Demonic Toys
Horror // Klein und gemein: Bevor Charles Band 1992 in „Demonic Toys“ nicht ganz so kuschelige Spielzeugkameraden zu dämonischen Mordinstrumenten umfunktionierte, ließ er bereits in den ersten drei „Puppet Master“-Teilen (1989–1992) kleine Puppen auf die großen Menschen los. Eine Vorliebe, die Charles Band bis heute als Horrorelement in seinen „Full Moon“-Produktionen immer wieder gern nutzt.
Der Grusel vor Puppen oder Spielsachen geht vielleicht noch auf Urängste aus der Kindheit zurück. Wer hat nicht mal in stürmischer Nacht wachgelegen und sich gefragt, was denn diesen seltsamen Schatten an die Wand wirft. Bei Licht stellte es sich heraus: Die Bedrohung war nur der alte Teddybär, der mürrisch in der Ecke saß. Eine Vielzahl alter Puppen, bevorzugt mit zerbrochenen Gesichtern und von großen Spinnweben umgeben, sorgt in alten Häusern für ein mulmiges Gefühl. Die Angst vor Puppen ist in der Psychologie ein häufig beobachteter Angstzustand. Menschen, die etwa an Pupaphobie leiden, sollten Pascal Laugiers formidablen „Ghostland“ besser meiden. Der starre Blick gepaart mit menschenähnlichen Gesichtszügen sorgt für Unbehagen. Was, wenn die unbelebte Puppe oder das Spielzeug plötzlich ohne Erklärung lebendig wird?
Ein Dämon erwacht
Die Freude währt nur kurz: Gerade hat Judith Gray (Tracy Scoggins) ihrem Freund Matt Cable (Jeff Weston) mitgeteilt, dass sie schwanger ist, da müssen sie sich schon wieder auf ihren Job konzentrieren: Die beiden Undercover-Polizisten wollen in der Nacht mit einem fingierten Deal zwei Waffenhändler hochnehmen. Doch der Einsatz geht schief. Mark wird bei einem Schusswechsel getötet. Die zwei Kriminellen flüchten in das anliegende Spielwaren-Lagerhaus. Judith nimmt die Verfolgung auf.
Einen der Gangster hat es erwischt. Schwer verletzt schleppt er sich durch die Gänge, blutet den Fußboden voll – und erweckt mit seinem dahinfließenden Lebenssaft nicht nur die überall herumstehenden Spielzeugfiguren, sondern auch einen Dämon, der zunächst die Form eines Jungen (Daniel Cerny) annimmt. Ein bissiger Schachtelteufel und ein ebenso kraftvoll zubeißender Teddybär machen sich über den bemitleidenswerten Verletzten her, bevor ihm ein Roboter mit Laserstrahlen endgültig den Garaus macht.
Der dämonische Satansbraten lässt nun seine Spielkameraden auf die Menschen im Lagerhaus los. Nur Judith verschont er – für sie hält er einen besonderen Plan bereit, um nach 66 Jahren Gefangenschaft endlich wiedergeboren zu werden.
Die wollen doch nur spielen…
Die bösen Spielsachen sind natürlich die Hauptattraktionen von „Demonic Toys“. Neben dem bereits genannten Schachtelteufel, dem Teddybär und dem Roboter sorgt Baby Oopsy Daisy mit deftigen Sprüchen für Stimmung, die sogar Chucky erblassen lassen. Wieder einmal werden bei „Full Moon“ Animatronik-Modelle eingesetzt, die sich beschränkt, aber ausreichend bewegen können. Wenn die garstigen Figuren langsam angerollt oder gelaufen kommen, wirkt das einigermaßen gruselig, weil sie eben nur stotternd und nicht technisch perfekt vorankommen. Auch einfache Handpuppen kommen zum Einsatz, die sich im Körper des Opfers mitunter verbeißen. Gelungen ist zudem das Make-up des Dämons, der gegen Ende in seiner vollen Pracht erscheint. Auch wenn der Dämon im Knabenkörper mit seiner bedrohlichen, erwachsenen Stimme spricht, wirkt dies durchaus unheilvoll.
Im Verlauf des Geschehens wird das Personal, auf das die Spielzeuge Jagd machen können, deutlich aufgestockt. Unter anderem haben sich der Nachtwächter Charnetski (Peter Schrum), die obdachlose Teenagerin Anne (Ellen Dunning) und der Essenslieferant Mark (Bentley Mitchum) in das Lagerhaus verirrt. Somit steigt auch der Body Count deutlich an.
Und die blutigen Szenen sind durchaus nett anzusehen. Dabei bietet die Blu-ray von Wicked Vision sowohl die leicht entschärfte US-Fassung als auch den in Deutschland seit VHS- und DVD-Zeiten bekannten „Director’s Cut“. Dieser bietet einige Gewaltspitzen mehr in etwas schwächerer Bildqualität, aber nicht störend eingefügt. Ein Vergleich der zwei Fassungen findet sich bei den Kollegen von Schnittberichte.com.
Dritter Drehbuch-Job für David S. Goyer
Regisseur Peter Manoogian ist bei „Full Moon“ kein Unbekannter: 1986 inszenierte er für die Produktionsschmiede das Science-Fiction-Abenteuer „Destroyers“. Seine Filmografie fällt nicht sonderlich umfangreich aus, „Terror Night – Hochhaus in Angst“ (1987) mit Jan-Michael Vincent und Ray Parker Jr. sowie „Demonic Toys“ gehören zu seinen bekanntesten Arbeiten. Mit den geringen Produktionskosten kommt er auf jeden Fall zurecht. Mit der Traumsequenz zu Beginn, in der Judith beobachtet, wie zwei Kinder ein merkwürdiges Spiel spielen, erhält das Werk einen leicht surrealen Unterton. Zudem weiß Manoogian die engen Flure des spärlich beleuchteten Lagerhauses mit unterschiedlichen Kamerawinkeln gut einzusetzen, sodass trotz mäßiger Ausstattung – meist stehen einfach nur ein paar gestapelte Kartons herum – ein wenig Spannung aufkommt.
Den berühmtesten Namen bietet „Demonic Toys“ auf dem Posten des Drehbuchautors: David S. Goyer konnte hier nach „Mit stählerner Faust“ (1990) sein drittes Skript verwirklicht sehen. Nach dem Science-Fiction-Kultfilm „Dark City“ (1998) schaffte Goyer den Sprung nach Hollywood. Der Autor wurde meist für düstere Comic-Verfilmungen gebucht, darunter die „Blade“-Trilogie (1998–2004), dessen dritten Teil er auch als Regisseur verantwortete. Goyer schrieb zudem die „Dark Knight“-Reihe (2005–2012) von Christopher Nolan sowie „Man of Steel“ (2013) und „Batman v Superman – Dawn of Justice“ (2016) von Zack Snyder.
Weltraum-Kapitänin trifft auf Enkelsohn
Auch Hauptdarstellerin Tracy Scoogins ist für Genrefans besonders durch ihre Fernseharbeit keine Unbekannte: In der TV-Serie „Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark“ (1993–1997) war sie in 21 Folgen als Cat Grant zu sehen. In „Star Trek: Deep Space Nine“ wagte sich Scoogins in der Episode „Trekors Prophezeihung“ bereits in unendliche Weiten. 1998 befehligte die Schauspielerin dann als Captain Elizabeth Lochley die Raumstation „Babylon 5“ in der fünften Staffel der gleichnamigen Science-Fiction-Serie.
Mit Bentley Mitchum ist ein bekannter Nachname dabei. Der Enkelsohn von Schauspiellegende Robert Mitchum († 1997, „El Dorado“) fristet sein Dasein in B-Movies und im Fernsehen, unter anderem war er in der Stephen-King-Verfilmung „Manchmal kommen sie wieder“ (1991) dabei.
Für „Full Moon“-Einsteiger geeignet
„Demonic Toys“ gehört im riesengroßen „Full Moon“-Filmfundus zu einem der Klassiker, der im Rahmen seiner Möglichkeiten eine spannende und relativ ernsthafte Story sowie ein paar nette Puppeneffekte liefert. Peter Manoogians Werk eignet sich durchaus gut für Einsteiger, die in das Charles-Band-Universum hineinschnuppern wollen.
Die dämonischen Spielzeuge kehrten in der Fortsetzung „Tod im Spielzeugland“ (1993) zurück. Der Originaltitel verdeutlicht, dass im zweiten Teil zwei „Full Moon“-Franchises aufeinandertreffen: „Dollman vs. Demonic Toys“. Der aus „Dollman“ (1991) bekannte Cop Brick Bardo trifft auf die Spielkameraden. Wer das Duell „Klein gegen klein“ wohl gewinnen wird?
Die Filme der „Full Moon Classic Selection“ und der „Full Moon Collection“ der Wicked-Vision Distribution GmbH haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgelistet.
Veröffentlichung: 24. Mai 2019 als Blu-ray, 25. März 2016 als Mediabook (Blu-ray & 2 DVDs in drei Covervarianten), 28. März 2003 als DVD
Länge: 83 Min. (Blu-ray), 80 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Demonic Toys
USA 1992
Regie: Peter Manoogian
Drehbuch: David S. Goyer, Charles Band
Besetzung: Tracy Scoggins, Bentley Mitchum, Daniel Cerny, Peter Schrum, Jeff Celentano, Michael Russo, Barry Lynch, Ellen Dunning, Richard Speight Jr., Larry Cedar
Zusatzmaterial 2019: Audiokommentar mit Marco Erdmann vom Wicked-Vision Magazin, Director’s Cut (82:59 Min.), Videozone (7:36 Min.), Interview mit Charles Band (7:03 Min.), Re-Release-Trailer (1:30 Min.), deutscher Trailer (SD 1:18 Min. & HD 1:17 Min.), Originaltrailer (SD 1:20 Min. & HD 1:17 Min.), Wendecover mit Originalartwork
Label/Vertrieb 2019: Wicked-Vision Media (heute: Wicked-Vision Distribution GmbH) / Full Moon Germany
Label/Vertrieb 2016: ’84 Entertainment
Label/Vertrieb 2003: X-Rated
Copyright 2023 by Andreas Eckenfels
Gruppierter Packshot: © 2019 Wicked Vision Distribution GmbH