberen Bereich der Bewertungsskala angesiedelt, wie die Wertung bei Rotten Tomatoes und das User-Rating der IMDb belegen. Und auch wenn die vereinzelten ablehnenden Stimmen nachvollziehbar sind, so ist die Anerkennung doch hochverdient.
Die Geschichte ist in ihrer Originalität schlicht genial zu nennen. Das Tempo des Films ist clever austariert und durchdacht, spielt doch Tempo bei einem Film über eine permanente Zugfahrt ohne Halt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Action beeindruckt, man denke nur an die große Kampfszene zwischen der aufbegehrenden Unterschicht auf der einen und den Sicherheitskräften der Oberschicht auf der anderen Seite – eine nahezu epische Schlachtensequenz auf engstem Raum, im Hellen wie im Dunkeln grandios inszeniert.
Für eine genauere Inhaltsangabe und kritische Würdigung sei auf die Kino-Rezension vom April 2014 verwiesen. Die Entstehung des Films hat ihren Anfang im Winter 2005 genommen, als Bong Joon-ho in Seoul eine Ausgabe der französischen Graphic Novel „Schneekreuzer“ in die Hände fiel. Der koreanische Regisseur war gerade mit der Vorproduktion seines skurrilen Monsterfilms „The Host“ beschäftigt, der in seinem Heimatland zu einem der erfolgreichsten Blockbuster überhaupt avancieren sollte. Der Erfolg von „The Host“ treibt Bong Joon-hos Karriere voran, ermöglicht ihm das hochgelobte Krimidrama „Mother“ (2009) und führt schließlich zu seiner ersten internationalen Produktion „Snowpiercer“.
Was haben wir von Bong Joon-ho zu erwarten?
Wer Endzeitszenarien etwas abgewinnen kann und außergewöhnlichen Filmerlebnissen aufgeschlossen gegenübersteht, für den ist „Snowpiercer“ Pflichtprogramm. Ob man nun die Begeisterung teilt oder nicht, man darf gespannt sein, welche Ideen Bong Joon-ho derzeit umtreiben. Der Regisseur hat verlauten lassen, künftig Filme mit kleineren Budgets inszenieren zu wollen, um unabhängiger arbeiten zu können. Details kommender Projekte sind aber noch nicht bekannt.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Bong Joon-ho haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Octavia Spencer und Tilda Swinton unter Schauspielerinnen, Filme mit Jamie Bell, Chris Evans, Ed Harris, John Hurt und Song Kang-ho in der Rubrik Schauspieler.
Veröffentlichung: 23. September 2014 als Blu-ray-Steelbook, Blu-ray und DVD
Länge: 126 Min. (Blu-ray), 121 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Snowpiercer
KOR/CZ/USA/F 2013
Regie: Bong Joon-ho
Drehbuch: Bong Joon-ho, Kelly Masterson, nach einer Graphic Novel von Jacques Lob, Benjamin Legrand und Jean-Marc Rochette
Besetzung: Tilda Swinton, Chris Evans, John Hurt, Jamie Bell, Octavia Spencer, Ed Harris, Ewen Bremner, Jamie Bell, Song Kang-ho
Zusatzmaterial: Making-of, Making-of-Spot, Special Animated Clip, Teaser, Trailer, Wendecover
Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment / MFA+FilmDistribution
Copyright 2014 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2014 Ascot Elite Home Entertainment / MFA+FilmDistribution