Mulgoe
Von Lucas Knabe
Fantasy-Horror // 1526: Der Tod versetzt die Bewohner rund um die Hauptstadt Hanyang – heute bekannt als Seoul – zur Zeit der Joseon-Dynastie in Angst und Schrecken. Man erzählt, dass um den Berg Inwangsan ein Monstrum von entsetzlicher Gestalt wohne, es die Pest verbreite und mit seinen fletschenden Kiefern und scharfen Pranken alles frisst, was sich ihm in den Weg stellt. Jedoch könnten die Leichen nicht unterschiedlicher aussehen. Während die einen durch tiefe und scharf-begrenzte Wunden getötet wurden, haben die anderen eine pockennarbige und zerfetzte Haut mit Rissen und groben Abtrennungen. Handelt es sich in Zeiten des Aufruhrs womöglich um die Existenz zweier Monstren in den Bergen vor Hanyang?
Yoon Gyeom (Myung-Min Kim) war 22 Jahre zuvor Anfang des 16. Jahrhunderts unter dem König Jin Yong (Sung-woong Park) von hohem militärischem Rang und ein ausgezeichneter Krieger. Als eine Pestepidemie in einem Dorf vor den Toren der Stadt grassierte, sollten die Dorfbewohner allesamt hingerichtet werden, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. In diesem Inferno rettete Yoon Gyeom das kleine Mädchen Myung, weswegen er ins Exil verbannt wurde. Seitdem lebt der ehemalige Kommandant Yoon Gyeom zusammen mit seinem jüngeren Bruder (In-kwon Kim) und der zur jungen Frau herangereiften Myung (Hyeri Lee) fernab von Hanyang in einer kleinen Hütte.
Achtung: Im nächsten Absatz finden sich ein paar Spoiler
Nach etlichen Unfällen nahe der Stadt, die man dem Monstrum in den Bergen zuschreibt, entschließt sich König Jin Yong, seinen ehemals besten Krieger Yoon Gyeom wieder zu rekrutieren, damit der aufkochenden Angst seiner Untertanen Einhalt geboten wird. Die Devise lautet: Das Monstrum muss gesucht und getötet werden! Jedoch besteht für den König neben der möglichen Bedrohung durch eine Bestie eine weitere Gefahr: Premierminister Sim Woon (Kyeong-yeong Lee) hat es auf den Thron abgesehen und will alles dafür tun, damit die Bevölkerung die Souveränität ihres Regenten anzweifelt. Erzählungen von einem blutrünstigen Monstrum in den Bergen kommen dem Premierminister und seinen Vasallen für eine Revolte wie gerufen. Doch ob sich das besagte Monstrum für derartige Animositäten instrumentalisieren lässt, wird die Geschichte zeigen. Nur eins erscheint gewiss: Es wird Opfer geben.
Regisseur Jong-ho Huh erschafft nicht allzu weit entfernt vom japanischen Domizil der Kaijūs einen südkoreanischen Genre-Mix, der ein brutales und schier unbesiegbares Ungetüm in gruselige, mal komödiantische, mal auch dramatische 105 Minuten Laufzeit einpflegt. Es handelt sich bei dem Monstrum allerdings um keinen Verwandten des Fan-Lieblings Godzilla, der als „Equalizer“ das Gleichgewicht der Welt wiederherstellt, auch wenn einige wenige Arrangements bei eingefleischten Gojira-Fans Erinnerungen hervorrufen könnten. Vielmehr ähnelt das Monstrum dem im „Langen See“ verschollenen Drachen Smaug aus Mittelerde. Ein tobsüchtiges Ungeheuer, dass sich einst von Pestleichen ernährte und zum ultimativen pestübertragenden Killer mutierte, hat einen Berg als Residenz beansprucht und tötet alles und jeden, der meint, seine Ruhe zu stören. Dummerweise stellt die Gegend um den Berg aufgrund seiner Flora und Fauna eine wichtige Nahrungsquelle dar, wodurch eine Konfrontation von Menschen und Monster unausweichlich ist. Also muss die Bedrohung gebannt werden – ein typischer MacGuffin.
Bald stellt sich der verbündeten Gemeinschaft um den gealterten Helden Yoon Gyeom ein weiteres Problem in den Weg: Premierminister Sim Woon revoltiert gegen König Jin Yong. Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein Konflikt dreier Parteien. Während der Kampf gegen ein Monster im Mittelpunkt steht, wird abseits dessen eine politische Fehde ausgetragen, deren Ausgang ebenso immense Folgen für die Bevölkerung haben kann wie das Siegen oder Scheitern über die Bestie.
Südkoreanischer High-Budget-Film
Was der Regisseur daraus macht, ist ein kurzweiliger Popcorn-Showdown, der sich selbst nicht zu ernst nimmt und auf den ersten Blick wie eine effekthascherische Achterbahn der Gefühle wirkt. Technisch macht das High-Budget-Werk einen sehr soliden Eindruck. Die Effekte und insbesondere das Monster sehen allesamt sehr gut aus und lassen darüber hinwegsehen, dass die Kameraarbeit manchmal etwas B-Movie mäßig wirkt. An Filmblut wird nicht gespart, Wunden und Ausschläge erwecken vor allem in näheren Aufnahmen einen ordentlichen genretypischen Standard – die FSK-16-Freigabe erscheint aber in Ordnung.
Die deutsche Synchronisation kann mit bekannten Stimmen ebenfalls überzeugen. Großartig anzuschauen sind die ästhetischen Kampfszenen, die durch eine authentisch wirkende Choreografie überzeugen und Spaß beim Anschauen bereiten – ein paar Kampfszenen mehr hätten dem Film gutgetan. Die Figuren des Films um Krieger und Ziehvater Yoon Gyeom reihen sich unauffällig in den Plot ein und erfüllen ihre Funktionen ohne bleibenden Eindruck. Der Schauspieler In-kwon Kim sorgt mit seiner tollpatschigen Figur Sung Han für so manchen Schmunzler in einem doch recht lockeren Setting, das aber das Augenzwinkern des Films ideal unterstreicht. Auch wenn manchen diese Tatsache missfallen könnte, sorgt „Monstrum“ mit seiner Verbindung zwischen Horror, Fantasy und einem Hauch Comedy für gute Unterhaltung und bringt uns mit einer zeitgenössischen Kulisse auf die Pfade der einstigen Joseon-Dynastie.
Veröffentlichung: 25. April 2019 als Blu-ray und DVD
Länge: 105 Min. (Blu-ray), 101 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Koreanisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Mulgoe
KOR 2018
Regie: Jong-ho Huh
Drehbuch: Heo-dam
Besetzung: Myung-Min Kim, In-kwon Kim, Hyeri Lee, Woo-sik Choi, Sung-woong Park, Hee-soon Park, Kyeong-yeong Lee, Kyu-bok Lee, Won-hee Jo, Joon-Bum Kim, Min-Seok Kim, Min-soo Sung, Hee-Myoung Yang, Byeong-hee Yoon
Zusatzmaterial: Making-of, Trailer, Kurztrailer
Label/Vertrieb: Koch Films
Copyright 2019 by Lucas Knabe
Szenenfotos, Packshot & Trailer: © 2019 Koch Films