Gojira tai Mekagojira
Von Volker Schönenberger
SF-Abenteuer // Wenn ein schwarzer Berg über den Wolken erscheint, dann wird ein gewaltiges Ungeheuer die Welt zerstören. Die alte Weissagung scheint sich zu erfüllen, als bei einem Vulkanausbruch Godzilla aus der Tiefe des Erdinnern emporsteigt und zur Überraschung aller ein gewaltiges Zerstörungswerk beginnt. Dabei war das Monster doch längst zum Menschenfreund mutiert?! Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um ein Maschinenwesen (Ise Mori), getarnt als Godzilla. Es wurde von einer Schar Außerirdischer auf Eroberungsfeldzug hergestellt und auf die Menschheit losgelassen. Das ruft bald auch den echten Godzilla (Isao Zushi) auf den Plan. Als bei seiner künstlichen Kreatur ein Schaltkreis ausfällt, lässt Alien-Boss Kuronuma (Gorô Mutsumi) den Nobelpreisträger Professor Hideto Miyajima (Akihiko Hirata) entführen, um sie zu reparieren. Der ziert sich anfangs aus verständlichen Gründen, dann aber siegt sein wissenschaftlicher Ehrgeiz.
King Kong? Wieso King Kong? Was mag den deutschen Verleih Constantin Film in den 70er-Jahren geritten haben, Godzillas Kontrahenten in der deutschen Synchronisation den Namen des Riesenaffen zu geben? Die so verfälschten Kreaturen haben keinerlei Ähnlichkeit zu King Kong. Das gilt für den künstlichen „Mechagodzilla“ aus „King Kong gegen Godzilla“ ebenso wie für den Roboter „Jet Jaguar“ aus dem unmittelbaren Vorgänger „King Kong – Dämonen aus dem Weltall“ (1973), den ein unterirdisch lebendes Volk seinerzeit auf Godzilla gehetzt hatte. Dämonen aus dem Weltall waren darin übrigens mitnichten zu entdecken. Heute können wir über solche Titelverirrungen natürlich schmunzeln.
Der Nobelpreisträger als Schnellmerker
Zum Schmunzeln sind auch Dialoge für die Ewigkeit wie dieser: „Was soll das alles? Wer sind sie?“ „Wir werden die Erde erobern, Professor. Wir kommen aus einer Galaxis einige Lichtjahre hinter dem Pferdekopfnebel.“ „Sie sind also außerirdischer Herkunft.“ „Ich bewundere Ihre schnelle Auffassungsgabe.“ Das ist noch Synchronisation von altem Schrot und Korn. Ob die japanischen Originalzeilen von ähnlicher – ähem – Brillanz sind, vermag ich mangels Sprachkenntnissen nicht zu beurteilen. Apropos Synchronisation: Mit Manfred Lehmann, Thomas Danneberg und Arne Elsholtz sind einige namhafte deutsche Sprecher zu hören. Feine Sache.
Die Außerirdischen sind also der Sprache der Menschen mächtig und obendrein scheinbar menschlicher Gestalt. Werden sie verwundet, offenbaren sie allerdings ihr wahres Äußeres: Es handelt sich um affenartige Aliens. Toll! Derlei Anspielungen auf die „Planet der Affen“-Reihe hat das japanische Kino dem Vernehmen nach einige zu bieten. Die eingesetzte Pyrotechnik hingegen ist wirklich beeindruckend. Wenn der echte und der falsche Godzilla erstmals aufeinandertreffen, geht eine ganze Hafen-Skyline in Flammen auf – das sieht klasse aus. Die visuellen Grenzen der von Männern in Kostümen verkörperten Monster sind bei der Beurteilung der Optik natürlich zu berücksichtigen. Damit die beiden Kreaturen auseinanderzuhalten sind, wirft Mechagodzilla alias King Kong zügig seine Maskerade ab. Zum Glück für die Menschheit erhält Godzilla tatkräftige Unterstützung durch den mystischen König Caesar (Kinichi Kusumi) von der Insel Okinawa – ein weiteres Monster, das in den Kampf eingreift. Zwischendurch erscheint auch Godzillas alter Kumpel Angilas (ebenfalls Kinichi Kusumi) auf der Bildfläche, wird aber in die Flucht geschlagen, als Mechagodzilla den alten King-Kong-Trick „Kieferknacker“ anwendet und beinahe vollendet, der Schuft.
Ein Mann im Kostüm der fremdartigen Bestie
Auf Menschen in Monster-Outfit muss man sich einlassen können, daran hat sicher nicht jeder Filmgucker Freude. Aber es existiert ja eine Kaijū-Gemeinde ausgewiesener Fans dieser Subgattung des Monsterfilms – das japanische Wort bedeutet in etwa „fremdartige Bestie“. Für sie sind diese Filme gemacht worden, für sie legt Anolis Entertainment sie in schöner Regelmäßigkeit auf.
Würdiger Titel der Reihe „Kaiju Classics“
Die Reihe „Kaiju Classics“ erfreut sich bei Fans des Kaijū-Genres dann auch allergrößter Beliebtheit. Die in limitierter Auflage veröffentlichten DVDs sind nahezu ausnahmslos zügig nach Erscheinen ausverkauft, einige von ihnen werden auf dem Sammlermarkt zu dreistelligen Beträgen angeboten. Bei „King Kong gegen Godzilla“ handelt es sich um den 14. Beitrag der Reihe. Das Gesamtpaket der Doppel-DVD hält das hohe Ausstattungsniveau: Das Metalpack sieht schon mal schick aus und offenbart im Innern eine DVD mit der japanischen und eine mit der deutschen Kinofassung des Films. Im gewohnt prächtigen Booklet finden sich ein Essay von Ingo Strecker über den Film sowie der erste Teil eines Interviews, das Jörg Buttgereit mit „Mr. Explosion“ Teruyoshi Nakano geführt hat. Nakano zeichnet für die visuellen Spezialeffekte diverser „Godzilla“-Filme verantwortlich, auch für die in „King Kong gegen Godzilla“. Von ihm stammt im Übrigen auch die Idee, ein mechanisches Monster auf Godzilla loszulassen; Nakano ist somit der Schöpfer von Mechagodzilla – der Blechmann gehörte in der Folge zu den beliebtesten Godzilla-Gegnern.
Vom Atombombentrauma zum Star für Kinder
Die Wahrnehmung und der Charakter von Godzilla hatten sich in den zwei Dekaden seit der Entstehung des ersten Films „Godzilla“ (1954) stark verändert. Standen die ersten Auftritte des in den Tōhō-Filmstudios entstandenen Monsters noch unter dem Eindruck der Atombombenverwüstungen in Hiroshima und Nagasaki, so war die Reihe 20 Jahre später längst im Bereich harmloser Unterhaltungsfilme angekommen, die sich auch Kinder ansehen konnten. „Dieses Monster ist ein Kind der Atombombe. Die Bombe hat Godzilla ins Leben gerufen. Japan ist das erste und einzige Land, auf das Atombomben abgeworfen wurden. Godzilla wurde durch die Wut der Japaner gezeugt, die Wut auf die Atombombe.“ So Teruyoshi Nakano im Interview. Er führt weiter aus, das Atombombentrauma sei zum Ende der 60er-Jahre kein Thema mehr gewesen. „Wir haben also überlegt, wie wir Godzilla zeitgemäß gestalten konnten. Die Lösung war, Godzilla zu einem Idol für Kinder zu machen.“
Auf dem Regiestuhl saß mit Jun Fukuda ebenfalls ein Kaijū-erfahrener Regisseur. Nachdem „King Kong – Dämonen aus dem Weltall“ 1973 nicht gerade ungeteilte Begeisterung ausgelöst hatte, schöpfte Fukuda für „King Kong gegen Godzilla“ aus dem Vollen und schuf ein buntes Spektakel, das Freude bereitet. „Gojira tai Mekagojira“, so der Originaltitel, ist ein Prachtstück und würdiger Bestandteil der „Kaiju Classics“, von Anolis in bewährt herausragender Bild- und Tonqualität veröffentlicht.
Da ich keinen Wert darauf lege, mir während der Sichtung eines Films Zusatzinformationen anzuhören, habe ich darauf verzichtet, mir die Audiokommentare anzuhören. Auf sie dürfte aber Verlass sein. Unter anderen hat einmal mehr Jörg Buttgereit dazu beigetragen, auch Booklet-Autor Ingo Strecker ist dabei, versierte Leute also. Ein paar weitere Boni auf den DVDs runden das Zusatzmaterial ab. Sammler der „Kaiju Classics“ bekommen exakt das geboten, was sie an der Reihe schätzen. Also greift zu, solange die DVD noch zu akzeptablen Preisen zu finden ist! Die Anolis-Entertainment-Reihe „Kaiju Classics“ haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt.
Veröffentlichung: 16. Dezember 2016 als 2-DVD-Edition im auf 1.500 Exemplare limitierten Star Metalpak als Nr. 14 der Reihe „Kaiju Classics“
Länge: 80:53 Min. (deutsche Fassung), 80:49 Min. (japanische Fassung)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Japanisch (Originalton nur bei der japanischen Fassung)
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Gojira tai Mekagojira
Alter deutscher Titel: Godzilla gegen Mechagodzilla
JAP 1974
Regie: Jun Fukuda
Drehbuch: Jun Fukuda
Besetzung: Masaaki Daimon, Kazuya Aoyama, Reiko Tajima, Akihiko Hirata, Hiromi Matsushita, Hiroshi Koizumi, Masao Imafuku, Bellbella Lin, Shin Kishida, Gorô Mutsumi
Zusatzmaterial Disc 1 (japanische Fassung): Audiokommentar von Jörg Buttgereit, Ingo Strecker und Alex Iffländer, Audiokommentar von Florian Bahr, japanischer Trailer, italienischer Trailer, Featurette „Mechagodzilla in Chicago“, Bildergalerie Japanisch & International
Zusatzmaterial Disc 2 (deutsche Kinofassung): Audiokommentar von Thorsten Rosemann, deutscher Trailer, deutsche Super-8-Fassung, Filmprogramm, Werberatschlag, deutsche Bildergalerie
Booklet: Essay von Ingo Strecker, Jörg Buttgereit interviewt Teruyoshi Nakano (Teil 1)
Vertrieb: Anolis Entertainment GmbH
Copyright 2016 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2016 Anolis Entertainment GmbH