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Yamato – Schlacht um Japan: Schlachtschiff oder Flugzeugträger?

20 Apr

Arukimedesu no taisen

Von Volker Schönenberger

Militärthriller // Am 7. April 1945 ist das Ende der „Yamato“ besiegelt: Vier Jahre nach seiner Indienststellung wird das mächtige japanische Schlachtschiff etwa 300 Kilometer südlich von Japans drittgrößter Hauptinsel Kyūshū von US-Trägerflugzeugen versenkt. Mehr als 3.000 Besatzungsmitglieder finden den Tod, darunter der Oberbefehlshaber des Flottenverbands, Vizeadmiral Itō Seiichi, und der Kommandant des Schiffs, Kapitän zur See Aruga Kōsaku. Die „Yamato“, benannt nach der Bezeichnung des alten Japan, befand sich im Rahmen der Operation Ten-gō auf dem Weg zur Insel Okinawa, um der dort tobenden Schlacht um Okinawa mit selbstmörderischen Mitteln doch noch eine Wende zugunsten des Kaiserreichs zu geben.

Das Ende am Anfang

„Yamato – Schlacht um Japan“ (2019) beginnt mit einer wuchtigen Darstellung des Untergangs des Schlachtschiffs, das von etwa 300 US-Flugzeugen attackiert wird und zahlreiche Treffer durch Torpedos und Bomben erleidet. Schließlich kentert die „Yamato“ und wird kurz darauf von einer gewaltigen Explosion der Munitionsvorräte in zwei Teile gerissen, die eine sechs Kilometer in die Luft aufsteigende Rauchwolke verursacht.

US-Trägerflugzeuge attackieren und …

Im Anschluss an diesen das Ende vorwegnehmenden Prolog springt die Handlung des Kriegsdramas zwölf Jahre zurück ins Jahr 1933. An Bord eines japanischen Flugzeugträgers kommentiert Isoroku Yamamoto (Hiroshi Tachi), Führer der 1. Trägerdivison, die Kunde vom geplanten Bau eines mächtigen Schlachtschiffs mit den Worten: Sie werden sehen: In kommenden Kriegen sind Schlachtschiffe so gut wie nutzlos.

Mit was für Schiffen gewinnt man Kriege?

Bei einer Besprechung vor Marineminister Mineo Ōsumi (Katsuya Kobayashi) verleiht er seiner Überzeugung mit Unterstützung des Vizeadmirals Osami Nagano (Jun Kunimura) Nachdruck, Flugzeugträger seien die Kriegsschiffgattung der Zukunft. In Konteradmiral Shigetarō Shimada (Isao Hashizume) findet er einen Gegner: Das weiß doch jedes Kind, dass man Kriege mit Schlachtschiffen gewinnt. Shimada lässt auch sogleich von Admiral Tadamichi Hirayama (Min Tanaka) ein spektakuläres Modell des geplanten Schlachtkreuzers präsentieren.

… versenken die „Yamato“

Die Entscheidung über den Neubau des kommenden Flaggschiffs der Kaiserlich Japanischen Marine wird vertagt. Yamamoto trifft zufällig auf den genialen jungen Mathematiker Tadashi Kai (Masaki Suda) und setzt diesen darauf an, den Kostenvoranschlag des vorgestellten Schlachtschiffs als gefälscht und viel zu niedrig zu entlarven. Dazu macht er ihn kurzerhand zum Korvettenkapitän und teilt ihm seinen Adjutanten Fähnrich Shojiro Tanaka (Tasuku Emoto) als Untergebenen zu. Tadashi Kai bleiben zwei Wochen für eine aussichtslos erscheinende Aufgabe.

Mehr Thriller als Kriegsfilm

Der deutsche Filmtitel führt in die Irre: Wer glaubt, „Yamato – Schlacht um Japan“ habe die Einsätze und insbesondere die letzte Fahrt der „Yamato“ im Fokus, liegt falsch. Tatsächlich haben wir es mehr mit einem Spionage- und Verschwörungsthriller zu tun als mit einem Kriegsfilm. Als Soldat der Kriegsmarine ohne jegliche militärische Ausbildung muss Tadashi Kai an Zahlen und Informationen kommen, mit denen Yamamoto den Bau des Schlachtschiffs verhindern könnte. Dazu begeben er und Tanaka sich sogar an Bord des Schlachtschiffs „Nagato“, um es per Hand zu vermessen. Wenn der Mathematiker mit Maßband durchs Schiff eilt und penibel seine Messungen notiert, entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Hier wird der Film auch ein wenig zum Buddy-Movie: Ist Fähnrich Tanaka anfangs noch ausgesprochen ungehalten über die ungeliebte Aufgabe, lässt er sich nach und nach vom Enthusiasmus des zum Korvettenkapitän mutierten Mathematikers mitreißen.

Der Originaltitel „Arukimedesu no taisen“ verweist auf den Mathematiker Archimedes aus dem antiken Griechenland und das von ihm entwickelte Archimedische Prinzip über die Verdrängung von Flüssigkeiten durch Objekte, was die Ermittlung ihres spezifischen Gewichts ermöglicht. Es wird zwar nicht explizit erwähnt, kommt aber gegen Ende von Tadashi Kais Berechnungen zum Tragen. Die mathematischen Aspekte der Handlung wirken nicht immer glaubhaft, etwa wenn der geniale junge Mann komplizierte Berechnungen in Rekordzeit erledigt, was kurz zuvor noch als unmöglich dargestellt wurde. Oder die Tatsache, dass er in der Lage ist, anhand seiner manuellen Messungen auf der „Nagato“ eine Konstruktionszeichnung des geplanten Großschiffs zu erstellen.

Von der „Yamato“ zur Elbphilharmonie

Auf derlei Unglaubwürdigkeiten muss man sich einlassen, dann allerdings vermag der Militärthriller enorm zu fesseln. Den beiden jungen Männern folgt man gern bei ihrer Spurensuche nach den tatsächlichen Kosten des geplanten Schlachtschiffs. Angesichts deutscher Erfahrungen mit zu niedrig angesetzten Schätzkosten bei Großprojekten wie Elbphilharmonie, Stuttgart 21 und dem Berliner Flughafen ist bei der dramaturgischen Überspitzung dieses Aspekts zugegeben ein Auge zuzudrücken.

Der junge Mathematiker Tadashi Kai muss rechnen, was das Zeug hält

Wie wir wissen, wurde die „Yamato“ am Ende gebaut. Das lässt die Vermutung zu, dass die Protagonisten mit ihrer Aufgabe schlicht scheitern. So einfach ist es aber nicht, im Film ist dazu noch die eine oder andere Wendung erforderlich. Wer das nach Sichtung des Films als überkonstruiert einordnet, trifft auch meine Einschätzung.

Die „Yamato“ im Weltraum

Wer das Schicksal des Kriegsschiffs als wuchtiges Schlachtengemälde bevorzugt, greife zu „Yamato – The Last Battle“ (2005). Takashi Yamazaki, Drehbuchautor und Regisseur von „Yamato – Schlacht um Japan“, inszenierte auch das Science-Fiction-Abenteuer „Space Battleship Yamato“ (2010), Kino-Adaption einer Anime-Serie von 1974. Darin wird aus dem Wrack der „Yamato“ ein Raumschiff gleichen Namens gebaut, um gegen feindliche Aliens zu kämpfen. Okay, kann man machen. „Yamato – Schlacht um Japan“ ist ein fesselnder Militärthriller geworden, der die Gelegenheit verpasst, Erhellendes über den wirklichen Konflikt zwischen japanischen Befürwortern von Schlachtschiffen und Verfechtern von Flugzeugträgern beizusteuern. Welche japanischen Kriegsfilme könnt Ihr empfehlen?

Veröffentlichung: 22. April 2021 als Blu-ray und DVD

Länge: 129 Min. (Blu-ray), 124 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Arukimedesu no taisen
JAP 2019
Regie: Takashi Yamazaki
Drehbuch: Takashi Yamazaki, nach einem Manga von Norifusa Mita
Besetzung: Min Tanaka, Jun Kunimura, Minami Hamabe, Masaki Suda, Fumiyo Kohinata, Tasuku Emoto, Isao Hashizume, Hôshi Ishida, Ken’ichi Yajima, Hiroshi Tachi, Tsurube Shôfukutei, Hajime Yamazaki, Katsuya Kobayashi
Zusatzmaterial: Trailer
Label/Vertrieb: Koch Films

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2021 Koch Films

 
 

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18 Antworten zu “Yamato – Schlacht um Japan: Schlachtschiff oder Flugzeugträger?

  1. Tobias

    2021/06/20 at 15:17

    Last Samura

     
  2. Jan R

    2021/06/18 at 21:43

    „Time Slip – Der Tag der Apokalypse“ – eine moderne Armee wird durch einen Zeitsprung in die Zeit der Samurai versetzt…

     
  3. Thomas Oeller

    2021/06/18 at 10:04

    „Der Admiral – Krieg im Pazifik“ über Admiral Yamamoto

     
  4. Michael Behr

    2021/06/16 at 18:48

    Da bin ich, mit Ausnahme der genannten Co-Produktion „Tora! Tora! Tora!“ leider überfragt. Die vielen Militäreinsätze gegen Godzilla zählen nicht, nehme ich an 😉

     
  5. Steffen

    2021/06/16 at 08:32

    Um ganz ehrlich zu sein, ich kenne keinen einzigen. Alle die mir einfielen, spielten zwar in Japan bzw. handelten von Japan und Krieg, wurden aber dennoch nicht in Japan gedreht. Ich hoffe, ich darf trotzdem mitmachen, denn „Yamato“ klingt wirklich interessant.

     
  6. Nico Kreisz

    2021/06/13 at 12:50

    Last Samurai,Letters from Iwo Jima

     
  7. Birgit

    2021/06/13 at 11:50

    Mein erster Tipp ist der Klassiker „Barfuß durch die Hölle“, eine Trilogie, die 1959 bis 1961 unter der Regie von Masaki Kobayashi entstand. Außerdem darf der Historienfilm „Kagemusha – Der Schatten des Krieges“ des großartigen Regisseurs Akira Kurosawa an dieser Stelle nicht fehlen.

     
  8. Imke

    2021/06/13 at 10:31

    Kampfgeschwader Zero kommt mir da als Erstes in den Sinn

     
  9. MarcelE

    2021/06/12 at 21:33

    Last Samurai

     
  10. Pascal

    2021/06/12 at 21:04

    Okinawa The Last Battle von Tetsuo Shinohara

     
  11. Björn Kramer

    2021/06/12 at 13:54

    Der große Krieg der Planeten aus dem jahre 1977 von Jun Fukuda !!!

     
  12. Klaus

    2021/06/12 at 13:00

    „Kampfgeschwader Zero“ von 1984 und „Tora! Tora! Tora!“ von 1970 – letzterer allerdings in US-amerikanischer Koproduktion

     
  13. Sascha S.

    2021/06/12 at 11:06

    Last Samurai

     
  14. Andreas Boehm

    2021/06/12 at 07:13

    Ran erzählt die an Shakespeares King Lear angelehnte Geschichte eines Großfürsten,

     
  15. Jost Kleen

    2021/06/12 at 07:13

    Last Samurai ist klasse!

     
  16. Petra Dietrich

    2021/06/11 at 18:17

    Empfehlen kann ich z.B.
    Last Samurai und
    Die letzten Glühwürmchen (Anime)
    auf jeden FallTaschentücher bereit legen…

     
  17. mario hahm

    2021/06/11 at 15:28

    lorelei deutsche wunderwaffe im pazifik (ein schöner fantasy kriegsfilm), Kaiten – Human Torpedo War, Eternal Zero – Flight of No Return , Okinawa – The Last Battle, die Siegreichen Adler von Okinawa,

     
  18. Frank Warnking

    2021/06/11 at 12:42

    Japan’s Longest Day

     

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