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The Day After Tomorrow – Donald Trump wäre „not amused“

The Day After Tomorrow

Von Volker Schönenberger

SF-Katastrophenthriller // Eine Eisscholle von der Größe des US-Staats Rhode Island löst sich vom an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel gelegenen Larsen-Schelfeis. Über Tokio geht ein Hagelschauer von großer Zerstörungskraft nieder. Die indische Hauptstadt Neu-Delhi muss sich mit massivem Temperatursturz und Schneefall herumplagen – passenderweise findet dort gerade die UN-Klimakonferenz statt. Der US-Paläoklimatologe Jack Hall (Dennis Quaid) trägt dort seine Erkenntnisse über eine erdgeschichtliche Eiszeit in der vormenschlichen Vergangenheit vor. Ihm zufolge haben abschmelzende Eismassen der Polkappen den Wärme spendenden Golfstrom zum Erliegen gebracht. Mit seinen Schlussfolgerungen für die Zukunft macht er sich speziell beim US-Vizepräsidenten Raymond Becker (Kenneth Welsh) nicht gerade beliebt.

Temperatursturz im Nordatlantik

Gehör findet Hall immerhin beim renommierten Ozeanographen Terry Rapson (Ian Holm). Der stellt kurz darauf in seiner schottischen Forschungseinrichtung fest, dass diverse im Nordatlantik treibende Messbojen massive Temperaturstürze melden. Halls Theorie bestätigt sich somit viel früher, als er es sich selbst je ausgerechnet hätte. Die Katastrophenmeldungen reißen nicht ab: Los Angeles wird von gigantischen Tornados heimgesucht, die die kalifornische Metropole in Schutt und Asche legen. Über der Nordhalbkugel brauen sich drei gigantische Stürme zusammen, in deren Auge die Temperatur rasend schnell auf enorm niedrige Werte fällt, weil kalte Luft aus der oberen Troposphäre heruntergesaugt wird. Die Vereinigung dieser drei Hurrikans beschwört eine neue Eiszeit herauf …

Tornados über Los Angeles

Roland Emmerich – der „Master of Disaster“. Ob er die Bezeichnung gern hört? Aber dass sie verdient ist, sieht man allein schon an der Szene, in der eine gigantische Flutwelle erst die Freiheitsstatue bis an den Hals unter Wasser setzt und dann über Manhattan hereinbricht. Dort hält sich gerade Jack Halls Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) mit seiner von ihm angeschmachteten Mitschülerin Laura Chapman (Emmy Rossum) und seinem Schulkameraden Brian Parks (Arjay Smith) auf. Mit Müh und Not retten sie sich wie viele andere vor den Wassermassen in die New York Public Library. Bald sind die Straßen des Big Apple von einer meterdicken Eisschicht bedeckt. Und während weiter Schnee fällt, müssen die Eingeschlossenen entscheiden, ob sie in der Bibliothek ausharren oder sich auf den Weg machen.

Vater und Sohn

Aaah – Hollywoods Klaviatur der Gefühle. Darauf muss man auch und gerade in Blockbustern wie diesem erst mal spielen können. Und man kann über Roland Emmerich sagen, was man will, das beherrscht er. So findet sich in diesem spektakulären Katastrophen-Szenario ausreichend Zeit für eine Vater-Sohn-Geschichte. Diese „family values“ verkörpern mit Dennis Quaid und Jake Gyllenhaal zwei sympathische Darsteller, die sich dafür vortrefflich eignen.

Kaum in New York City eingetroffen, müssen sich Sam (r.), Brian und Laura …

Die Tricktechnik beeindruckt, auch wenn ich glaube, dass sich seitdem einiges getan hat und beispielsweise die Flutwelle heute etwas knackiger aussehen würde. Die Eröffnungssequenz zeigt einen Flug über antarktisches Eis – es kommt vollständig aus dem Computer. Tote zu sehen gibt es nur wenige – so ist es in diesen großen Hollywood-Katastrophenfilmen üblich. Zwar sterben mutmaßlich viele Millionen Menschen, das erleben wir visuell aber nicht mit, sondern eher anhand einiger Einzelschicksale. Etwa mit einem Polizisten, der in gutem Glauben die falsche Entscheidung trifft und damit sich und viele andere dem Tod überantwortet. Auch in diesen Momenten versteht es Emmerich, die Emotionen in uns zu berühren. Das kann man für pathetisch und plump halten, aber es funktioniert.

Eiszeit von jetzt auf gleich?

Wenn uns am Ende die moralische Botschaft mit aller Macht um die Ohren gehauen wird, ist das natürlich ein bisschen viel des Guten. Andererseits macht das „The Day After Tomorrow“ auch wieder erschreckend aktuell. Ein Weckruf in Richtung globale Erwärmung sollte der Film sein, und das war vor mehr als anderthalb Jahrzehnten. Die wissenschaftliche Akkuratesse vermag ich nicht zu beurteilen, aber zumindest klingt einiges plausibel, was sich dort abspielt. Dass schmelzende Polkappen etwas mit dem Golfstrom anrichten, ist zumindest kein hergeholter Gedanke. Was genau all das anrichtet, gehört in den Bereich Spekulation, oder, sofern es auf wissenschaftliche Weise etwas seriöser untersucht wird: Es sind Hypothesen – und im Falle von „The Day After Tomorrow“ von mir aus auch Unfug. Dass eine Eiszeit innerhalb weniger Wochen ausbrechen kann, mag dramaturgischen Notwendigkeiten für einen Katastrophenthriller geschuldet sein. Oder es war einfach eine überkandidelte Drehbuchidee.

… vor den Wassermassen in Sicherheit bringen

Richtiggehend politisch wird „The Day After Tomorrow“, wenn massenweise US-Bürger durch den Rio Grande waten und als „illegale Einwanderer“ in Mexiko eindringen. Ein schöner Seitenhieb auf die damalige und heutige amerikanische Regierung gleichermaßen sowie beider Gebaren bezüglich der Grenze zum südlichen Nachbarn. Das ist seitdem ja nicht besser geworden. Donald Trump dürfte an Roland Emmerichs Regiearbeit jedenfalls in jeder Hinsicht keinen Gefallen finden. Das wiederum kommt geradezu einem Ritterschlag gleich.

Roland Emmerich und sein Werk

Roland Emmerich wird insbesondere in seiner deutschen Heimat gern mal mit Häme überzogen. An erfolgreichen Menschen etwas aussetzen, das tun wir offenbar gern. Natürlich ist es völlig in Ordnung, Kritikpunkte an seinen Werken anzusprechen (das praktiziere ich auch) und sie nicht nur deshalb zu feiern, weil er es geschafft hat, einen Larger-than-Life-Blockbuster nach dem anderen auf uns loszulassen. Von seinen frühen Arbeiten wie „Das Arche Noah Prinzip“ (1984), „Moon 44“ (1990) und „Universal Soldier“ (1992) bis zu seinem jüngsten Kriegsdrama „Midway – Für die Freiheit“ (2019) hat der Regisseur von „Independence Day“ (1998) uns immer wieder Effekt-Kintopp sondergleichen serviert. Wegen dieser bombastischen Filme gehen wir gern ins Kino (zumindest manche von uns). Popcorn-Kino im besten Sinne. Und wenn ich mir Emmerichs Regisseurs-Filmografie vor Augen führe, stelle ich fest, dass „The Day After Tomorrow“ vielleicht sogar mein Favorit unter seinen Arbeiten ist. Und sei es nur, um mich von Donald Trump zu distanzieren.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Roland Emmerich haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Jake Gyllenhaal, Ian Holm, Dennis Quaid und Nestor Serrano unter Schauspieler.

New York City wird von Schnee und Eis begraben

Veröffentlichung: 19. Juli 2018 und 23. Oktober 2009 als Blu-ray, 1. Dezember 2016 als Blu-ray im Steelbook (exklusiv bei einem Online-Händler), 7. Oktober 2004 als 2-Disc Special Edition DVD und DVD

Länge: 124 Min. (Blu-ray), 119 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch u. a.
Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.
Originaltitel: The Day After Tomorrow
USA 2004
Regie: Roland Emmerich
Drehbuch: Roland Emmerich, Jeffrey Nachmanoff
Besetzung: Dennis Quaid, Jake Gyllenhaal, Emmy Rossum, Ian Holm, Dash Mihok, Jay O. Sanders, Sela Ward, Austin Nichols, Arjay Smith, Tamlyn Tomita, Sasha Roiz, Perry King, Kenneth Welsh, Nestor Serrano
Zusatzmaterial Blu-ray: Audiokommentar, Spiel: „Kälte Zone“, nicht verwendete Szenen mit optionalem Kommentar, Trailer
Zusatzmaterial DVD: Audiokommentar von Roland Emmerich und Mark Gordon (englisch, keine UT), Audiokommentar von Ko-Autor Jeffrey Nachmanoff, Kameramann Ueli Steiger, Cutter David Brenner und Ausstatter Barry Chusid (englisch, keine UT), Interview mit Emmerich (13:51), Inside Look: Making-of von „Alien vs. Predator“ (2:10), nur Special Edition: nicht verwendete Szenen, Featurettes („Wissenschaft von Morgen“, „Inside The Day after Tomorrow“, „Global Watch“, „Stadt in Eis“), Schuber
Label/Vertrieb: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2020 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © Twentieth Century Fox Home Entertainment

 

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Bibber! The Colony – Hell Freezes Over

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The Colony

Von Volker Schönenberger

SF-Horror-Action // In einer nicht allzu fernen Zukunft hat sich eine Eiszeit auf der Erde ausgebreitet und einen Großteil der Menschheit dahingerafft. Ununterbrochen fällt Schnee. Einige versprengte unterirdische Kolonien beherbergen die Überlebenden. In der von Briggs (Laurence Fishburne) geleiteten Kolonie 7 herrscht ein strenges Regiment, was die grassierende Grippe angeht: Erkrankte kommen in Quarantäne, tritt keine Besserung ein, dürfen sie zwischen Erschießung und dem tödlichen Gang in die Kälte wählen. Speziell der unnachgiebige Mason (Bill Paxton) setzt diese Regel mit eiserner Hand durch.

Eines Tages empfängt Kolonie 7 ein Notsignal von Kolonie 5. Briggs bricht mit dem jungen Sam (Kevin Zegers) und einem weiteren Begleiter auf, um herauszufinden, was dort vor sich geht. Während der gefährlichen Expedition in der Kälte ahnen die drei Männer nicht, dass ihnen am Ziel eine grausame Überraschung blüht.

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Mason (r.) kennt keine Gnade

Kalt ist’s! Zum Teil im finnischen Lappland gedreht, verströmt „The Colony – Hell Freezes Over“ genau die eisige Atmosphäre, die er verströmen soll. Die postapokalyptischen, teils am Computer entstandenen Eiswelten sehen trotz des eher geringen Budgets von geschätzten 16 Millionen US-Dollar gut aus. Das gilt beispielhaft etwa für eine zerfallende Brücke – sie muss von dem kleinen Trupp zweimal überwunden werden. Klar – die visuelle Wucht eines Big-Budget-Films wie „The Day After Tomorrow“ erreicht der Film nicht, aber er macht aus seinen begrenzten Mitteln eine Menge.

Blutige Action ungeschnitten

Viel Spannung bringt die Ungewissheit – was erwartet die Expedition während ihres Trips und erst am Ziel? Hält sich die Action zu Beginn im Rahmen, geht’s im letzten Drittel des Films deutlich rasanter zur Sache – dann wird’s auch blutig. Die geplante 16er-Altersfreigabe scheiterte – zu Recht – an der FSK, aber immerhin ist die FSK-18-Fassung ungeschnitten. Gut so.

Wo Fishburne und Paxton draufsteht, ist meist anständiges Schauspiel drin – so auch bei „The Colony“. Auch der aus „Chroniken der Unterwelt – City of Bones“ bekannte Kevin Zegers überzeugt. Insgesamt gesehen bietet „The Colony – Hell Freezes Over“ einen gelungenen Beitrag zum Endzeitgenre auf besserem B-Movie-Niveau. Wer apokalyptischen Visionen etwas abgewinnen kann, darf bedenkenlos mehr als ein Auge riskieren. Aber warm anziehen!

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Laurence Fishburne und Bill Paxton haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Veröffentlichung: 25. Oktober 2013 als Blu-ray und DVD

Länge: 95 Min. (Blu-ray), 91 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Niederländisch
Originaltitel: The Colony
KAN 2013
Regie: Jeff Renfroe
Drehbuch: Jeff Renfroe, Patrick Tarr, Pascal Trottier, Svet Rouskov
Besetzung: Kevin Zegers, Laurence Fishburne, Bill Paxton, Charlotte Sullivan, Dru Viergever
Zusatzmaterial: Behind the Scenes
Label: splendid film
Vertrieb: WVG Medien GmbH

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Den kleinen Trupp erwartet das Grauen

Copyright 2013 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2013 splendid film

 

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