RSS

Archiv für den Monat November 2019

Gewinnspiel: 2 x Buffalo Boys auf Blu-ray

Verlosung

Öfter mal was Neues: ein Western aus Indonesien und Singapur. Die Busch Media Group hat „Buffalo Boys“ von 2018 hierzulande veröffentlicht und uns zwei Blu-rays zum Verlosen zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank im Namen der kommenden Gewinnerinnen und Gewinner.

Teilnahmebedingungen

Zwar bringt es mir Spaß, Filme unter die Leute zu bringen, weil sich die überwältigende Mehrzahl der Gewinnerinnen und Gewinner aufrichtig freut und höflich bedankt. Dennoch geht der Versand etwas ins Geld, zumal „Die Nacht der lebenden Texte“ nach wie vor keinen Cent Ertrag abwirft (die unten ab und zu eingeblendete Werbung schaltet WordPress). Daher: Auf völlig freiwilliger Basis darf mir jede/r Gewinner/in gern anbieten, das Porto in Höhe von 1,55 Euro zu übernehmen – oder höher beim Wunsch nach versichertem Versand. Gebt mir das aber bitte nicht schon im Kommentar mit eurer Antwort bekannt, sondern erst im Gewinnfalle. Ich will nicht in Verdacht geraten, die Sieger danach zuzuteilen.

Zwecks Teilnahme am Gewinnspiel begebt Ihr euch zu meiner Rezension des Films und beantwortet dort (also nicht hier unter dem Gewinnspiel) bis Sonntag, 8. Dezember 2019, 22 Uhr, im Kommentarfeld die Frage am Ende des Textes.

Seid Ihr dazu nicht in der Lage, so schreibt das einfach hin. Alle veröffentlichten Antworten landen im Lostopf. Nicht verzweifeln, wenn Ihr euren Kommentar nicht sogleich erblickt – aus Sicherheitsgründen schalten wir ihn erst frei. Das ist aber Formsache.

Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“!

Wollt Ihr kein Gewinnspiel und keine Rezension verpassen? Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“! Entweder dem Blog direkt (in der rechten Menüleiste E-Mail-Adresse eintragen und „Folgen“ anklicken) oder unserer Facebook-Seite.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen

Teilnahmeberechtigt sind alle, die eine Versandanschrift innerhalb Deutschlands haben oder bereit sind, die Differenz zum Inlandsporto zu übernehmen. Für Transportverlust übernehme ich keine Haftung (verschicke aber sicher verpackt und korrekt frankiert). Ich benötige obendrein die Zusage, dass die Sendung nicht von Minderjährigen entgegengenommen werden kann. Gewinnerinnen oder Gewinner, die sich drei Tage nach meiner zweiten Benachrichtigung nicht gemeldet haben, verlieren den Anspruch auf die Blu-ray. In dem Fall lose ich unter den leer ausgegangenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Namen aus.

Nur eine Teilnahme pro Haushalt. Ich behalte mir vor, Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht für den Lostopf zuzulassen oder ihnen im Gewinnfall nachträglich den Preis abzuerkennen, sofern mir Mehrfachteilnahmen unter Alias-Namen unterkommen. Autorinnen und Autoren von „Die Nacht der lebenden Texte“ sowie deren und meine Familienmitglieder dürfen leider nicht mitmachen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner werde ich im Lauf der Woche nach Ende der Frist bekanntgeben, indem ich diesen Text um einen Absatz ergänze, und sie auch per E-Mail benachrichtigen.

Gewonnen haben

– Dirk Busch,
– Tobias Sunderdiek.

Herzlichen Glückwunsch! Ihr werdet benachrichtigt.

Die Rezension von „Buffalo Boys“ findet Ihr auch hier.

Copyright 2019 by Volker Schönenberger

 

Schlagwörter: , , , , , , ,

Auslöschung – Die Farbe aus dem All

Annihilation

Von Volker Schönenberger

SF-Horror-Abenteuer // Eine Frau (Natalie Portman) sitzt in einem abgeschlossenen Raum. Durch große Scheiben wird sie von in weißen Kitteln gekleideten Menschen beobachtet, ein Mann (Benedict Wong) im Schutzanzug steht vor ihr und verhört sie. Offenbar war sie Teil einer Gruppe, der etwas zugestoßen ist. Er fragt sie nach verschiedenen Namen. Was weiß sie?

Unter scharfen Quarantänevorkehrungen wird Lena verhört

Im Anschluss sehen wir einen kleinen Meteoriten in unmittelbarer Nähe eines Leuchtturms einschlagen – ein Ereignis, das offenbar eine ganze Weile vor obigem Prolog stattfindet. Und wir lernen die Frau kennen: Sie heißt Lena und ist Professorin für Zellbiologie. Lena lebt in Trauer, immer noch unfähig, für Freizeitspaß unter die Leute zu gehen. Doch dann steht aus heiterem Himmel ihr Mann Kane (Oscar Isaac, „Ex Machina“) im Heim der beiden, der Soldat galt seit einem geheimen Einsatz vor einem Jahr als verschollen (bis zu seinem Auftauchen dachte ich für ein paar Momente, er sei tot und Lena Witwe).

Der Schimmer breitet sich aus

Weil Kane plötzlich Blut zu spucken beginnt, ruft Lena den Notarzt. Im Krankenwagen werden die beiden allerdings von Soldaten überrascht, die sie in eine streng geheime Einrichtung bringen. Dort erfährt Lena von der Psychologin Dr. Ventress (Jennifer Jason Leigh, „Hitcher – Der Highway Killer“) Beängstigendes: Ein Meteoriteneinschlag im Nationalpark Blackwater hat ein Phänomen verursacht, das „Schimmer“ genannt wird. Dorthin ausgesandte Expeditionen kehrten nicht zurück – mit Ausnahme von Kane. Der Schimmer breitet sich langsam, aber stetig aus. Noch befindet er sich auf spärlich besiedeltem Gebiet, das problemlos evakuiert wurde. Doch nicht mehr lange, und er wird Städte erreichen …

Ihr verschollener Ehemann Kane ist wie aus dem Nichts zurückgekehrt

Unter der Führung von Dr. Ventress bricht ein fünfköpfiges Team in die Region auf. Der Sanitäterin Anya Thorensen (Gina Rodriguez, „Deepwater Horizon“), der Physikerin Josie Radek (Tessa Thompson, „Avengers – Endgame“) und der Geomorphologin Cass Sheppard (Tuva Novotny, „The King’s Choice – Angriff auf Norwegen“) schließt sich auch Lena an. Das rein weibliche Quintett dringt in eine Gegend ein, in welcher der Schimmer sonderbare Mutationen bei Flora und Fauna ausgelöst zu haben scheint.

Zweite Regiearbeit nach „Ex Machina“

In seinem Regiedebüt „Ex Machina“ (2014) beschäftigte sich der britische Roman- und Drehbuchautor Alex Garland („The Beach“, „28 Days Later“) mit der Frage, ob künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickeln kann. Mit dem Nachfolger „Auslöschung“ bleibt er der Science-Fiction zwar treu, wechselt darin aber das Themengebiet und fügt eine gehörige Dosis an Horrorelementen hinzu. Garland schickt Protagonistinnen und Publikum auf eine so reizvolle wie mysteriöse Reise in eine visuell betörende Welt, die uns einige Konzentration abverlangt und am Ende vielleicht nicht alle Fragen beantwortet.

Das Quintett der Frauen bricht ins Ungewisse auf

Mit Survival-Abenteuer scheint sich die Handlung oberflächlich schnell kategorisieren zu lassen, aber „Auslöschung“ bietet doch viel mehr als das. Zwar kommt es zügig zu einer Actionszene in Form einer ersten Attacke auf den kleinen Forscherinnentrupp, doch insgesamt inszeniert Garland das Vordringen der Expedition als ruhigen Trip ins Ungewisse. Die Frauen haben ihre Aufgaben und Qualifikationen, lassen sich auch nicht von einem zügig einsetzenden Gedächtnisverlust ins Bockshorn jagen. Unvermeidlich auftretende Konflikte wirken keinesfalls aufgesetzt, sondern schlüssig, und bei aller Fantastik wahrt „Auslöschung“ auch die innere Logik der wissenschaftlichen Prämissen, soweit ich das beurteilen kann.

Surreale Bilderpracht

Die Veränderungen, die der Schimmer verursacht, bekommen wir in überraschender Farbigkeit zu sehen, geht der Trend in der Science-Fiction allgemein doch eher in die Richtung düsterer Endzeitstimmung mit herabgesetzter Farbsättigung. Hier wird es bisweilen geradezu bunt und surreal, als habe man Halluzinogene eingeworfen. Zwischendurch erfahren wir in Rückblenden mehr über die Beziehung zwischen Lena und Kane. Wirklich bedeutsam fürs Gesamtgerüst schien mir das nicht zu sein, bringt aber immerhin Vertrautheit mit den Figuren. Das kleine Ensemble trägt die Story gemeinsam, die schauspielerischen Leistungen sind über Zweifel erhaben.

Ein Krokodil weist bizarre Mutationen auf

Der Regisseur schrieb auch das Drehbuch, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Jeff VanderMeer, der Teil 1 der „Southern Reach Trilogy“ des US-Schriftsteller bildet. Garland nahm sich offenbar Freiheiten – ich habe den Roman nie gelesen. Der Filmemacher arbeitete bereits an dem Projekt, bevor die beiden Folgebände erschienen. Nachdem VanderMeer sie veröffentlicht hatte, verzichtete Garland bewusst auf die Lektüre, um zu vermeiden, sein Skript anpassen zu müssen. Daher kann es sein, dass die Kino-Adaption von Band 2 („Autorität“) gewisse Schwierigkeiten mit sich bringen wird, sofern sie beizeiten jemand in Angriff nimmt, der an „Auslöschung“ andocken will. So oder so scheinen mir Buch und Film zumindest in Grundzügen von H. P. Lovecrafts 1927 geschriebener und veröffentlichter Kurzgeschichte „Die Farbe aus dem All“ („The Colour Out of Space“) inspiriert zu sein.

Netflix statt Kino

Nach dem Kinostart in den USA und Kanada im Februar 2018 blieb Garlands Regiearbeit in den meisten übrigen Ländern die Auswertung in Lichtspielhäusern verwehrt, stattdessen konnte „Auslöschung“ seit März 2018 über den Streaminganbieter Netflix geschaut werden – immerhin ein Jahr vor der Veröffentlichung auf Blu-ray und DVD. Das kann bedauern, wer bildgewaltige Science-Fiction gern auf der großen Leinwand schaut, um im dunklen Kinosaal ganz in die Handlung einzutauchen, entscheidend ist aber, dass diese Perle überhaupt das Licht der Welt erblickt hat. Für mich hält „Auslöschung“ das hohe Niveau von „Ex Machina“. Mit Alex Garland scheint sich ein neuer visionärer Filmemacher eine Nische zu bilden, die er hoffentlich bald mit weiteren Regiearbeiten füllt.

Die Situation gerät bedrohlich …

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Alex Garland haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Jennifer Jason Leigh und Natalie Portman unter Schauspielerinnen, Filme mit Oscar Isaac in der Rubrik Schauspieler.

… und immer bizarrer

Veröffentlichung: 14. März 2019 als Blu-ray und DVD

Länge: 115 Min. (Blu-ray), 110 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch u. a.
Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.
Originaltitel: Annihilation
GB/USA 2018
Regie: Alex Garland
Drehbuch: Alex Garland, nach einem Roman von Jeff VanderMeer
Besetzung: Natalie Portman, Jennifer Jason Leigh, Oscar Isaac, Tessa Thompson, Benedict Wong, Sonoya Mizuno, David Gyasi, John Schwab, Gina Rodriguez, Tuva Novotny, Sammy Hayman, Josh Danford
Zusatzmaterial: Featurettes („Entstehungsgeschichte und Casting“, „Aufnahmen am Drehort“, „Visuelle und Spezialeffekte“, „Zum Leuchtturm“)
Label: Paramount Home Entertainment
Vertrieb: Universal Pictures Germany GmbH

Copyright 2019 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & deutscher Packshot: © 2019 Paramount Home Entertainment

 

Schlagwörter: , , , , , , , ,

Subconscious Cruelty – Morbide Anthologie getreu dem Motto: „If It Bleeds, It Leads.“

Subconscious Cruelty

Von Lucas Knabe

Horror // Mitch Davis’ und Karim Hussains Vision vom Kino ist jene einer bewussten Grenzüberschreitung, die eine „innere Erfahrung“ im Zuschauer hervorrufen möchte. So Prof. Dr. Marcus Stiglegger über die Maximen des Produzenten und Regisseurs, die „Subconscious Cruelty“ bereits während der 1990er-Jahre im jungen Erwachsenenalter produzierten und zu Beginn des aktuellen Millenniums veröffentlichten. Doch kann die angepriesene Grenzüberschreitung in „Subconscious Cruelty“ fast 20 Jahre nach der Veröffentlichung tatsächlich die innere Erfahrung und die damit verbundene Tiefenpsychologie seines Publikums in exzentrischer Weise aufarbeiten oder handelt es sich dabei lediglich um einen mit Kunstblut aufgeblasenen Popanz, der allein durch reißerische Gedanken und abstrakte Bilder schocken möchte?

Experimentierfreudiger Exploitation-Film an den Grenzen des Menschseins

Erst einmal will ich erneut hervorheben und honorieren, dass Regisseur Karim Hussain und Produzent Mitch Davis zu Beginn der Produktion 18 beziehungsweise 19 Jahre alt sind, was in jedem und ganz besonders in diesem Fall eine beneidenswerte und bravouröse Leistung darstellt, die meine persönliche Wertung des Films vorerst in die Schranken weist. Erst recht, wenn man betrachtet, mit welchem Budget und unter welchen Faktoren ein 80-minütiger Film entstand, der auf der inszenatorischen Ebene lediglich durch seine sehr intensive Darstellung abschrecken kann. Daher möchte ich in dieser kurzen Besprechung überwiegend auf die künstlerischen Prozesse und Wirkungen eingehen, die in ihrer technischen Darstellung der Visualität und Tonalität dem lobenden Wort perfektionistisch nahekommen. Aber die, wie schon in der Teilüberschrift signalisiert, in ihrer moralischen Methodik durchaus Grenzen überschreiten, ja sogar Kunst und Tabu in die Nähe eines Konflikts treiben können.

Schwere Kost

Bereits die Struktur der Erzählung offeriert, dass man mit stereotypischen Sehgewohnten populärer Filme nicht weit kommen wird. „Subconscious Cruelty“ ist in drei autonome Kapitel untergliedert: „Human Larvae“, „Rebirth“ sowie „Rightbrain/Martyrdom“, die nach einer kurzen, aber skurrilen Exposition ihren Hass in die Welt senden. Zu Anfang des Films wird auf eine bereits veraltete medizinische Ansicht rekurriert, die besagt, die linke Hirnhälfte sei für rationales und analytisches Denken verantwortlich, wogegen die rechte Hälfte der Sitz des Instinkts sei. Um den Erkenntnissen des Films zu folgen, solle man die linke Hirnhälfte „abschalten“ – ein interessanter Schachzug. Vor Beginn der eigentlichen Handlungen greift der Film also in die Wahrnehmung seiner Zuschauer ein und versucht somit für das geeignete Mindset zu sorgen. Das Sujet der Kapitel besteht, wie Hussain selbst äußert, aus Themen, die ihn zu jener Zeit stark beschäftigten und emotionalisierten. Daher handelt es sich, wie er selbst sagt, bei „Subconscious Cruelty“ um einen von Hass erfüllten und naiven Film, der in der heißblütigen Aversion seiner selbst Probleme wie Frauenhass, Religion und Umwelt in einem eigenwilligen Narrativ verbalisiert und visualisiert.

Im Zentrum von Hussains Regiearbeit steht dabei erwartungsgemäß der Mensch selbst. Nach seiner einführenden Äußerung bieten sich nun zig Herangehensweisen an, um sein Werk inhaltlich, moralisch, ethisch, philosophisch oder symbolisch aufzudröseln und zu interpretieren, wovon ich allerdings Abstand nehmen möchte, da gerade bei diesem Film eine inhaltliche Nüchternheit wichtig ist, da man sonst schnell in einen unendlichen Strudel aberwitziger Sinnfragen hineingeraten könnte, deren jetzige Artikulierung nur unnötig einnorden, beeinflussen oder verwirren würde. Wichtiger und als Schlüssel zum Film erachte ich ohnehin dessen unbedarfte Erstsichtung, da krampfhaftes Deuten und Orakeln das Seherlebnis entscheidend mindern kann.

Zurück zum Mensch im Film: Das menschliche Individuum dient lediglich als fleischgewordener Gedanke und führt die Gedanken auf einen nicht immer greifbaren, aber immerhin kunstvoll visualisierten Sachverhalt. Ungewöhnlich ist dies insofern, als die Figuren keinerlei Worte nutzen. Man könnte sagen, dass Hussain lebendige Gemälde zeichnet und zusammenfügt, sodass Szene für Szene, also Gemälde für Gemälde, als sinnstiftende und symbolkräftige Arrangements ineinandergreifen, die mit Figurenzeichnungen sowie Charakter- und Kommunikationsmodellen konventioneller Filme nichts gemein haben.

Kultstatus im Underground

Das aufreibende Moment daran ist dabei die Verarbeitung und Darstellung von Hussains Gedanken und Intentionen. Hierbei werden zutiefst menschliche Motive durch eine selten gesehene filmische Exzentrik visualisiert, die über das Gros durchschnittlicher Sehgewohnheiten hinaus gehen dürfte – eine Visualisierung, die dem Film sehr wahrscheinlich seinen Kult-Status im Underground-Segment eingebracht hat. Andersrum könnte man mit Schärfe behaupten, dass ohne die Form der enttabuisierten menschlichen Gewalt und Brutalität, die auf ein destruktives und auflösendes Niveau gehoben wird, sich wohl weitaus weniger Menschen für die wilden und rebellierenden Gedanken eines 18- oder 19-Jährigen interessieren würden, was die künstlerische Leistung dieses Films keinesfalls schmälern soll. Die Intensität des Films und explizit der Gore-Effekte sind aber wahrscheinlich die Qualitäten, die ihn auszeichnen und die womöglich viele Interessierte letztlich zum Kauf anregen, in der Hoffnung, eine cineastische Grenzerfahrung zu erleben, die die wenigsten Filme bieten können. Der Erfolg von „Subconscious Cruelty“ scheint dies zu bestätigen.

Aus persönlicher Sicht teile ich die Lobeshymnen um den Film nur bedingt, obgleich ich den Mut und die äußerst anspruchsvolle künstlerische und audiovisuelle Verarbeitung sowie Erschließung des Inhalts zu großen Teilen beeindruckend finde, was ich mit allem Nachdruck betone. Die minutenlangen und eskalierenden Folter-Orgien, die sich Kapitel für Kapitel in anderen Gewändern mit gleicher Roheit zeigen, sodass Liter um Liter Kunstblut aus den sich windenden Opfern rausschießen, überspannen den Bogen jedoch. Was im ersten Kapitel noch atemstockend und abscheulich wirkt, verliert in in der Folge an Sprengkraft. Extreme Gore-Effekte als inszenatorischer Brandbeschleuniger funktionieren hier nur bedingt, da diese in hohem Maße inflationär genutzt werden, um ein eigentlich längst auf den Punkt gebrachtes Thema durch kannibalische Gewalt nochmals zu illustrieren, sodass man etwa verekelt oder gelangweilt fragen kann: „War das nötig?“ Gore mit noch mehr Gore zu steigern, das erweist sich hier leider als wirkungslos und wenn man keine Faszination an den morbiden Gedankenspielen Hussains findet, kann es passieren, dass man nach den ersten 40 Minuten gleichgültig und empathielos dreinschaut. Weniger flapsig formuliert: Hussains bewusst herbeigeführte Grenzüberschreitung ist Fluch und Segen zugleich.

Drei Cover der „Cinestrange Extreme Edition“

Das Mediabook der „Cinestrange Extreme Edition“ ist ansprechend aufgemacht und kommt in drei Covervarianten mit unterschiedlicher Auflagenhöhe daher, von denen Cover C dank nur 222 Exemplaren bereits vergriffen ist und auf dem Sammlermarkt im Preis steigt. 888 (Cover A) und 444 (B) Exemplare der beiden anderen Motive erscheinen üppig bemessen und auch noch lieferbar sind. Der Film ist von der FSK nicht geprüft worden, wird also im Handel so behandelt wie ein indizierter: mit Bewerbungsverbot inklusive Verbot öffentlicher Auslage. Sammler von Uncut-Filmen werden die einschlägigen Händler kennen.

Booklettext von Prof. Dr. Marcus Stiglegger

Das Bonusmaterial ist üppig ausgefallen: Außer einem viertelstündigen Intro von Regisseur Karim Hussain und einem 77-minütigen Making-of finden sich Davis’ und Hussains Kurzfilme „Divided into Zero“ (34 Minuten lang) von 1999 und „God’s Little Girl“ (16 Minuten) von 2004. Transgressives Kino der Grausamkeit nennt Prof. Dr. Marcus Stiglegger das Werk der beiden in seinem Essay „Film als Kunst der Überschreitung – Anmerkungen zum transgressiven Kino von Mitch Davis und Karim Hussain“ im Booklet des Cinestrange-Mediabooks, aus dem ich auch das diesen Text einleitende Zitat entnommen habe. Ein inhaltlich identischer, aber anders strukturierter Essay mit dem Titel „Überschreitung und Erlösung? Anmerkungen zum transgressiven Kino von Mitch Davis und Karim Hussain“ findet sich im Übrigen auch in Stigleggers 2018 veröffentlichten Buch „Grenzüberschreitungen – Exkursionen in den Abgrund der Filmgeschichte“, dem zweiten Band seiner „Grenz-Trilogie“ – nach „Grenzkontakte – Exkursionen ins Abseits der Filmgeschichte“ (2016) und vor „Jenseits der Grenze – „Im Abseits der Filmgeschichte“ (2019). Die drei Taschenbücher sind im Martin Schmitz Verlag erschienen und versammeln zahlreiche essayistische Gedanken des profilierten Film- und Kulturwissenschaftlers. Wer sich mit dem Verständnis filmischer Randerscheinungen wie „Subconscious Cruelty“ schwertut, erhält von Stiglegger einige lesenswerte Hilfestellungen mit auf den Weg.

Veröffentlichung: 21. Oktober 2019 als Blu-ray, 21. Dezember 2018 als Limited 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD, 3 Covermotive à 888, 444 und 222 Exemplare)

Länge: 80 Min. (Blu-ray), 77 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Subconscious Cruelty
KAN 2000
Regie: Karim Hussain
Drehbuch: Karim Hussain
Besetzung: Sophie Lauzière, Anne-Marie Belley, Brea Asher, Ivaylo Founev, Eric Levasseur, Janis Higgins, Nadia Simaani, Anna Berlyn, Nancy Simard, Sean Spuruey, Scott Noonan, Mitch Davis, Christopher Piggins, Martin Sauvageau, Annette Pankrac
Zusatzmaterial: Kurzfilm „Divided Into Zero“ (Englisch mit deutschen Untertiteln, 34 Min.); Kurzfilm „Gods Litte Girl“ (Englisch mit deutschen Untertiteln, 16 Min.), exklusives Intro von Regisseur Karim Hussain (Englisch mit deutschen Untertiteln, 16 Min.), Bildergalerie, Trailer; Making-of (Englisch, 77 Min.), 12-seitiges Booklet mit dem Essay „Film als Kunst der Überschreitung – Anmerkungen zum transgressiven Kino von Mitch Davis und Karim Hussain“ von Prof. Dr. Marcus Stiglegger
Label/Vertrieb: Cinestrange Extreme

Copyright 2019 by Lucas Knabe
Packshot Blu-ray & Mediabook-Covervariante C: © Cinestrange Extreme

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , ,