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Suburra – 7 Tage bis zur Apokalypse: Meisterhaftes Mafia-Epos

Suburra

Von Volker Schönenberger

Mafia-Thriller // Eine Debatte im italienischen Parlament endet. Filippo Malgradi (Pierfrancesco Favino), Abgeordneter einer der Regierungsparteien, gönnt sich eine Auszeit und vergnügt sich in einem edlen Hotel mit zwei Prostituierten und ein wenig Rauschgift. Doch dann liegt die jüngere der beiden Frauen – eine Minderjährige – tot auf dem Bett. Malgradi zieht von dannen und überlässt es Sabrina (Giulia Gorietti), ihre tote Kollegin zu „entsorgen“.

Korrupt und gierig – Filippo Malgradi ist der Inbegriff des italienischen Parlamentariers

Der Auftakt von „Suburra – 7 Tage bis zur Apokalypse“ gibt mit hypnotischem Score des französischen Dreampop-Duos M83 die Stimmung vor, die sich bis zum Ende durch den Film ziehen wird. Während sich Malgradi in Rom noch vergnügt und im Drogenrausch im Regen vom Balkon strullert, wird anderswo ein Mann von einem Auto totgefahren – ein brutaler Mord. Am Strand von Roms Küstenstadtteil Ostia brennt ein Gebäude ab, direkt daneben prügelt der als Numero 8 bekannte Gangster Aureliano Adami (Alessandro Borghi) einen Gefesselten zusammen, dem er eine Unterschrift abringen will.

Wer nicht spurt, dem wird gezeigt, wo der Hammer hängt

 

Der Upper-Class-Zuhälter Sebastiano (Elio Germano) trifft abends seinen Vater. Er wimmelt ihn ab, und kurz darauf springt der alte Herr von einer Brücke in den Tiber. Er war bei der Anacleti-Familie hoch verschuldet. Patriarch Manfredi Anacleti (Adamo Dionisi) überträgt kurzerhand die Schulden des Vaters auf den Sohn und verlangt von Sebastiano dessen gesamten Besitz. Und dann ist da noch der Mafioso Samurai (Claudio Amendola), eine graue Eminenz mit großem Einfluss. Es geht um Geld, viel Geld – ein Projekt zur Uferbebauung in Ostia steht an, das aus dem Bezirk ein zweites Las Vegas machen soll. Dafür soll der korrupte Malgradi im Auftrag von Samurai ein Gesetz durchboxen, bevor eine dräuende Regierungskrise eskaliert.

Eine tote Prostituierte wird beiseitegeschafft

Der Titel „Suburra“ bezieht sich auf Subura, den Namen eines Stadtviertels im antiken Rom. Die Story des Films spielt sich an sieben Tagen des Jahres 2011 ab, aufgefangen wird das mit einem Texttafel-Countdown, der die einzelnen Handlungsabschnitte einleitet. Stefano Sollima saß auch für die hochgelobte Mafia-Serie „Gomorrha“ sowie zuvor „Romanzo Criminale – Der Pate von Rom“ auf dem Regiestuhl. Mit „Suburra – 7 Tage bis zur Apokalypse“ beweist er erneut, wie meisterhaft er das organisierte Verbrechen zu inszenieren vermag. Sogar der Vatikan mischt mit, wenn sich Korruption und Gewalt Bahn brechen und ein Geflecht des Verbrechens auftut. Dabei weiß man als Zuschauer gar nicht, wen man mehr verabscheuen soll – die so brutalen wie hemmungslosen Mafiosi oder die käuflichen Politiker.

Numero 8 hat eine Schwäche für die drogensüchtige Viola

Helden oder irgendwie geartete Figuren mit Identifikationspotenzial gibt es keine. Das erschwert gemeinhin den Zugang zu einem Film, bei „Suburra“ ist das aber nicht der Fall. Schnell entfaltet die Story eine Sogwirkung. Das zu Beginn einigermaßen zügig eingeführte Figurenensemble verwirrt gar nicht mal, der geübte Filmgucker bringt die Fäden problemlos zusammen. Dabei ist „Suburra“ weitaus stylischer als beispielsweise Matteo Garrones trister und niederdrückender „Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra“, 2008 nach Roberto Savianos Vorlage gedreht.

Geht es für Malgradi nur noch aufwärts?

2015 hat Netflix für 2017 eine Serien-Umsetzung von „Suburra“ angekündigt. Die Dreharbeiten begannen im Herbst 2016. Angesichts der Qualität der Kinoadaption des Romans dürfen wir uns drauf freuen. „Throw in a glacially cool M83 score and you have a Mafia thriller of which even Scorsese would be proud.“ So schrieb es Phil De Semlyen, der Rezensent der englischen Filmzeitschrift „Empire“. Nun hat Martin Scorsese mit „Casino“ (1995) und vor allem „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ (1990) natürlich zwei der ganz großen Mafia-Epen der Filmgeschichte vorgelegt, die Latte hängt unermesslich hoch. Aber sollte der Gute „Suburra“ bislang noch nicht geschaut haben, dann wird es höchste Zeit, dass ihm jemand den italienischen Mafia-Thriller empfiehlt. Es würde mich sehr wundern, wäre Scorsese nicht äußerst angetan.

Samurai zieht im Hintergrund die Fäden

Veröffentlichung: 8. Juni 2017 als Blu-ray und DVD

Länge: 130 Min. (Blu-ray), 125 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Suburra
IT/F 2015
Regie: Stefano Sollima
Drehbuch: Sandro Petraglia, Stefano Rulli, Giancarlo De Cataldo, Carlo Bonini, nach einem Roman von Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini
Besetzung: Pierfrancesco Favino, Greta Scarano, Alessandro Borghi, Jean-Hugues Anglade, Elio Germano, Giulia Gorietti, Claudio Amendola, Marco Quaglia, Lidia Vitale, Adamo Dionisi
Zusatzmaterial: Hinter den Kulissen, deutsche Kinotrailer (FSK 12 & FSK 16), deutscher Kurztrailer, italienischer Trailer, Bildergalerie
Vertrieb: Koch Films

Copyright 2017 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2017 Koch Films

 

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