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The Deep – Vom Überleben im kalten Atlantik

17 Nov

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Djúpið

Von Volker Schönenberger

Drama // Ein Netz verhakt sich unter Wasser, ein Fischkutter kentert vor Island, Überlebende versuchen, sich am Kiel festzuhalten, doch bald ist nur noch einer übrig: Besatzungsmitglied Gulli (Ólafur Darri Ólafsson). Hoffnung kommt auf, als sich ein anderes Schiff nähert, aber Gullis Hilfeschreie verhallen ungehört. Und das rettende Ufer ist weit …

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Der Fischkutter kentert

Regisseur Baltasar Kormákur („101 Reykjavík“, „Contraband“) verfilmte eine wahre Geschichte, die sich 1984 zugetragen hat: Der 22-jährige Guðlaugur Friðþórsson schwamm mehr als fünf Stunden durch den eisigen Atlantik, bis er schließlich an einer felsigen Steilküste an Land ging. Anschließend musste er – unterkühlt und zu Tode erschöpft, wie er war – drei Stunden über scharfkantiges Lavageröll stolpern, bis er schließlich ein Haus erreichte. Ein deutschsprachiger Abriss über Guðlaugurs Überlebenskampf findet sich hier, ein englischer hier.

Basierend auf Interview mit Guðlaugur Friðþórsson

Im Abspann von „The Deep“ sind kurz nach dessen Rettung entstandene Interviewausschnitte mit Guðlaugur zu sehen. Kormákur hat eigenen Angaben zufolge das vollständige Interview verwendet, um Details über Guðlaugurs Überlebenskampf zu erfahren. Er habe ihn im Vorfeld der Dreharbeiten zwar mehrfach gesprochen, Guðlaugur sei aber nicht bereit gewesen, am Film mitzuwirken.

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Gulli ruft vergeblich um Hilfe, …

Der Regisseur bemüht sich um eine bis ins Detail authentische, geradezu dokumentarische Erzählweise. Das ist Fluch und Segen zugleich: Die Dramaturgie der Nacherzählung der echten Ereignisse zieht den Film am Ende etwas in die Länge, wenn Gulli aufwändig untersucht wird und sich Experimenten unterzieht, mit denen ermittelt werden soll, wie ein Mensch so lange im kalten Wasser überleben konnte. Das hat keine Spannung mehr. Es wirkt zwar kurios, wenn der etwas fettleibige Gulli mit einigen durchtrainierten Kerlen in ein Becken mit kaltem Wasser steigt und einer nach dem anderen unterkühlt aufgibt, während Gulli weiter vor sich hin strampelt; doch der zentrale Bestandteil des Films – Gullis Überlebenskampf – ist zu dem Zeitpunkt schon längst vorüber, der ihm folgende Epilog zu lang, um interessant zu sein. Gullis Schwimmen im Atlantik hingegen ist zwar von großer Intensität – Kälte und Anstrengung kommen spürbar beim Zuschauer an –, jedoch vergleichsweise kurz geraten. In dem dokumentarischen Erzählstil durfte diese Sequenz auch nicht länger sein, sie wäre sonst langweilig geraten. Ein paar künstlerische Freiheiten hätten an dieser Stelle unter Umständen mehr gebracht.

Ums Leben schwimmen

Vorteil dieser Form der Inszenierung ist die Abwesenheit von Pathos und Hollywood-Heldentum. Gulli ist ein einfacher Mann, der das tut, was er tun muss, um zu überleben: schwimmen. Lakonisch zeigt Baltasar Kormákur das Auslaufen des Fischkutters ebenso wie dessen Kentern bis hin zur Rettung Gullis, der an eine Tür klopft und erst einmal für einen Besoffenen gehalten wird. Das Geschehen spricht ohne Effekthascherei stets für sich – und das reicht auch völlig aus. Bei den genannten Kritikpunkten bleibt somit doch festzuhalten: „The Deep“ ist ein feiner, kleiner Film über eine große Überlebensleistung, der durch seine Ruhe und Beiläufigkeit eine Wirkung von spröder Schönheit erzielt.

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… kann sich aber schließlich an Land retten

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Baltasar Kormákur haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet.

Veröffentlichung: 5. November 2013 als Blu-ray und DVD

Länge: 92 Min. (Blu-ray), 92 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Isländisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Djúpið
ISL 2012
Regie: Baltasar Kormákur
Drehbuch: Jón Atli Jónasson, Baltasar Kormákur
Besetzung: Ólafur Darri Ólafsson, Jóhann G. Jóhannsson, Thora Bjorg Helga, Theodór Júlíusson, María Sigurðardóttir, Björn Thors
Zusatzmaterial: Trailer, Trailershow
Label/Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment

Copyright 2013 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & Packshot: © 2013 Ascot Elite Home Entertainment

 

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