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Archiv für den Monat Februar 2023

Full Moon (XI): Demonic Toys – Angriff der bissigen Spielzeugkameraden

Demonic Toys

Von Andreas Eckenfels

Horror // Klein und gemein: Bevor Charles Band 1992 in „Demonic Toys“ nicht ganz so kuschelige Spielzeugkameraden zu dämonischen Mordinstrumenten umfunktionierte, ließ er bereits in den ersten drei „Puppet Master“-Teilen (1989–1992) kleine Puppen auf die großen Menschen los. Eine Vorliebe, die Charles Band bis heute als Horrorelement in seinen „Full Moon“-Produktionen immer wieder gern nutzt.

Der Grusel vor Puppen oder Spielsachen geht vielleicht noch auf Urängste aus der Kindheit zurück. Wer hat nicht mal in stürmischer Nacht wachgelegen und sich gefragt, was denn diesen seltsamen Schatten an die Wand wirft. Bei Licht stellte es sich heraus: Die Bedrohung war nur der alte Teddybär, der mürrisch in der Ecke saß. Eine Vielzahl alter Puppen, bevorzugt mit zerbrochenen Gesichtern und von großen Spinnweben umgeben, sorgt in alten Häusern für ein mulmiges Gefühl. Die Angst vor Puppen ist in der Psychologie ein häufig beobachteter Angstzustand. Menschen, die etwa an Pupaphobie leiden, sollten Pascal Laugiers formidablen „Ghostland“ besser meiden. Der starre Blick gepaart mit menschenähnlichen Gesichtszügen sorgt für Unbehagen. Was, wenn die unbelebte Puppe oder das Spielzeug plötzlich ohne Erklärung lebendig wird?

Ein Dämon erwacht

Die Freude währt nur kurz: Gerade hat Judith Gray (Tracy Scoggins) ihrem Freund Matt Cable (Jeff Weston) mitgeteilt, dass sie schwanger ist, da müssen sie sich schon wieder auf ihren Job konzentrieren: Die beiden Undercover-Polizisten wollen in der Nacht mit einem fingierten Deal zwei Waffenhändler hochnehmen. Doch der Einsatz geht schief. Mark wird bei einem Schusswechsel getötet. Die zwei Kriminellen flüchten in das anliegende Spielwaren-Lagerhaus. Judith nimmt die Verfolgung auf.

Einen der Gangster hat es erwischt. Schwer verletzt schleppt er sich durch die Gänge, blutet den Fußboden voll – und erweckt mit seinem dahinfließenden Lebenssaft nicht nur die überall herumstehenden Spielzeugfiguren, sondern auch einen Dämon, der zunächst die Form eines Jungen (Daniel Cerny) annimmt. Ein bissiger Schachtelteufel und ein ebenso kraftvoll zubeißender Teddybär machen sich über den bemitleidenswerten Verletzten her, bevor ihm ein Roboter mit Laserstrahlen endgültig den Garaus macht.

Der dämonische Satansbraten lässt nun seine Spielkameraden auf die Menschen im Lagerhaus los. Nur Judith verschont er – für sie hält er einen besonderen Plan bereit, um nach 66 Jahren Gefangenschaft endlich wiedergeboren zu werden.

Die wollen doch nur spielen…

Die bösen Spielsachen sind natürlich die Hauptattraktionen von „Demonic Toys“. Neben dem bereits genannten Schachtelteufel, dem Teddybär und dem Roboter sorgt Baby Oopsy Daisy mit deftigen Sprüchen für Stimmung, die sogar Chucky erblassen lassen. Wieder einmal werden bei „Full Moon“ Animatronik-Modelle eingesetzt, die sich beschränkt, aber ausreichend bewegen können. Wenn die garstigen Figuren langsam angerollt oder gelaufen kommen, wirkt das einigermaßen gruselig, weil sie eben nur stotternd und nicht technisch perfekt vorankommen. Auch einfache Handpuppen kommen zum Einsatz, die sich im Körper des Opfers mitunter verbeißen. Gelungen ist zudem das Make-up des Dämons, der gegen Ende in seiner vollen Pracht erscheint. Auch wenn der Dämon im Knabenkörper mit seiner bedrohlichen, erwachsenen Stimme spricht, wirkt dies durchaus unheilvoll.

Im Verlauf des Geschehens wird das Personal, auf das die Spielzeuge Jagd machen können, deutlich aufgestockt. Unter anderem haben sich der Nachtwächter Charnetski (Peter Schrum), die obdachlose Teenagerin Anne (Ellen Dunning) und der Essenslieferant Mark (Bentley Mitchum) in das Lagerhaus verirrt. Somit steigt auch der Body Count deutlich an.

Und die blutigen Szenen sind durchaus nett anzusehen. Dabei bietet die Blu-ray von Wicked Vision sowohl die leicht entschärfte US-Fassung als auch den in Deutschland seit VHS- und DVD-Zeiten bekannten „Director’s Cut“. Dieser bietet einige Gewaltspitzen mehr in etwas schwächerer Bildqualität, aber nicht störend eingefügt. Ein Vergleich der zwei Fassungen findet sich bei den Kollegen von Schnittberichte.com.

Dritter Drehbuch-Job für David S. Goyer

Regisseur Peter Manoogian ist bei „Full Moon“ kein Unbekannter: 1986 inszenierte er für die Produktionsschmiede das Science-Fiction-Abenteuer „Destroyers“. Seine Filmografie fällt nicht sonderlich umfangreich aus, „Terror Night – Hochhaus in Angst“ (1987) mit Jan-Michael Vincent und Ray Parker Jr. sowie „Demonic Toys“ gehören zu seinen bekanntesten Arbeiten. Mit den geringen Produktionskosten kommt er auf jeden Fall zurecht. Mit der Traumsequenz zu Beginn, in der Judith beobachtet, wie zwei Kinder ein merkwürdiges Spiel spielen, erhält das Werk einen leicht surrealen Unterton. Zudem weiß Manoogian die engen Flure des spärlich beleuchteten Lagerhauses mit unterschiedlichen Kamerawinkeln gut einzusetzen, sodass trotz mäßiger Ausstattung – meist stehen einfach nur ein paar gestapelte Kartons herum – ein wenig Spannung aufkommt.

Den berühmtesten Namen bietet „Demonic Toys“ auf dem Posten des Drehbuchautors: David S. Goyer konnte hier nach „Mit stählerner Faust“ (1990) sein drittes Skript verwirklicht sehen. Nach dem Science-Fiction-Kultfilm „Dark City“ (1998) schaffte Goyer den Sprung nach Hollywood. Der Autor wurde meist für düstere Comic-Verfilmungen gebucht, darunter die „Blade“-Trilogie (1998–2004), dessen dritten Teil er auch als Regisseur verantwortete. Goyer schrieb zudem die „Dark Knight“-Reihe (2005–2012) von Christopher Nolan sowie „Man of Steel“ (2013) und „Batman v Superman – Dawn of Justice“ (2016) von Zack Snyder.

Weltraum-Kapitänin trifft auf Enkelsohn

Auch Hauptdarstellerin Tracy Scoogins ist für Genrefans besonders durch ihre Fernseharbeit keine Unbekannte: In der TV-Serie „Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark“ (1993–1997) war sie in 21 Folgen als Cat Grant zu sehen. In „Star Trek: Deep Space Nine“ wagte sich Scoogins in der Episode „Trekors Prophezeihung“ bereits in unendliche Weiten. 1998 befehligte die Schauspielerin dann als Captain Elizabeth Lochley die Raumstation „Babylon 5“ in der fünften Staffel der gleichnamigen Science-Fiction-Serie.

Mit Bentley Mitchum ist ein bekannter Nachname dabei. Der Enkelsohn von Schauspiellegende Robert Mitchum († 1997, „El Dorado“) fristet sein Dasein in B-Movies und im Fernsehen, unter anderem war er in der Stephen-King-Verfilmung „Manchmal kommen sie wieder“ (1991) dabei.

Für „Full Moon“-Einsteiger geeignet

„Demonic Toys“ gehört im riesengroßen „Full Moon“-Filmfundus zu einem der Klassiker, der im Rahmen seiner Möglichkeiten eine spannende und relativ ernsthafte Story sowie ein paar nette Puppeneffekte liefert. Peter Manoogians Werk eignet sich durchaus gut für Einsteiger, die in das Charles-Band-Universum hineinschnuppern wollen.

Die dämonischen Spielzeuge kehrten in der Fortsetzung „Tod im Spielzeugland“ (1993) zurück. Der Originaltitel verdeutlicht, dass im zweiten Teil zwei „Full Moon“-Franchises aufeinandertreffen: „Dollman vs. Demonic Toys“. Der aus „Dollman“ (1991) bekannte Cop Brick Bardo trifft auf die Spielkameraden. Wer das Duell „Klein gegen klein“ wohl gewinnen wird?

Die Filme der „Full Moon Classic Selection“ und der „Full Moon Collection“ der Wicked-Vision Distribution GmbH haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgelistet.

Veröffentlichung: 24. Mai 2019 als Blu-ray, 25. März 2016 als Mediabook (Blu-ray & 2 DVDs in drei Covervarianten), 28. März 2003 als DVD

Länge: 83 Min. (Blu-ray), 80 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Demonic Toys
USA 1992
Regie: Peter Manoogian
Drehbuch: David S. Goyer, Charles Band
Besetzung: Tracy Scoggins, Bentley Mitchum, Daniel Cerny, Peter Schrum, Jeff Celentano, Michael Russo, Barry Lynch, Ellen Dunning, Richard Speight Jr., Larry Cedar
Zusatzmaterial 2019: Audiokommentar mit Marco Erdmann vom Wicked-Vision Magazin, Director’s Cut (82:59 Min.), Videozone (7:36 Min.), Interview mit Charles Band (7:03 Min.), Re-Release-Trailer (1:30 Min.), deutscher Trailer (SD 1:18 Min. & HD 1:17 Min.), Originaltrailer (SD 1:20 Min. & HD 1:17 Min.), Wendecover mit Originalartwork
Label/Vertrieb 2019: Wicked-Vision Media (heute: Wicked-Vision Distribution GmbH) / Full Moon Germany
Label/Vertrieb 2016: ’84 Entertainment
Label/Vertrieb 2003: X-Rated

Copyright 2023 by Andreas Eckenfels
Gruppierter Packshot: © 2019 Wicked Vision Distribution GmbH

 

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Navajo Joe – An seinen Stiefeln klebte Blut: Der falsche Sergio

Navajo Joe

Von Volker Schönenberger

Western // Vier Regiearbeiten Sergio Corbuccis hat Quentin Tarantino in der Top-20-Rangliste seiner Lieblings-Italowestern aufgeführt: „Django“ (1966) findet sich auf Rang 3, dicht gefolgt von „Mercenario – Der Gefürchtete“ (1968) auf Rang 4. Bemerkenswert: „Navajo Joe“ (1966) findet sich auf Rang 9, fünf Plätze vor „Leichen pflastern seinen Weg“ (1968) auf Rang 14. Nun sind Ranglisten Einzelner stets streng subjektiv und erheben nicht den Anspruch eines Kanons. Aber Tarantino gilt als profunder Filmkenner, insbesondere im Bereich der Italowestern. Mit „Django Unchained“ (2012) und „The Hateful Eight“ (2015) hat er selbst zwei Western inszeniert. Wenn er Filme empfiehlt, hat das Gewicht. Ein guter Grund, „Navajo Joe“ zu sichten (für mich tatsächlich eine Erstsichtung).

Ein Skalp muss her

In Westdeutschland wurde „Navajo Joe“ auch unter den Titeln „An seinen Stiefeln klebte Blut“ und „Kopfgeld: ein Dollar“ vermarktet. Die Handlung setzt mit einem Massaker an den Einwohnerinnen und Einwohnern einer Indianersiedlung ein. Sie alle müssen sterben, weil Mervyn „Vee“ Duncan (Aldo Sambrell) und seine Bande auf Skalps aus sind. Zu den Klängen des Titelstücks reiten die Mörder von dannen,die Skalps an ihren Sätteln befestigt, während die Opening Credits einsetzen.

Mit Mervyn „Vee“ Duncan …

Einer überlebt die Bluttat: Navajo Joe (Burt Reynolds), der umgehend die Verfolgung der Bande aufnimmt. Er bleibt außer Schussweite. Als Duncan zwei seiner Männer auf ihn hetzt, endet das tödlich – für die beiden. Im nächsten Örtchen entdecken die Skalpjäger, dass auf Duncan und seinen Bruder Jeffrey (Lucio Rosato) mittlerweile Kopfgeld ausgesetzt ist – Indianer sind kein Freiwild mehr, ihre Ermordung ist strafbar. So denkt sich Duncan offenbar: Wenn man schon ein Outlaw ist, kann man auch danach handeln. Ein Zug mit einer Goldladung ist auf dem Weg in die Stadt Esperanza. Der kommt für einen Überfall gerade recht. Aber da ist ja noch Navajo Joe …

… und seiner Bande …

Als Sergio Corbuccis Regieassistent fungierte ein gewisser Ruggero Deodato. Und für die Musik zeichnete gemäß Credits ein unbekannter Komponist namens Leo Nichols verantwortlich. Doch es ist nur ein Pseudonym, hinter dem sich kein Geringerer als der große Ennio Morricone verbarg. Wenig verwunderlich also, dass sich Quentin Tarantino bei seinem Soundtrack für „Kill Bill“ (2003/2004) hemmungslos hier bediente. Von April bis Juni 1966 in Spanien und Italien gedreht, gehört „Navajo Joe“ zu den wenigen Italowestern, die einen Indianer in einer tragenden Rolle zeigen und sogar Partei für die nordamerikanischen Ureinwohner ergreifen. Ein Indianer als Titelheld und Protagonist dürfte die absolute Ausnahme sein, war zum Zeitpunkt der Entstehung noch nicht mal im US-Western gang und gäbe. Und als Navajo Joe von den Bürgern Esperanzas den Sheriffstern fordert, um unter dem Mantel des Gesetzes gegen Duncans Bande zu kämpfen, kommt es zu einem bemerkenswerten Dialog zwischen dem Träger des Abzeichens (Darsteller von mir nicht identifizierbar) und Navajo Joe: „Völlig ausgeschlossen. Ein Indianer als Sheriff. Das amerikanische Gesetz muss von Amerikanern geschützt werden.“ „Mein Vater wurde hier geboren. Der Vater meines Vaters, genauso der Vater vom Vater meines Vaters wurde hier geboren. Wo ist dein Vater geboren?“ (…) „In Schottland.“ „Dann bist du kein Amerikaner. Nur Amerikaner können das Gesetz und die Gerechtigkeit der Amerikaner schützen, wie du selbst gesagt hast. Ich bin Amerikaner. Gib mir den Stern. Ich habe ein Recht auf ihn.“ Spricht’s und nimmt den Sheriffstern an sich. Wo hat es derlei Mitte der 1960er-Jahre gegeben? Sei es im Italowestern, sei es im US-Western.

… ist nicht gut Kirschen essen

Nun könnte man aus heutiger Sicht kritisieren, der Part hätte mit einem Schauspieler besetzt werden sollen, der zum Volk der Navajo oder einem anderen indigenen Volk Nordamerikas gehört. Aber siehe da: Burt Reynolds („Beim Sterben ist jeder der Erste“) mit seinen irischen und italienischen Vorfahren hatte tatsächlich eine Großmutter, die zu den Cherokee gehörte. Das mag allerdings Zufall gewesen sein, dem Produzenten Dino De Laurentiis ging es wohl in erster Linie darum, einen US-Darsteller zu finden, der Clint Eastwood Paroli bieten konnte, der zuvor mit Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“ (1964) und „Für ein paar Dollar mehr“ (1965) reüssiert hatte.

Doch der Racheengel Navajo Joe …

Apropos Eastwood: Clint und Burt kannten einander und waren damals bereits befreundet. Überliefert ist, dass Clint Burt von seiner Arbeit mit Sergio Leone vorgeschwärmt hatte, was für den jungen Burt am Anfang seiner Kinokarriere durchaus eine Rolle bei der Entscheidung spielte, in Europa einen Western zu drehen. Doch als er eintraf, merkte er, dass er mit dem falschen Sergio drehen würde. Reynolds fand später für „Navajo Joe“ auch keine guten Worte mehr, was auch an der sonderbaren Perücke und den gewöhnungsbedürftigen Klamotten gelegen haben mag, die er sich für seine Rolle überwerfen musste. Ihm zufolge war der Film so mies, dass er nur in Gefängnissen und Flugzeugen gezeigt wurde, weil von dort niemand abhauen konnte. Konsequenterweise blieb es Reynolds’ einziger Italowestern-Ausflug, aber mit einem solch harschen Urteil tut man dem Streifen Unrecht. Navajo Joes Rachefeldzug fällt ruppig aus. Als Ein-Mann-Armee macht er eine gute Figur und nimmt damit sogar Motive späterer Actionfilme vorweg.

… ist absolut tödlich

Natürlich ist „Navajo Joe“ kein „Indianerwestern“. Der Titelheld ist ein Einzelgänger, und das sicher nicht nur, weil seine Stammesgruppe ausgelöscht wurde. Eine Nemesis, welche die Schurken wie ein Schatten verfolgt, einen nach dem anderen tötet und auf diese Weise fast schon zu einer mythischen Figur wird. Auf der anderen sind die Gangster aber auch kaum zu ertragende Mieslinge, die eine Indianersiedlung massakrieren, um an Skalps zu kommen, und jeden über den Haufen schießen, der ihnen nicht genehm ist. Duncan ermordet eigenhändig eine junge Mutter, die sich mit ihrem Sohn im Zug befindet, weil sie eine unliebsame Zeugin ist (was aus dem Kleinkind wird, bleibt offen). Vor einem Geistlichen macht er ebenfalls nicht Halt. Ein harter Film, hierzulande im Fernsehen stets leicht gekürzt gelaufen, auf Blu-ray und DVD aber in mehreren Auflagen ungeschnitten veröffentlicht. Mir lag zur Sichtung die jüngste Blu-ray von Spirit Media vor, die mit sehr guter Bildqualität besticht – fast schon zu gut, das Schmutzig-Räudige des Italowesterns geht etwas verloren. Leider fehlen der neuen Blu-ray und DVD die beiden Featurettes der vorherigen Auflagen von Koch Media (heute Plaion Pictures).

Insgesamt wirken Corbuccis spätere Arbeiten „Leichen pflastern seinen Weg“ und „Mercenario – Der Gefürchtete“ reifer, was niemanden daran hindern muss, „Navajo Joe“ als den wichtigen Italowestern zu würdigen, der er ist. Anders als Quentin Tarantino hänge ich „Leichen pflastern seinen Weg“ höher auf, aber es sei ihm unbenommen.

Die Reihe „Western Unchained“ haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Sergio Corbucci sind in der Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Burt Reynolds unter Schauspieler. Ein lesenswerter Beitrag zu „Navajo Joe – An seinen Stiefeln klebte Blut“ findet sich auch im Filmforum Bremen.

Veröffentlichung: 30. August 2019 als Blu-ray und DVD, 25. Januar 2013 als Blu-ray (Western Unchained), 18. Januar 2013 als DVD (Western Unchained), 2. Dezember 2001 als Blu-ray unter dem Titel „Navajo Joe – Kopfgeld: Ein Dollar“, 29. Mai 2009 als DVD unter dem Titel „Navajo Joe – Kopfgeld: Ein Dollar“

Länge: 92 Min. (Blu-ray), 89 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Navajo Joe
Alternativtitel: Navajos Land / Red Fighter
IT/SP 1966
Regie: Sergio Corbucci
Drehbuch: Piero Regnoli (als Dean Craig), Fernando Di Leo
Besetzung: Burt Reynolds, Aldo Sambrell, Nicoletta Machiavelli, Fernando Rey, Tanya Lopert, Franca Polesello, Lucia Modugno, Pierre Cressoy, Roberto Paoletti, Nino Imparato, Lucio Rosato, Valeria Sabel, Mario Lanfranchi, Ángel Álvarez
Zusatzmaterial 2019: deutscher Trailer, US-Trailer, Bildergalerie, Texttafel-Biografien (Sergio Corbucci, Burt Reynolds, Aldo Sambrell, Nicoletta Machiavelli), Wendecover
Zusatzmaterial 2013, 2011 und 2009: Featurette „An Indian Named Joe“ (11:38 Min.), Featurette „On Behalf of American Indians“ (29:54 Min.), Drehorte – Damals und heute (6:02 Min.), deutscher Trailer, englischer Trailer, Bildergalerie, nur 2011 und 2009: 32-seitiges Booklet
Label 2019: Spirit Media
Vertrieb 2019: WVG Medien GmbH
Label/Vertrieb 2013, 2011 & 2009: Koch Media (heute Plaion Pictures)

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshots: © Spirit Media bzw. Koch Media

 

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Der letzte Partisan – Die wahre Geschichte des Leonid Berenshtein: In den ukrainischen Wäldern gegen die Wehrmacht

Berenshtein

Von Volker Schönenberger

Kriegsdrama // Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Mit dem Unternehmen Barbarossa begann der Deutsch-Sowjetische Krieg, der einige der mörderischsten Schauplätze des Zweiten Weltkriegs hervorbrachte.

Leonid Berenshtein erinnert sich

Die Handlung von „Der letzte Partisan“ setzt während der im August und September jenes Jahres tobenden Schlacht um Kiew ein. Deutsche Flugzeuge werfen ihre tödliche Bombenlast über den Stellungen der sowjetischen Streitkräfte ab. Der junge Leutnant Leonid Berenshtein (Yaroslav Kucherenko) verliert für zwei Tage das Bewusstsein und schleppt sich nach dem Erwachen in ein nahegelegenes Dorf, wo er auf andere Rotarmisten trifft. Die brechen alsbald auf, um sich den Partisanen anzuschließen, wollen ihn aber aufgrund seiner Beinverletzung nicht mitnehmen. Nach einiger Zeit rücken die Deutschen und ihre Kollaborateure im Dorf ein. Um Haaresbreite gelingt Berenshtein die Flucht in die verschneiten Wälder. Dem Erfrieren nah, retten ihn die Partisanen, denen er sich anschließt. Um sich als Jude nicht dem auch in den eigenen Reihen grassierenden Antisemitismus auszusetzen, nimmt er einen anderen Namen an. Im Lauf der Zeit erarbeitet er sich beim Partisanenkampf gegen die Deutschen Respekt, steigt zum Kommandant der Nachrichtentruppe auf.

Die Schlacht von Kiew tobt …

Immer wieder unterbrechen Aufnahmen des echten Leonid Berenshtein die „on location“ in der Ukraine gedrehten Szenen des Kriegsgeschehens, was das Kriegsdrama zu einem Dokudrama macht. Wir sehen Berenshtein, der aus seinen Erinnerung erzählt, aber auch ein paar Alltagsszenen aus seiner Einzimmerwohnung in Israel – er war 1993 mit seiner Familie dorthin emigriert.

Von der Doku zum Spielfilm

Die Geschichte des 1921 in der Ukraine Geborenen war in Vergessenheit geraten, dokumentiert lediglich von ihm selbst in einigen Büchern, die er dem israelischen Dokumentarfilmer Roman Shumunov zur Verfügung stellte, nachdem die beiden einander erstmals begegnet waren. Ursprünglich beabsichtigte Shumunov, einen reinen Dokumentarfilm über Berenshtein zu drehen. Dessen hohes Alter erschwerte das Projekt, weshalb nach und nach immer mehr Spielszenen hinzukamen – der Dreh erstreckte sich über mehrere Jahre.

… mit voller Härte

Hier liegt auch das Hauptproblem von „Der letzte Partisan“: Zwar verleihen die Szenen mit dem echten Berenshtein dem Film authentische Stimmung, sie stören aber mit ihren Unterbrechungen der Spielhandlung deren Dramaturgie und den Erzählfluss. Das legt sich glücklicherweise im Verlauf des Films, was womöglich daran liegt, dass mit dem alten und gebrechlichen Berenshtein nicht mehr Aufnahmen realisiert werden konnten.

Die Partisanen formieren sich

Das Kriegsdrama vermeidet die Zurschaustellung von Kriegsgräueln. Einige Szenen illustrieren diese auch ohne Effekthascherei nachdrücklich genug. Wir sehen, wie deutsche Soldaten (vielleicht auch Mitglieder einer Einsatzgruppe, der Unterschied wird nicht thematisiert) ein Dorf niederbrennen, die Einwohnerinnen und Einwohner inklusive der Kinder in eine Scheune treiben und diese anzünden, doch mehr wird nicht gezeigt. Als Berenshtein in eine große Grube blickt, erkennen wir nur aufgrund des lauten Summens von Fliegen, dass es sich um ein Massengrab handelt. Das ist der Intention des Films angemessen, ebenso, dass Berenshtein nicht als strahlender Held skizziert wird, sondern als ein Mensch, den die Umstände in eine extreme Ausnahmesituation geworfen haben und der darum ringt, damit richtig umzugehen. Dabei sieht er sich zu harten Entscheidungen gezwungen und trifft diese auch. Sicher keine heldenhaften Entscheidungen. Diese nicht auszusparen, tut „Der letzte Partisan“ gut.

Die Suche nach der „V2“

Der letzte Abschnitt des Kriegsdramas zeigt Berenshtein und den kleinen Trupp, den er mittlerweile befehligt, die 1944 mit einem Spezialauftrag nach Polen vordrangen: die Entwicklungsstätte von Adolf Hitlers WunderwaffeV2“ zu finden. Sie befand sich auf dem Gelände des SS-Truppenübungsplatzes Heidelager in der Nähe der Ortschaft Dębica im Südosten Polens. So schildert „Der letzte Partisan“, wie es Berenshtein und seiner Einheit gelang, den Ort aufzuspüren.

Untätig müssen sie ein Massaker mit ansehen

Die deutsche Blu-ray und DVD von „Der letzte Partisan – Die wahre Geschichte des Leonid Berenshtein“ enthält erfreulicherweise drei Interviews, die sogar recht lang ausgefallen sind: mit Regisseur Roman Shumunov, dem Berenshtein verkörpernden Hauptdarsteller Yaroslav Kucherenko und Anton Karlinsky, der den Partisanen Zarenko spielt. Diese Interviews entstanden im Juni 2022, als der Film beim Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg gezeigt wurde. Feine und aufschlussreiche Boni.

Auf der Suche nach Kollaborateuren

Leonid Berenshtein starb 2019 im Alter von 98 Jahren. Dass er dieses hohe Alter erreichte, lässt den vom deutschen Label Pandastorm Pictures gewählten Filmtitel angemessen erscheinen. „Der letzte Partisan – Die wahre Geschichte des Leonid Berenshtein“ endet mit kurzen Vorstellungen einiger seiner Mitstreiterinnen und Mitstreitern bei den Partisanen und den folgenden Worten: Gewidmet den Soldaten und Partisanen des Zweiten Weltkiegs, die die Menschheit vor ihrer größten Bedrohung bewahrt haben.

In Polen entdecken die Partisanen ein zerstörtes KZ

Veröffentlichung: 4. November 2022 als Blu-ray, DVD und Video on Demand

Länge: 110 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: Deutsch, Russisch/Ukrainisch
Originaltitel: Berenshtein
ISR 2021
Regie: Roman Shumunov
Drehbuch: Simon Shechter, Tasha Karlyuka, Vyacheslav Tkachov, Roman Shumunov, Mark Inberg
Besetzung: Leonid Berenshtein, Yaroslav Kucherenko, Anton Karlinsky, Lilya Ostapovich, Pavlo Aldoshyn, Viktoriya Levchenko, Dmitriy Saranskov, Ygor Surkov, Denys Shevchenko, Rinat Khairullin, Ivan Podgorniy, Goryk Leshenko, Daniil Mireshkin, Kirill Prokapchuk
Zusatzmaterial: Interview mit Regisseur Roman Shumunov (35:23 Min.), Interview mit Hauptdarsteller Yaroslav Kucherenko (41:24 Min.), Interview mit Nebendarsteller Anton Karlinsky (22:42 Min.), Originaltrailer, Wendecover
Label/Vertrieb: Pandastorm Pictures

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Doppel-Packshot: © 2022 Pandastorm Pictures

 

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