10 to Midnight
Von Volker Schönenberger
Actionkrimi // An sich sieht Warren Stacy (Gene Davis) gar nicht so schlecht aus. Der junge Mann, der in Los Angeles Büromaschinen repariert, könnte sogar Chancen bei den Frauen haben, würde er nur nicht gar so unbeholfen und plump vorgehen. Seine aufdringlichen Avancen ziehen einfach nicht, ein ums andere Mal blitzt er ab. So penetriert Warren sie eben auf andere Weise – mit dem Messer. Immerhin ist er recht clever darin, sich ein Alibi zu verschaffen.
Der kaltschnäuzige Cop Leo Kessler (Charles Bronson) setzt sich auf die Fährte des Serienmörders. Mit seinem neuen Partner Paul McAnn (Andrew Stevens) kommt er nicht allzu gut klar, von seiner Tochter Laurie (Lisa Eilbacher) hat er sich entfremdet. Sie war eine der besten Freundinnen von Warrens erstem weiblichen Opfer, was für den Serienmörder den Kreis schließt …
Aus dem Hause Cannon Films
Das bekannte Logo zu Beginn, ein schmissiger Synthie-Soundtrack – gleich zu Beginn wird klar: Wir haben es mit einer Produktion der berüchtigten Action-Schmiede Cannon Films zu tun (siehe dazu auch die Doku „Electric Boogaloo – Die unglaublich wilde Geschichte der verrücktesten Filmfirma der Welt!“ von 2014). Es geht also bisweilen etwas wüst zu, dafür aber nicht immer politisch korrekt. Logisch, wenn Charles Bronson als Gesetzeshüter am Start ist, sind Selbstjustiz und Rechtsbeugung nicht weit. Das möge kritisieren, wer will, es trägt jedenfalls zum Unterhaltungswert bei.
Ein paar kleinen Albernheiten zum Trotz kommt „10 to Midnight“ als düsterer, brutaler Cop-Krimi um die Ecke. Wir bangen um ein paar junge Frauen, besonders um Leo Kesslers zauberhafte Tochter. Das fesselt ungemein, auch wenn es kein Whodunit-Krimi ist – von Anfang an wissen wir, dass Warren Stacey als Serienmörder umgeht. Regisseur J. Lee Thompson („Murphys Gesetz“) garniert das Ganze sogar mit etwas Suspense und einer Prise Slasherfilm bis hin zum heftigen Finale, das den Schweiß aus den Handflächen treibt. Hinzu kommt prima Kameraarbeit von „Terminator“- und „Terminator 2“-Kameramann Adam Greenberg, der ein paar Mal sogar versiert Spiegel in Szene setzt.
Roger Ebert war empört
Charles Bronson war Anfang der 80er-Jahre nicht mehr der Star, der er im Jahrzehnt zuvor geworden war, begann zu jener Zeit sein Engagement für Cannon Films. Und in „Ein Mann wie Dynamit“ sind es andere Akteure, die schauspielerische Akzente setzen. Dennoch zählt „10 to Midnight“, so der Originaltitel, durchaus zu den gelungenen Arbeiten in Bronsons 80er-Filmografie. Die null Sterne von Roger Ebert sind unverdient. Mit „dreckige Kloake eines Films“ leitete der US-Kritikerpapst seine Rezension ein und fuhr fort, die Macher von „10 to Midnight“ sollten sich was schämen. Die Empörung sei Herrn Ebert gegönnt, wir hingegen freuen uns an dem „Machwerk“.
Zu VHS-Zeiten indiziert, ist die DVD von Fox/MGM längst vergriffen. Höchste Zeit für Abhilfe, da kommt die HD-Premiere von Wicked-Vision Media gerade recht. Das Mediabook mit Blu-ray und DVD enthält den Film in sehr guter Bild- und Tonqualität. Sogar englische Untertitel hat das Label dem Film spendiert, auch wenn die Rückseite des Mediabooks sie versehentlich unterschlägt. Das schön bebilderte Booklet ist ein weiterer Pluspunkt, es enthält einen Text zum Film sowie Teil 2 eines Textes über Charles Bronson – der erste Teil findet sich im Booklet des Wicked-Vision-Media-Mediabooks von „Das Gesetz bin ich“. Wer 80er-Action, Charles Bronson oder gar 80er-Action mit Charles Bronson etwas abgewinnen kann, sollte zugreifen.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Charles Bronson sind in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.
Veröffentlichung: 28. Februar 2018 als 2-Disc Limited Collector’s Edition (Mediabook mit Blu-ray & DVD, zwei Covervarianten à 666 Exemplare), 3. Februar 2012, 17. September 2007 und 5. März 2007 als DVD
Länge: 101 Min. (Blu-ray), 97 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: 10 to Midnight
USA 1983
Regie: J. Lee Thompson
Drehbuch: William Roberts
Besetzung: Charles Bronson, Lisa Eilbacher, Andrew Stevens, Gene Davis, Geoffrey Lewis, Wilford Brimley, Robert F. Lyons, Ola Ray, Kelly Preston, Jeana Keough
Zusatzmaterial: Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen und Dr. Gerd Naumann, Audiokommentar mit David Del Valle, Produzent Pancho Kohner und Casting-Director John Crowther, isolierter Musik-Track, Radio-Spots, ReCut-Trailer, Original-Trailer, Bildergalerien, Trailershow, 24-seitiges Booklet von David Renske
Label/Vertrieb Mediabook: Wicked-Vision Media
Label/Vertrieb DVD 2006: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & Packshots: © 2018 Wicked-Vision Media