Lang Tong
Erotikthriller // Skrupel sind ihm fremd: Kaum hat sich der notorische Schwerenöter Zack (William Lawandi) auf einer Online-Datingplattform mit der Lehrerin Stephanie (Esther Goh) zum Essen verabredet, wendet er sich schon dem nächsten Chat mit einer einsamen Frau zu. Das Treffen mit Stephanie verläuft nach seinen Erwartungen, und bald befinden sich die beiden in einer innigen Beziehung – wie Stephanie glaubt. Doch als Zack ihrer überdrüssig ist, sucht er sie eines Abends besoffen auf und vergewaltigt sie – quasi als Abschiedsgruß. Die dermaßen Gepeinigte erweist sich allerdings als überraschend anhänglich, gibt ihm sogar eine großzügige Finanzspritze, nachdem er sie mit Problemen mit einer Geldanlage vollgejammert hat. Selbst als sie ihn in flagranti mit einer anderen erwischt, klammert sie sich an Zack.
Seine nächste Eroberung heißt Li Ling (Vivienne Tseng). Attraktiv und reich – genau seine Kragenweite. Ihre jüngere Schwester Li Er (Angeline Yap) findet er ebenfalls zum Anbeißen. Da die beiden unter einem Dach leben, nimmt Zack jede Gelegenheit wahr, es auch mit Li Er zu treiben. Das bleibt Li Ling nicht lange verborgen. Gleichzeitig offenbart Li Er Zack ihren großen Hass auf die Schwester.
Das Filmland Singapur – für mich ein unbeschriebenes Blatt. Da kommt diese Veröffentlichung der Busch Media Group gerade recht. Bei „Lady Cannibal – Rache heiß serviert“ (2014) handelt es sich um das Kinofilm-Regiedebüt von Sam Loh, der auch am Drehbuch mitschrieb. Seinen folgenden Film „Siew Lup – Mörderische Lust“ (2016) hatte das Label wenige Monate zuvor veröffentlicht.
„Lady Cannibal – Rache heiß serviert“ vermag zu fesseln, und es ist durchaus interessant zu verfolgen, wie Zack sich nach und nach in eine ausweglose Situation manövriert. Der Erotikthriller erhält zudem nach etwa einer halben Stunde einen Bruch, wenn ein paar vermeintlich zusammenhanglose Szenen die Situation der beiden Schwestern erhellen, was sich dem Publikum aber erst nach und nach erschließt. Insbesondere die familiäre Vergangenheit von Li Ling und Li Er hat einige Abgründe zu bieten. Und so schraubt sich „Lady Cannibal – Rache heiß serviert“ nach und nach in finstere Tiefen menschlicher Verkommenheit und Traumata und mündet in einem bitterbösen Finale.
Alles miese Charaktere
Größtes Problem dabei: Keine einzige Figur verfügt über irgendein Identifikationspotenzial, an keiner kann man sich im Handlungsverlauf festhalten. Zack ist ein Mistkerl, wie er im Buche steht, dem man einiges Übel gönnen mag. Sein Kumpel Mike (Alan Tan), der das Geschehen weitgehend unbeteiligt von außen beobachtet, indem er sich von Zack dessen Erlebnisse berichten lässt, könnte als moralische Instanz unsere Position als Zuschauer einnehmen. Aber zum einen fällt ihm anfangs zum miesen Treiben seines Freunds kaum ein kritisches Wort ein, zum anderen erweist er sich nach einiger Zeit als ebenso verkommen. Und die Frauen? Sie haben keinen Stolz oder sind aufgrund übelster Erfahrungen zu durchtriebenen Biestern geworden. Eine feministische Perspektive tut sich hier überhaupt nicht auf, auch wenn sie beginnen, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen.
Die Sexszenen sind vergleichsweise dezent inszeniert. Mit Softcore hat das noch nicht viel zu tun, zumal lediglich Li-Er-Darstellerin Angeline Yap wirklich nackt zu sehen ist. Bei den Sexszenen mit Stephanie und Li Ling bleiben beide Frauen zumindest in Unterwäsche, was an züchtige Sexszenen à la Hollywood erinnert. Voyeure kommen somit nur bedingt auf ihre Kosten. Immerhin sehen alle drei Darstellerinnen sehr gut aus. Hauptdarsteller William Lawandi natürlich ebenfalls. Insgesamt überwiegen bei dem Erotikthriller die Thrillerelemente deutlich vor den erotischen Bestandteilen. Ein paar Horrorelemente kommen ebenfalls zum Tragen, etwa der im deutschen Titel erwähnte kannibalistische Aspekt. Der ist auf vergleichsweise zurückhaltende Art eingearbeitet worden und entfaltet sich letztlich erst in einer Pointe am Ende (die sich gleichwohl vorhersehen lässt). Die FSK-18-Freigabe der ungeschnittenen Fassung ist so oder so berechtigt.
Als vergleichbare Filme nennt die Busch Media Group Takashi Miikes „Audition“ (1999) und „Dumplings – Delikate Versuchung“ (2004) von Fruit Chan genannt. Das kann man so stehen lassen, auch wenn „Lady Cannibal – Rache heiß serviert“ den Kultstatus dieser beiden Werke sicher nicht erreichen wird. Wer einem fesselnden Erotikthriller etwas abgewinnen kann, wird aber gut bedient. Bei Netflix findet er sich unter dem Titel „Lang Tong – Geschwisterhass“. Welche fernöstlichen Erotikthriller könnt Ihr empfehlen?
Veröffentlichung: 9. September 2022 als Blu-ray, DVD und Video on Demand
Länge: 85 Min. (Blu-ray), 81 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Mandarin
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Lang Tong
SING 2014
Regie: Sam Loh
Drehbuch: Sam Loh, Alex Soh
Besetzung: Vivienne Tseng, William Lawandi, Angeline Yap, Esther Goh, Alan Tan, Elizabeth T, Sunny Pang, Cynthia Kuang, Adeline Pang, Vincent Tee, Tracer Wong, Christine Sham, Kazuo Sato
Zusatzmaterial: Originaltrailer, Trailershow, Wendecover
Label: Busch Media Group
Vertrieb: Al!ve AG
Copyright 2023 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & gruppierter Packshot: © 2022 Busch Media Group
Thomas Oeller
2023/02/12 at 14:36
Muss gestehen, in dem Genre bin ich blank
Marco
2023/02/09 at 10:42
Welche fernöstlichen Erotikthriller könnt Ihr empfehlen?
Birgit
2023/02/08 at 10:37
„Tokio Dekadenz“ ist auch meine erste Idee zu diesem Genre. Erwähnen möchte ich noch Oshimas „Im Reich der Sinne“ von 1976 – nicht unbedingt ein Thriller (auch wenn es zum Schluss einen Toten gibt), aber sehr erotisch.
Thomas
2023/02/07 at 17:13
„Das Hausmädchen“ halte ich für einen hervorragenden Film.
Jens Bernick
2023/02/07 at 12:06
Audition
Dirk Busch
2023/02/07 at 12:06
Geht mir wie einigen anderen hier auch,ich kenne keine fernöstlichen Erotikthriller.Vielleicht ändert sich das durch dieses Gewinnspiel ja.
Junker Laetitia
2023/02/07 at 11:03
The handmaiden fand ich sehr sehr gut.
Würde mich freuen zu gewinnen danach meine filmsammlung gerade aufbaue und erst 30Filme habe.
Stefan Tieste
2023/02/05 at 21:00
Mir fällt da auch nur Tokio Dekadenz ein.
Christoph Marek
2023/02/05 at 18:39
ONIBABA – DIE TÖTERINNEN !!!!
Steffen
2023/02/05 at 07:00
Da fällt mir nur der absolute Klassiker ein: „Tokio Dekadenz“
Michael Behr
2023/02/04 at 19:07
„Das Hausmädchen“ war recht gut.
Ingo Grünewald
2023/02/04 at 17:07
Da fällt mir nur ďie Taschendiebin ein, bin bei dem eher zufällig gelandet durch den Regisseur, hatte nachdem ich oldboy gesehen habe mal die Filmografie des Regisseurs durchgesehen. Da ich die Südkoreanischen Filme gerne sehe besonders mit Choi Min-Sik. Trotz das die koreanischen Filme meist über zwei Stunden laufen finde ich die nie unnötig in die Länge gezogen.
Klaus
2023/02/04 at 15:16
Mir fällt da spontan der japanische Thriller „Audition“ von 1999 ein – sehr zu empfehlen!
Marco D.
2023/02/04 at 13:25
Kenne leider keinen, aber würde gerne mein Film Wissen mit diesem Film erweitern 🙏
Frank Warnking
2023/02/04 at 08:07
Die Taschendiebin
Gantzu
2023/02/03 at 19:06
The Handmaiden
Thomas
2023/02/03 at 13:16
Ich kenne aktuell leider keine Filme der erfragten Kategorie.
Christoph Leo
2023/02/03 at 11:59
Unter anderem Das Hausmädchen und Die Taschendiebin.
Falko
2023/02/03 at 11:01
Da ich bis dato noch keinem Erotikthriller gefrönt habe, kann ich an dieser Stelle leider keine Empfehlungen aussprechen.
Björn Kramer
2023/02/03 at 10:18
Tokio Dekadenz