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Daylight – Mit Stallone im Tunnel

04 Mai

Daylight

Von Volker Schönenberger

Katastrophen-Thriller // Das nenne ich perfektes Timing: Kurz nachdem ich mit dem südkoreanischen „Tunnel“ (2016) und dem norwegischen „The Tunnel – Die Todesfalle“ (2019) zwei jüngere Katastrophen-Thriller im Tunnel rezensiert habe, veröffentlicht Turbine Medien Rob Cohens „Daylight“ (1996) mit Sylvester Stallone als schmuckes Mediabook. Die Gelegenheit kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Feuersbrunst im Holland Tunnel

Der (im Film nie benannte) Holland Tunnel verbindet die Insel Manhattan in New York City mit Jersey City in New Jersey. Die Interstate 78 (ähnlich einer deutschen Autobahn) unterquert darin den Hudson River. Gedreht wurde „Daylight“ in den berühmten Cinecittà-Studios in Rom, weil es dort flutbare Sound Stages in ausreichender Größe gab.

Feuersbrunst im Holland Tunnel

An diesem Abend befindet sich in der Rush Hour auch ein Lkw-Konvoi unter den Fahrzeugen, der Sondermüllfässer geladen hat, um sie illegal in New Jersey zu entsorgen. Ein Auto mit drei jungen Juwelendieben rast auf der Flucht vor der Polizei in den Tunnel. Der Fahrer verliert die Kontrolle über den Wagen, hebt ab und wird auf die Ladefläche eines der Lastwagen geschleudert. Eine gigantische Explosion bringt Teile des Tunnels zum Einsturz und löst eine Feuerwalze aus, der sofort etliche Menschen zum Opfer fallen. Andere werden inmitten der Trümmer eingeschlossen.

Kit Latura wagt den Abstieg

Zufällig befindet sich Kit Latura (Sylvester Stallone) zum Zeitpunkt der Katastrophe am Tunneleingang. Der ehemalige Leiter des Katastrophenschutzes verdingt sich als Taxifahrer, seit er vor einiger Zeit aufgrund bestimmter (vorerst nicht ausdrücklich erläuterter) Ereignisse seines Postens enthoben wurde. Es gelingt ihm, das Heft des Handelns an sich zu reißen und durch einen Lüftungsschacht zu einer Gruppe Eingeschlossener zu gelangen, darunter die erfolglose Bühnenautorin Madelyne Thompson (Amy Brenneman), die dem Big Apple gerade den Rücken kehren will, der sehr von sich eingenommene Roy Nord (Viggo Mortensen), Chef einer Sportartikelfirma, der Polizist George Tyrell (Stan Shaw), die voneinander entfremdeten Eheleute Sarah und Steven Chrighton (Karen Young, Jay O. Sanders) und ihre halbwüchsige Tochter Ashley (Danielle Harris) sowie ein paar jugendliche Insassen eines Gefangenentransports (darunter Sylvester Stallones 2012 verstorbener Sohn Sage).

Bei den Überlebenden muss er sich durchsetzen

Twister“ (1996) hatte Mitte der 1990er-Jahre eine kleine Welle an Katastrophenfilmen eingeleitet. „Daylight“ startete im Dezember 1996 in den US-Kinos, sieben Monate nach dem Tornado-Thriller. Trotz großer Erwartungen spielte das Tunnel-Inferno weltweit nur knapp das Doppelte seiner Kosten von 80 Millionen US-Dollar ein. An den US-Kinokassen erzielte „Daylight“ sogar nur 33 Millionen Dollar, galt deshalb in Hollywood als Flop, was dem damaligen Top-Star Sylvester Stallone einen kleinen und Regisseur Rob Cohen („Dragonheart“) einen größeren Karriereknick bescherte, von dem sich Cohen erst 2001 mit „The Fast and the Furious“ erholte.

Abstieg durch die Ventilatoren

An der Action und den Schauwerten kann es nicht gelegen haben, diese sind beträchtlich, beginnend mit der gewaltigen Feuersbrunst im Tunnel mit ihren zahlreichen Opfern. Es folgen etliche Situationen, in denen Beteiligte haarscharf mit dem Leben davonkommen oder ihr Leben lassen. Wer das für effekthascherisch hält, liegt völlig richtig, aber Effekthascherei ist dem Katastrophenfilm ja geradezu systemimmanent. Glaubwürdigkeit und Logik hingegen sind in vielen Fällen eher entbehrlich, so auch hier. Natürlich ist es spannend, wie sich Kit Latura durch die überdimensionalen Ventilatoren des Lüftungsschachts hangelt, auch wenn wir zu diesem frühen Zeitpunkt des Films natürlich wissen, dass er durchkommt. Arg überkonstruiert wirkt allerdings, wie er in dieser Passage in Lebensgefahr gerät und viermal nahezu in letzter Sekunde davonkommt – sogar mit angezeigtem Countdown. Ganz so dreist kommt es in der Folge immerhin nicht mehr.

Madelyne und Kit geben einander Halt

Die Charakterzeichnungen des kleinen ums Überleben kämpfenden Trupps sind mit Schablone am Reißbrett entstanden, auch das kennt man vom Genre zur Genüge, obwohl es auch anders geht, wie beispielsweise der Klassiker „Poseidon Inferno – Die Höllenfahrt der Poseidon“ (1972) beweist. Stallone ragt aufgrund seiner Starpower etwas aus dem ansonsten weitgehend gleichberechtigten Ensemble heraus. Sein Kit Latura ist ein gradliniger, aufrechter Typ, der tut, was ein Mann eben tun muss, Selbstzweifel inbegriffen. Man kann den Schauspieler Stallone mit Häme überziehen, wenn man will – oder ihn trotz seiner nicht zu leugnenden darstellerischen Limitierungen einfach ab und zu gern anschauen (was ich bevorzuge).

Mediabook mit Dolby-Atmos- und Auro-3D-Tonspuren

Das „Daylight“-Mediabook von Turbine Medien enthält zwei Blu-rays, die sich lediglich im Ton unterscheiden: Auf der einen Disc sind je eine deutsche und englische Tonspur in Dolby Atmos enthalten, auf der anderen in Auro-3D. Zusätzlich enthalten beide Discs die deutsche und die englische Fassung in DTS 2.0. Mangels technischer Ausstattung habe ich mit der 2.0-Tonspur vorliebgenommen, an der ich in beiden Sprachfassungen ebenso wenig auszusetzen hatte wie an der Bildqualität. Kernstück des Zusatzmaterials auf den Discs ist außer dem Audiokommentar von Regisseur Rob Cohen ein gut halbstündiges Making-of, hinzu kommen weitere Features (siehe Auflistung unten). Das mit 40 Seiten üppig ausgefallene Booklet beginnt mit einem Vorwort von Rob Cohen, der in fesselnder Weise von einem Nahtoderlebnis berichtet, das er 1979 bei einer Feuersbrunst in Boston hatte. Es folgen Texte von Tobias Hohmann über Sylvester Stallone, den Katastrophenfilm im Allgemeinen und die Entstehung von „Daylight“ im Besonderen. Ein Interview mit Rob Cohen beschließt das Booklet. Einmal mehr eine feine Edition aus dem Hause Turbine Medien. „Daylight“ hat viel Kritik eingesteckt, aber auch seine Fans gefunden. Zu den Highlights des Katastrophenfilms zählt der Tunnel-Thriller nicht, bietet gleichwohl spannende Action-Unterhaltung.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Rob Cohen haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Danielle Harris unter Schauspielerinnen, Filme mit Viggo Mortensen, Nestor Serrano und Sylvester Stallone in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 30. April 2021 als 2-Disc Limited Edition Mediabook (2 Blu-rays), 3. Februar 2011 als Blu-ray, 15. Mai 2003 als DVD

Länge: 114 Min. (Blu-ray), 110 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte
Originaltitel: Daylight
USA 1996
Regie: Rob Cohen
Drehbuch: Leslie Bohem
Besetzung: Sylvester Stallone, Amy Brenneman, Viggo Mortensen, Dan Hedaya, Jay O. Sanders, Karen Young, Claire Bloom, Vanessa Bell Calloway, Renoly Santiago, Colin Fox, Danielle Harris, Sage Stallone, Barry Newman, Nestor Serrano
Zusatzmaterial Mediabook: Audiokommentar von Regisseur Rob Cohen, Making-of (33 Min.), Featurette USA (6 Min.), Featurette International (8 Min.), „Memories with Muscle“ – Make-up-Legende Giannetto De Rossi über seine Arbeit mit Sylvester Stallone (12 Min.), Musikvideo „Whenever There Is Love“ (5 Min.), US-Teaser und -Trailer, deutscher Trailer, Bildergalerie, 40-seitiges Booklet mit einem Vorwort von Rob Cohen, Texten von Tobias Hohmann und einem Interview mit Rob Cohen
Zusatzmaterial Blu-ray & DVD: keins
Label/Vertrieb Mediabook: Turbine Medien
Label/Vertrieb Blu-ray & DVD: Universal Pictures Germany GmbH

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Mediabook-Packshot: © 2021 Turbine Medien,
Blu-ray-Packshot: © 2011 Universal Pictures Germany GmbH

 
 

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Eine Antwort zu “Daylight – Mit Stallone im Tunnel

  1. Wulf

    2021/05/06 at 07:31

    Zugegeben, Stallone ist kein Jack Nicholson oder Robert DeNiro. Allerdings halte ich ihn schauspielerisch für nicht so limitiert, wie es seine vielen Actionfilme vermuten lassen. Diese Filme sind nunmal, wie du treffend bemerktest, am Reißbrett entstanden und fördern vor allem Stereotypen. Wenn ich aber an Filme wie Copland denke; dort ist seine schauspielerische Leistung durchaus bemerkenswert.
    W

     

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