Umi ga kikoeru
Von Matthias Holm
Anime-Drama // Das war’s. Nichts geht mehr. Mit „Flüstern des Meeres“ ist nun der letzte verbleibende Studio Ghibli-Film auf Blu-ray herausgekommen. Viele der Filme haben wir – meist ich – bei „Die Nacht der lebenden Texte“ anlässlich ihrer Veröffentlichung besprochen, dementsprechend findet auch einer der weniger bekannten Filme hier seinen Platz.
Zurück in die Hafenstadt
Taku kehrt nach einiger Zeit in Tokio wieder in seine Heimatstadt Kōchi zurück. Mit seinem ehemals besten Freund Yutaka nimmt er an einem Klassentreffen teil. Doch vorher sieht Taku auf einem Bahnsteig eine junge Frau, die ihn an die Vergangenheit denken lässt – sie sieht nämlich aus wie Rikako, eine ehemalige Mitschülerin von Taku und Yutaka.
Und so erinnert sich Taku an seine letzten Schuljahre, etwa als Rikako in seine Klasse kam, das hübsche, aber schüchterne Mädchen aus der Großstadt. Richtig in die Klassengemeinschaft konnte sie sich nie integrieren und auch Taku lernt sie eher durch eine Kette von Zufällen kennen. Und wie steht eigentlich Yutaka zu Rikako?
Es fällt nicht schwer herauszufinden, in welche Richtung sich die Geschichte um die drei Schüler bewegt. Umso schöner ist es zu sehen, dass Tomomi Mochizuki seine Geschichte weit weg vom gewohnten Schmalz inszeniert, der Teenie-Romanzen meist anhängt.
Reelle Figuren
Das Drehbuch macht aus den Figuren des gleichnamigen Romans von Saeko Himuro geerdete Menschen, die sich natürlich verhalten. So ist Rikako impulsiv und schnell zornig, wenn es um den Grund ihres Umzugs geht. Taku seinerseits wird an einer Stelle ungehalten, obwohl er an dieser Stelle noch gar nicht weiß, wieso er ein solches Gefühlschaos verspürt.
Mit diesen realistischen Darstellungen gesellt sich „Flüstern des Meeres“ eher zu dem ruhigen „Tränen der Erinnerung – Only Yesterday“. Auch der Plot klingt ähnlich, die stürmischen Jugendlichen, die den Großteil der Erzählung einnehmen, verleihen „Flüstern des Meeres“ aber noch etwas mehr Schwung. Allerdings ist die realistische Herangehensweise nicht für jeden etwas und so bleibt „Die letzten Glühwürmchen“ für mich der beste Ghibli-Film, der nicht in einer Fantasy-Welt spielt – meine Liebe zu diversen anderen Filmen habe ich häufig genug bekundet.
Mindestens ebenso häufig habe ich über die Qualität der Ghibli-Blu-rays geredet. Und auch bei dieser Veröffentlichung bleiben die Pros und Kontras aller vorigen Veröffentlichungen erhalten – trotz hohem Alters ein fantastisches Bild, toller Sound, aber wenige Extras. Never change a running system.
Nun gibt es auch keine Ausreden für Sammler mehr. Alle Ghibli-Animes sind in diversen Varianten erhältlich und jeder für sich ein verdammt toller Film. Vielleicht kommt ja noch eine Gesamtausgabe in einer Sammler-Box, aber das ist nur Spekulation. „Flüstern des Meeres“ ist ein ruhig erzählter, unaufgeregter Film, der seine Zuschauer auch dazu anregt, über die eigene Schulzeit nachzudenken. Ein schöner Abschluss.
Veröffentlichung: 15 Juli 2016 als Blu-ray und DVD, 9. Oktober 2009 als Doppel-DVD
Länge: 75 Min. (Blu-ray), 69 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK freigegeben ohne Altersbeschränkung
Sprachfassungen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Umi ga kikoeru
JAP 1993
Regie: Tomomi Mochizuki
Drehbuch: Kaori Nakamura, nach einem Roman von Saeko Himuro
Zusatzmaterial: Storyboards zum kompletten Film, Japanischer Original-Trailer, Making Of, Original Opening & Ending, Studio Ghibli Trailershow
Vertrieb: Universum Film
Copyright 2016 by Matthias Holm
Szenenbilder & Packshot: © 2016 Universum Film