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Horror für Halloween (VIII): Finale – Foltershow in Dänemark

Finale

Von Lucas Knabe

Horrorthriller // „Finale“, ein Wort das unschuldig anmutet und umgangssprachlich beispielsweise das Endspiel eines Fußballturniers oder den Schlussteil einer Operette bezeichnen kann. Hier ist es der Titel eines Films aus der Fantasie von Søren Juul Petersen aus Dänemark – das Label Pierrot Le Fou hat seine bislang einzige Regiearbeit als formschönes Mediabook in der beliebten Uncut-Reihe veröffentlicht.

Der Ringmaster des Abends

Doch zurück zum Begriff „Finale“ und den skurrilen Bezügen zwischen Horror und Sport. Denn so abwegig die Verbindungen zwischen dem selbsternannten Torture-Porn und einem beliebigen Fußballfinale auch erscheinen mögen, so sehr sind eben jene Variablen dafür verantwortlich, dass die Tankstellenmitarbeiterinnen Agnes Berger (Anne Bergfeld) und Belinda Andersen (Karin Michelsen) in ein perfides Spiel verwickelt werden, das ihre Leben zur Unterhaltung eines Publikums in „Hostel“-ähnlicher Manier herausfordert.

In drei Erzählebenen zum Ziel

„Finale“ macht keinen Hehl daraus, dass er ein Publikum im doppelten Sinne direkt ansprechen will: einmal das reale Publikum, einmal das im Film. Schon zu Anfang tritt ein als Weißclown gekleideter untersetzter Mann (Lars Knutzon) auf eine Theaterbühne und durchbricht die vierte Wand, indem er mit einem stetigen Blick in die Kamera den folgenden Schrecken ankündigt und dies mit der Warnung verbindet, der gezeigte Film sei nichts für schwache Nerven. Danach startet der Film klassisch achronologisch mit einer fragmentarischen Prolepse, also einem kurzen Blick auf die Schlusssituation von „Finale“, ohne dass hier viel gezeigt, erläutert oder gar gespoilert wird. Anschließend schneidet das Bild in die Gegenwart der sonnengesäumten Idylle dänischer Wiesen und Felder hinein, was gleichzeitig den chronologischen Ausgangspunkt markiert.

Ja – Folter kann schmerzhaft ausfallen

An einer abgelegenen Tankstelle am Rande der deutsch-dänischen Grenze beginnen Agnes und Belinda ihre Schicht. Doch die Kundschaft lässt an diesem Abend auf sich warten, denn die dänische Fußball-Nationalmannschaft steht im Endspiel eines großen Turniers – somit wird eben jenes Finale für die Tortur der beiden Däninnen verantwortlich sein, die fortan von zwielichtigen Gestalten auf Trab gehalten werden. Während sich die Spannung allmählich nach oben schraubt, geht der Horrorthriller mehrmals in eine Vorblende, zeigt gleichzeitig, was mit den jungen Frauen passieren wird, und lässt uns damit an einem Folter-Webcast teilhaben, bei dem die Klicks mit steigender Intensität der Foltermethoden förmlich in die Höhe schießen.
Was erst mal verwirrend klingt, entpuppt sich beim Sehen allerdings als interessantes Stilmittel, da beide Erzählebenen einander später im Leitproblem des Films bereichern und später zu einem linearen Verlauf fusionieren, sodass der Redneck-Horror, der an den Handlungsstrang der Tankstelle gebunden ist, durch Einlagen des Torture-Horrors unterbrochen wird und sich schließlich in einem aufreibenden und überraschenden Katz- und Mausspiel“ mit dem klassischen „Final Girl“ auflöst.

Der Voyeurismus und das Verbotene

Begleitet werden die bisher geschilderten Szenen dabei durch Kameraeinstellungen, die entweder aus der Perspektive einer Überwachungskamera oder Videorecorders filmen oder aus Perspektiven, die eben jene Filmgeräte in Nahaufnahmen selbst ausschweifend umfahren. Die Kamera visualisiert in diesem Kontext also das Auge des Publikums, wie man es in ähnlicher Weise aus dem Hitchcock-Klassiker „Das Fenster zum Hof“ (1954) kennt. Das Auge schaut eben dann am motivitiertesten und angeregtesten hin, wenn etwas Tabuisiertes oder gar Groteskes auf die Netzhaut trifft, was sich in steigenden Klickzahlen und verrohten Kommentaren in der Chatzeile des Webcasts manifestiert. Die Kamera fungiert in Verbindung mit dem Internet als anonymer Weg, der Moral und Zivilisation kurzzeitig zu entfliehen, um morbiden oder archaischen Gelüsten nachzugehen, welche die gleichen psychischen Mechanismen ansprechen, die schon in vergangenen Epochen bei Opferungen, Hinrichtungen oder andere Riten im Menschen vorherrschend waren. Der Film verweist auf diesen historischen Hintergrund durch ein szenisches Gemälde eines Gladiatorenspiels, das man den gesamten Abspann betrachten kann und das ganz im Sinne des modifizierten Slogans „Blut und Spiele“ die inhärente Lust des Menschen an fremdem Leid verkörpert. Der Zuschauer von „Finale“ wird somit in die kontextuelle Lage des Gladiatorenkampfzuschauers versetzt – oder eben des Zuschauers eines Folter-Webcasts –, um die Wirkungsweisen und Mechanismen aus einer reflexiven Sicht zu erleben und wahrzunehemen, dass im Menschen noch immer Blutdurst vorhanden ist.

Trotz Splatter ein kritischer Tenor

Verarbeitet werden die Themen der Entwürdigung, Gewalt und der Verrohung der Gesellschaft durch den Einfluss der Technisierung im Zusammenspiel mit dem Menschen als reaktionäres und biologisches Wesen kritisch. Zwar reizt der Film die Grenzen des Torture-Horrors streckenweise aus und spart nicht mit der Konstruktion schockierender Momente, die allesamt ein sehr gutes Erscheinungsbild abgeben und auf CGI-Effekte augenscheinlich verzichten. Dazu schrecken die Montagen nicht vor dem Zeigen abgetrennter Körperteile und dem Fließen von viel Blut in den Folterszenen zurück. Henker der fleischlichen Szene ist ein Sprechstallmeister, der mit aufgeputschter Gestik und bizarrem Humor durch die Show-Einlagen führt. Doch als eigentliches Feindbild erweist sich die Webcam der poppigen Foltershow als ein verlängerter Arm einer dekadenten und sensationslüsternen Gruppierung von Menschen, welche Geld zahlen, um das körperliche Leid anderer aus sicherer Distanz im Rahmen ihrer ganz privaten Unterhaltung zu nutzen. Als ein Film von zeitgemäßer Optik und solidem Handwerk wühlt er bemüht in der Trickkiste, um die Abgründe des modernen menschlichen Seins und seinen tiefsitzenden Begierden in einem sehenswerten Horrorthriller darzubieten.

Gibt es einen Ausweg?

Veröffentlichung: 5. Juni 2020 als limitiertes 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD)

Länge: 100 Min. (Blu-ray), 96 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Dänisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Finale
DK 2018
Regie: Søren Juul Petersen
Drehbuch: Carsten Juul Bladt, Søren Juul Petersen, nach einem Roman von Steen Langstrup
Besetzung: Anne Bergfeld, Karin Michelsen, Damon Younger, Kristoffer Fabricius, Mads Koudal, Kim Sønderholm, Gustav Scavenius, Lars Knutzon, Freya Møller-Sørensen
Zusatzmaterial: Q&A-Talk, Trailer, Booklet, Poster
Label: Pierrot Le Fou
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2020 by Lucas Knabe

Szenenfotos & Packshots: © 2020 Pierrot Le Fou

 

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Gewinnspiel: 2 x Pyewacket – Tödlicher Fluch auf Blu-ray

Verlosung

Eine Teenagerin beschwört einen Hexengeist herauf, der ihre Mutter töten soll, und versucht dann, den Fluch ungeschehen zu machen. Pierrot Le Fou hat „Pyewacket – Tödlicher Fluch“ veröffentlicht und uns zwei Exemplare zum Verlosen zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank im Namen der kommenden Gewinnerinnen und Gewinner.

Teilnahmebedingungen

Zwecks Teilnahme am Gewinnspiel begebt Ihr euch zu Andreas’ Rezension des Films und beantwortet dort (also nicht hier unter dem Gewinnspiel) bis Sonntag, 19. August 2018, 22 Uhr, im Kommentarfeld die Frage am Ende des Textes.

Seid Ihr dazu nicht in der Lage, so schreibt das einfach hin. Alle veröffentlichten Antworten landen im Lostopf. Nicht verzweifeln, wenn Ihr euren Kommentar nicht sogleich erblickt – aus Sicherheitsgründen schalten wir ihn erst frei. Das ist aber Formsache.

Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“!

Wollt Ihr kein Gewinnspiel und keine Rezension verpassen? Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“! Entweder dem Blog direkt (in der rechten Menüleiste E-Mail-Adresse eintragen und „Folgen“ anklicken) oder unserer Facebook-Seite.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen

Teilnahmeberechtigt sind alle, die eine Versandanschrift innerhalb Deutschlands haben oder bereit sind, die Differenz zum Inlandsporto zu übernehmen. Für Transportverlust übernehme ich keine Haftung (verschicke aber sicher verpackt und korrekt frankiert, bislang sind noch alle Sendungen bei den Empfängern eingetroffen). Gewinnerinnen oder Gewinner, die sich drei Tage nach meiner zweiten Benachrichtigung nicht gemeldet haben, verlieren den Anspruch auf die Blu-ray. In dem Fall lose ich unter den leer ausgegangenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Namen aus.

Autorinnen und Autoren von „Die Nacht der lebenden Texte“ sowie deren und meine Familienmitglieder dürfen leider nicht mitmachen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner werde ich im Lauf der Woche nach Ende der Frist bekanntgeben, indem ich diesen Text um einen Absatz ergänze, und sie auch per E-Mail benachrichtigen.

Gewonnen haben

– Wolfgang Brunner,
– Christian Jendraschek.

Herzlichen Glückwunsch! Ihr werdet benachrichtigt.

Die Rezension von „Pyewacket – Tödlicher Fluch“ findet Ihr auch hier.

Copyright 2018 by Volker Schönenberger

 

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