Mission: Impossible – Fallout
Kinostart: 2. August 2018
Von Lutz R. Bierend
Actionthriller // „Mission: Impossible“ ist schon ein echtes Phänomen. Die aus heutiger Sicht eher alberne 60er-Jahre-Agentenserie, die in Deutschland als „Kobra, übernehmen Sie“ über die Bildschirme flimmerte, wurde 1996 zum ersten Mal zum Spielfilm aufbereitet, aber damals konnte sich wohl kaum jemand vorstellen, dass dieses Franchise es nach zwölf Jahren nun schon auf sechs Kinoauftritte bringt. Allein der Name der titelgebenden Geheimorganisation Impossible Mission Force (IMF) ist so kitschig naiv sixtieslike, dass wohl niemand hätte glauben können, dass überhaupt jemand dieses Werk unterhaltsam finden kann, ohne nicht ein gehöriges Maß an Augenzwinkern und Augenzudrücken mitzubringen. Der Erfolg war damals so zweifelhaft, dass das Studio trotz prominenter Besetzung und Tom Cruise als Produzent ursprünglich nur – nach heutigen Maßstäben lächerliche – 40 Millionen Dollar zur Verfügung stellen wollte.
Vom Protagonisten zum Bösewicht
Zugegeben: Mit Brian De Palma hatte sich Cruise einen Regisseur gesucht, der nicht nur für solide Thrillerarbeit bekannt war, sondern auch neun Jahre zuvor mit „Die Unbestechlichen“ bewiesen hatte, dass er Fernsehserien leinwandgerecht umsetzen und dabei epische Filmmomente schaffen konnte. Für einen Hang zur Selbstironie war De Palma weniger bekannt, und so schaffte er es tatsächlich, einen äußerst unterhaltsamen Blockbuster auf Zelluloid zu bannen, der souverän den Brückenschlag zwischen den eher kitschigen Geheimdienstvorstellungen der 60er zum aktuellen Popcornkino schaffte. Und da man so blasphemisch war, mit Jim Phelps die Hauptfigur der Serie zum Bösewicht zu machen, war die Bahn frei für dessen Zögling Ethan Hunt (Tom Cruise), der von da an zuständig für die Realisierung der unmöglichen Missionen war.
In der Folge versuchten sich John Woo, J. J. Abrams, Brad Bird und Christopher McQuarrie daran, den Agentengeschichten immer wieder neues Leben einzuhauchen – mit absurder Over-the-Top-Action und einem doppelten bis dreifachen Boden sowie den ikonischen Phrasen „Ihre Mission, sollten sie sie akzeptieren …“ und „Sollten Sie oder Ihr IMF-Team gefangen oder getötet werden, wird der Minister jedes Wissen über ihren Einsatz abstreiten – dieses Band wird sich innerhalb von fünf Sekunden selbst zerstören!“
Zweite Mission für Christopher McQuarrie
Während Gerüchten zufolge beim zweiten Teil das Drehbuch quasi um die Actionszenen des John Woo herum geschrieben wurde, wurde ab Teil drei wieder etwas mehr Wert auf eine fortlaufende Geschichte mit wiederkehrenden Elementen gelegt. Christopher McQuarrie, der seinen Sinn für clevere Plottwists bereits mit seinem oscarprämierten Drehbuch zu „Die üblichen Verdächtigen“ (1995) bewiesen hatte, durfte als erster Regisseur des IMF-Franchise nun zum zweiten Mal nach „Mission: Impossible – Rogue Nation“ (2015) auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Auch fürs Skript beider Filme zeichnet er verantwortlich.
Die Handlung ist schnell erzählt: Hunt wird immer noch von Albträumen geplagt, an deren Ende seine Ehefrau Julia, die er wegen seiner Feinde in eine neue Identität genötigt hat, im atomaren Feuerball stirbt. Gleichzeitig bekommt er die Aufgabe, waffenfähiges Plutonium zu sichern. Doch er scheitert, weil er sich zwischen dem Leben seiner Partner und dem Erfolg der Mission entscheiden muss und seine Partner wählt. Um sicherzustellen, dass er das Plutonium zurückbekommt, wird der CIA-Killer August Walker (Henry Cavill, „Justice League“) seinem Team zugewiesen. Und es ist ein langer, ereignisreicher und schwer vorhersehbarer Weg, bis Hunts Team wieder vor dem Finale einer unmöglichen Mission steht.
Ohne Augenzwinkern, dennoch nicht lächerlich
Natürlich ist es müßig zu fragen, ob Tom Cruise großartige schauspielerische Leistungen vorbringt, aber der Film erweckt durchaus den Eindruck, dass ihm physisch einiges abverlangt wurde. Der Star zeigt die Qualitäten eines Stehaufmännchens und eine Kondition, die für einen 56-Jährigen beeindruckend ausfällt. Die Schlägerei im Klo eines Pariser Nachtclubs weckt schon Erinnerungen an die eher rohe Gewalt von „James Bond 007 – Casino Royale“ (2006), ebenso wie die Verfolgungsjagd, die Ethan Hunt zu Fuß durch London absolviert. Es ist faszinierend, wie souverän „Mission: Impossible – Fallout“ all die teils absurde Action absolviert und dabei das Augenzwinkern vermeidet, ohne dabei lächerlich zu wirken. Christopher McQuarrie hat eine Geschichte geschrieben, bei der selbst Fans der Reihe an der einen oder anderen Stelle überrascht werden. Was aber am meisten verblüfft, sind die Brückenschläge zu den Handlungssträngen aus den vorangegangen Filmen. Diese verleihen den Figuren eine menschliche Note, die sie mehr sein lässt, als nur ein Vehikel für die nächste Explosion. McQuarrie und Tom Cruise haben quasi den Frank-Capra-Film unter der Agententhrillern zustande gebracht, in welchem die sympathischen Co-Stars – Simon Pegg, Ving Rhames und Rebecca Ferguson – mehr sind als nur die üblichen Sidekicks, welche normalerweise bei Agentenfilmen nicht mehr sind als Stichwortgeber oder Lieferanten für die Hightech-Gadgets des superheldengleichen Helden. Hier sind sie gleichberechtigt dafür verantwortlich, dass diese Mission nicht unmöglich bleibt.
Natürlich kann man sich „Mission: Impossible – Fallout“ auch einfach ohne Zusammenhang ansehen, um in der lauen Sommernacht eine 147-minütige Achterbahnfahrt zu erleben, aber es schadet nicht, vorher noch einmal in die Teile drei bis fünf reingeschaut zu haben. Meine durchaus kritische Begleiterin (die vorher noch keinen Film des Franchise gesehen hatte) hat der Film blendend unterhalten und sie hat gleich mal nachgeschaut, welche Teile denn schon bei Netflix bereitstehen. „Mission: Impossible“ ist Action-Popcornkino der besseren Art. Wer auf so etwas steht, sollte es im Kino sehen, wo einem beim Fallschirmsprung auf der Großbildleinwand schon mal der Atem stockt und die passende Beschallung immer wieder von der Frage ablenkt, wie man eine Geheimdienstorganisation ernsthaft „Impossible Mission Force“ nennen kann – heutzutage wäre das wohl eher ein „Black Ops Subcontractor“. Solche lästigen Fragen stören nur bei dem Spaß, den der sechste Teil bereitet.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Christopher McQuarrie haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Angela Bassett und Rebecca Ferguson unter Schauspielerinnen, Filme mit Wes Bentley, Henry Cavill, Tom Cruise, Simon Pegg und Ving Rhames in der Rubrik Schauspieler.
Länge: 147 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Originaltitel: Mission: Impossible – Fallout
USA 2018
Regie: Christopher McQuarrie
Drehbuch: Christopher McQuarrie
Besetzung: Tom Cruise, Henry Cavill, Ving Rhames, Simon Pegg, Rebecca Ferguson, Sean Harris, Angela Bassett, Vanessa Kirby, Michelle Monaghan, Wes Bentley, Alec Baldwin, Frederick Schmidt, Kristoffer Joner, Wolf Blitzer
Verleih: Paramount Pictures Germany
Copyright 2018 by Lutz R. Bierend
Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2018 Paramount Pictures Germany