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Archiv für den Monat Juni 2018

The Cured – Infiziert. Geheilt. Verstoßen. Ex-Zombies als Geächtete

The Cured

Von Volker Schönenberger

Horrordrama // Jahrelang verursachte das Maze-Virus in Europa schwerwiegende Psychosen. Auf dem Kontinent ist es nun unter Kontrolle, doch Irland wurde vom Virus überrannt. Inmitten des Chaos wurde ein Heilmittel entwickelt. In 75 Prozent der Fälle war die Behandlung erfolgreich. Aber die Geheilten konnten sich an alles erinnern, was sie während der Infektion getan hatten. Während die Regierung über das Schicksal der resistenten 25 Prozent debattiert, sollen die letzten Geheilten in die Gesellschaft reintegriert werden.

Geheilte als Parias

Bei den in dieser Einblendung zu Beginn genannten „schwerwiegenden Psychosen“ handelt es sich um gewalttätigen Kannibalismus durch Zombiefizierung, wie zu Anfang nur vage angedeutet wird. Die Kurierten (englisch: „The Cured“) sind in Irland Parias, obwohl sie ihre Taten im Blutrausch im Zustand geistiger Umnachtung und somit unzurechnungsfähig begangen haben. Ein Großteil der gesund gebliebenen Bevölkerung lehnt sie vehement ab, fordert gar ihre Tötung. Andere wie Abbie (Elliot Page) befürworten die Wiedereingliederung. Die junge Witwe und Mutter eines Sohnes nimmt ihren Schwager Senan (Sam Keeley) nach dessen Heilung bei sich auf. Die Situation im Land gleicht einem Pulverfass, dessen Lunte bereits brennt. Von Hass erfüllte Menschen wollen mit Geheilten wie Ungeheilten kurzen Prozess machen, während unter den Geheilten ebenfalls die Bereitschaft zu gewaltsamem Widerstand wächst.

Die Geheilten stoßen auf massive Ablehnung

Prima, dass das arg ausgelutschte Zombiegenre doch noch originelle Ansätze hergibt. Dass man die infizierten Wüteriche heilen kann, sie dann aber mit den Folgen ihres Tuns und der Ablehnung durch die Gesellschaft klarkommen müssen, ist neu, zumal wir es mit einem völlig ironiefreien Horrordrama zu tun haben. Dies bedingt, dass sich mit herkömmlicher Untoten-Action vertraute Horrorfans auf ein über weite Strecken ruhiges Gesellschafts- und Beziehungsdrama einstellen müssen. Bekannte und bewährte Horrorsequenzen kommen erst im letzten Drittel von „The Cured“ verstärkt zum Tragen. Die FSK-16-Freigabe der ungeschnittenen Fassung geht aber völlig in Ordnung. Wer nur auf der Suche nach dem nächsten blutigen Zombie-Spektakel ist, möge den Film meiden. Nichts gegen stumpfe Horror-Kost, auch sie hat ihre Existenzberechtigung. Aber wer es auch mal etwas intelligenter mag, ist hier an der richtigen Adresse.

Zombies als Analogie unserer Gesellschaft

Zombies – oder wahlweise: Infizierte – dienen gern als Metapher für die Menschheit, etwa als stumpfe Masse von Konsumenten wie in „Zombie“ („Dawn of the Dead“, 1978) von George A. Romero. In „The Cured – Infiziert. Geheilt. Verstoßen.“ lassen sich gleich mehrere Analogien zur Realität bilden. Das Leben unter dem Damokles-Schwert einer schweren Infektion wie HIV (AIDS) ist eine davon, auch das Leid von posttraumatischen Belastungsstörungen von aus dem Krieg heimgekehrten Soldaten darf genannt werden. Und gerade in der heutigen Zeit ist die Ausgrenzung von Personengruppen in unserer Gesellschaft permanentes Thema – und leider salonfähig. Geheilte Infizierte sind keine Flüchtlinge, aber die Verbindung ist unverkennbar. Manchen Filmguckern mag das als plakativ aufstoßen, aber es muss nicht immer subtil sein.

Nicht alle konnten kuriert werden

Regisseur David Freyne zieht diese Verbindung ausdrücklich, sieht die Kurierten als Opfer, die nicht verantwortlich seien. Was mich wirklich bewegt hat, ist, wie seinerzeit – und aktuell wird es schlimmer – Immigranten und Flüchtlinge, Asylsuchende so sehr entmenschtlicht worden sind. Sie wurden wie eine Seuche behandelt, derer man sich einfach entledigen konnte. Und man macht sie für alles verantwortlich, was schlecht läuft. So äußerte er sich im Interview über sein Langfilm-Regiedebüt, für das er auch das Drehbuch verfasst hatte. In einem anderen Interview thematisierte Freyne ein Camp in Irland, in welchem Flüchtlinge institutionalisiert worden sind, als müsse man sie in Quarantäne halten. Auf diese Weise würden diese Menschen nicht nur in Europa behandelt werden, sondern weltweit – man würde sie als Vergewaltiger und Kriminelle einstufen. Da wir es mit einer irischen Produktion zu tun haben, lässt sich ein weiterer Bezug unschwer herstellen: Wie geht die irische Gesellschaft mit ehemaligen IRA-Mitgliedern oder auch loyalistischen Kämpfern um, die ihre Waffen niedergelegt haben, um ins Alltagsleben zurückzufinden? Dazu hat David Freyne allerdings nichts gesagt.

Elliot Page verschlägt’s nach Irland

Bemerkenswert: Mit Elliot Page („X-Men – Zukunft ist Vergangenheit“) hat ein Oscar-nominierter Hollywood-Schauspieler den Weg in die Besetzung eines irischen Regiedebüts und eines Zombiefilms gefunden (noch vor seinem Outing als Trans-Mann). David Freyne hat sich eigenen Angaben zufolge hartnäckig um ihn bemüht. Es dauerte wohl etwas, bis Page das Drehbuch in die Hände bekam, aber Freyne war letztlich erfolgreich, und sein Spiel wertet „The Cured“ erwartungsgemäß auf. Mit „Into the Forest“ hatte Page 2015 bereits bewiesen, dass er Genrefilmen jenseits des Hollywood-Mainstreams etwas abgewinnen kann, sofern diese über 08/15-Kost hinausgehen. Das ist bei „The Cured“ definitiv gegeben. Sofern es weiterhin ab und zu so frische Beiträge zum Untoten- bzw. Infiziertengenre gibt, ertragen wir auch gern die übliche Kost. Sehr erfreulich, dass es einem Zombiefilm gelingt, topaktuelle gesellschaftliche Entwicklungen aufzugreifen.

Was soll mit den Ungeheilten geschehen?

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Elliot Page haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Abbie bemüht sich um Versöhnung

Veröffentlichung: 25. Mai 2018 als Blu-ray und DVD

Länge: 95 Min. (Blu-ray), 91 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Niederländisch
Originaltitel: The Cured
IRL 2017
Regie: David Freyne
Drehbuch: David Freyne
Besetzung: Elliot Page (als Ellen Page), Sam Keeley, Tom Vaughan-Lawlor, Stuart Graham, Paula Malcomson, Natalia Kostrzewa, Hilda Fay, Sarah Kinlen, Judy Donovan
Zusatzmaterial: Featurette, Trailer, Trailershow, Wendecover
Label: splendid film
Vertrieb: WVG Medien GmbH

Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Szenenfotos: © 2018 splendid film / WVG Medien GmbH

 

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Gewinnspiel: 1 x Weakness of a Sick Mind auf DVD

Verlosung

Aus dem fränkischen Film-Underground kommt das Psychodrama „Weakness of a Sick Mind“ von Dominik Heit zu uns. Das Label Dirt ’n Dust Films hat uns davon eine DVD zum Verlosen zur Verfügung gestellt. Produzent, Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann, Cutter und Hauptdarsteller Dominik Heit hat das Cover sogar signiert. Dafür vielen Dank im Namen der kommenden Gewinnerin oder des Gewinners.

Teilnahmebedingungen

Zwecks Teilnahme am Gewinnspiel begebt Ihr euch zu meiner Rezension des Films und beantwortet dort (also nicht hier unter dem Gewinnspiel) bis Sonntag, 8. Juli 2018, 22 Uhr, im Kommentarfeld die Fragen am Ende des Textes.

Fallen euch keine Antworten ein, so schreibt das einfach hin. Alle veröffentlichten Antworten landen im Lostopf. Nicht verzweifeln, wenn Ihr euren Kommentar nicht sogleich erblickt – aus Sicherheitsgründen schalten wir ihn erst frei. Das ist aber Formsache.

Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“!

Wollt Ihr kein Gewinnspiel und keine Rezension verpassen? Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“! Entweder dem Blog direkt (in der rechten Menüleiste E-Mail-Adresse eintragen und „Folgen“ anklicken) oder unserer Facebook-Seite. Und da wir gerade dabei sind: Folgt auch der Facebook-Seite von Dirt ’n Dust Films. Selbstverständlich sind das keine Teilnahmevoraussetzungen fürs Gewinnspiel.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen

Teilnahmeberechtigt sind alle, die eine Versandanschrift innerhalb Deutschlands haben oder bereit sind, die Differenz zum Inlandsporto zu übernehmen. Ich benötige obendrein die Zusage, dass die Sendung nicht von Minderjährigen entgegengenommen werden kann. Für Transportverlust übernehme ich keine Haftung (verschicke aber sicher verpackt und korrekt frankiert, bislang sind noch alle Sendungen bei den Empfängern eingetroffen). Gewinnerinnen oder Gewinner, die sich drei Tage nach meiner zweiten Benachrichtigung nicht gemeldet haben, verlieren den Anspruch auf die DVD. In dem Fall lose ich unter den leer ausgegangenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Namen aus.

Autorinnen und Autoren von „Die Nacht der lebenden Texte“ sowie deren und meine Familienmitglieder dürfen leider nicht mitmachen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinnerin oder den Gewinner werde ich im Lauf der Woche nach Ende der Frist bekanntgeben, indem ich diesen Text um einen Absatz ergänze, und sie auch per E-Mail benachrichtigen.

Trommelwirbel – die DVD geht an Christian Anger. Herzlichen Glückwunsch! Du wirst benachrichtigt.

Die Rezension von „Weakness of a Sick Mind“ findet Ihr auch hier.

Copyright 2018 by Volker Schönenberger

 

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Wolf Creek – Staffel 1: Tod im Outback

Wolf Creek – The Complete First Season

Von Volker Schönenberger

Horrorserie // „Wolf Creek“ etablierte 2005 mit dem sprücheklopfenden Naturburschen Mick Taylor (John Jarratt) einen Serienkiller, der das australische Outback erbarmungslos zur Todesfalle machte und Torture-Porn- wie Slasher-Fans in Verzückung versetzte. Die ebenso grimmige Fortsetzung „Wolf Creek 2“ hielt 2013 das hohe Metzel-Niveau des Vorgängers. Obwohl man glauben mochte, das Setting ließe sich nicht aufs Serienformat übertragen, geschah drei Jahre später genau das: „Wolf Creek“ reihte sich in den seit einigen Jahren grassierenden Trend ein, aus Kinofilmen Fernsehserien zu machen – und das auch noch auf gelungene Weise.

Mick Taylor als Retter in der Not

Zu Beginn erweist sich der auch in der Serie von John Jarratt verkörperte Mick Taylor für die US-Touristenfamilie Thorogood als Lebensretter: Der minderjährige Sohn Ross (Cameron Caulfield) hat sich mit seiner Luftmatratze auf ein Gewässer gewagt. Offenbar waren die Thorogoods so fahrlässig, sich vor ihrem Trip nicht über die Gefahren durch Wildtiere zu informieren – in diesem Fall Krokodile. Mit einem gezielten Schuss in den Kopf des hungrigen Reptils bewahrt Taylor den leichtsinnigen Knirps davor, von dem Krokodil zerrissen zu werden. Anschließend sitzt die Familie mit dem Retter gemütlich am Lagerfeuer. Was folgt, können sich Kenner der beiden Filme genüsslich vorstellen – jedenfalls nichts Angenehmes für die Thorogoods.

Mick Taylor sucht wieder nach Opfern

Horror-Franchises sind ein zweischneidiges Schwert: Oft walzen sie das bewährte Konzept auf wenig originelle Weise aus, gern auch bei sinkendem Niveau von Story und Inszenierung. Auf der Habenseite all dieser Fortsetzungen steht bewährte Unterhaltung – die Genrefans wissen, was sie bekommen. Dieser Pluspunkt lässt sich auch für „Wolf Creek“ konstatieren, und zu allem Überfluss hält die Serie mit den Kinovorgängern problemlos mit. Das liegt nicht zuletzt an Greg McLean („Das Belko Experiment“), der die beiden Filme schrieb und inszenierte – der Australier zeichnet auch als Ko-Autor der sechs Serienepisoden verantwortlich und setzte sich bei einer Folge auf den Regiestuhl. Übrigens: McLeans Kroko-Schocker „Rogue – Im falschen Revier“ von 2007 gehört zu den Highlights des Tierhorrors.

Jagd auf den Serienkiller

Die Handlung der ersten „Wolf Creek“-Staffel fokussiert im Anschluss an den so blutigen wie gnadenlosen Auftakt auf die 19-jährige Eve Thorogood (Lucy Fry), die Mick Taylor mit einer 22er-Kugel im Leib entrinnen kann – er glaubt, sie werde als Krokodilfutter enden. Sie erwacht im Krankenhaus und begibt sich kaum genesen auf die Jagd nach dem Jäger, der sein mörderisches Treiben fortsetzt und vorerst noch nichts davon ahnt, dass er nun der Gejagte ist. Im Verlauf kreuzen rüde Biker, Provinzler und andere Gesellen Eves Weg. Das wachsende Ensemble dient natürlich der Streckung der Handlung auf Seriengröße, ist aber durchdacht genug ersonnen, um die Spannung und das Interesse des Publikums aufrechtzuerhalten. Die Entscheidung für eine kurze Staffel mit lediglich sechs Folgen ist aber auf jeden Fall positiv zu werten.

Eve will den Spieß umdrehen

Gleißende Sonne, flirrende Luft, schroffes Geröll, Schlangen, robuste Flora – Greg McLean mag das Outback seiner Heimat, was man den wunderbaren Bildern des australischen Hinterlands jederzeit ansieht. So weit die Landschaft ist, so dicht und tief sind die Abgründe des Schreckens, in die sich immer wieder ahnungslose Touristen verirren, um in Mick Taylors schmutzige Fänge zu geraten. „Wolf Creek – Staffel 1“ ist angetan, die Zuschauer aufzusaugen. Der Härtegrad ist nicht von schlechten Eltern, dennoch hat auch hierzulande die Uncut-Fassung die FSK ohne Schnittauflagen passiert.

Fortsetzung folgt

Die „Wolf Creek“-Serie wurde erstmals auf einem australischen Pay-TV-Streamingdienst ausgestrahlt, im Dezember 2017 lief dort bereits die zweite Staffel, die bei uns noch nicht angekündigt ist. Darin macht sich Mick Taylor über eine ganze Busladung voller Touristen her, was einen hohen Body Count verspricht. Greg McLean hat auch bereits einen dritten „Wolf Creek“-Kinofilm angekündigt. Die beiden Filme und auch die erste Staffel haben die Messlatte des Franchises recht hoch gehängt, aber McLeans Beteiligung gibt Hoffnung, dass er seine eigenen Maßstäbe einhält. Wer die beiden Filme mag, kann jedenfalls bei „Wolf Creek – Staffel 1“ bedenkenlos zugreifen. Ein Backwoods-Slasher auf Serienlänge – Experiment geglückt.

Leichter gesagt als getan

Die Episoden der ersten Staffel:

1. Billabong (FSK 16)
2. Kutyukutyu (FSK 12)
3. Salt Lake (FSK 16)
4. Opalville (FSK 16)
5. Rome (FSK 16)
6. Wolf Creek (FSK 18)

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Greg McLean haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet.

Veröffentlichung: 25. Mai 2018 als 2-Disc Edition Blu-ray und 2-Disc Edition DVD

Länge: 295 Min.
Altersfreigabe: FSK 18 (einzelne Folgen siehe oben)
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Englisch
Originaltitel: Wolf Creek – The Complete First Season
AUS 2016
Regie: Tony Tilse (Episoden 1 bis 5), Greg McLean (Episode 6)
Drehbuch: Peter Gawler, Greg McLean, Felicity Packard
Besetzung: John Jarratt, Lucy Fry, Matt Levett, Dustin Clare, Cameron Caulfield, Maya Stange, Robert Taylor, Andy McPhee, Damian de Montemas, Jessoca Tovey, Eddie Baroo
Zusatzmaterial: Cinemas to Series, Making a Series, Stars, Locations, Visual Effects, Cast, Trailershow
Label/Vertrieb: polyband Medien GmbH

Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2018 polyband Medien GmbH

 

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