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Archiv für den Monat Juli 2015

Die Abenteuer des Herkules – Sandalenfilm vom Trash-Auteur

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Le avventure dell’incredibile Ercole

Von Simon Kyprianou

Fantasy-Abenteuer // Einige Götter haben Zeus geärgert, haben ihn verraten. Seine sieben mächtigen Donnerkeile sind nun überall auf der Welt verstreut und müssen so schnell wie möglich wiedergefunden werden. Deshalb reaktiviert Zeus Herkules (Lou Ferrigno) und schickt ihn auf die Suche, die Donnerkeile zu finden. Logisch, dass sie sich an äußerst gefährlichen Orten befinden.

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„Ich will meine Donnerkeile wiederhaben!“

„Die Abenteuer des Herkules“ (eigentlich: „Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil“) musste mit noch weniger Budget auskommen als sein Vorgänger, der ja auch nicht sonderlich hoch budgetiert war, und das sieht man ihm auch an. Die Effekte sind plump, alles wirkt hastig zusammengezimmert, an allen Ecken und Enden hapert es. Aber Drehbuchautor und Regisseur Luigi Cozzi scheint das gar nichts auszumachen, die Gigantomanie, der Wahnsinn, der Schwachsinn, all das ist geblieben.

Mumien, Monstren, Mutationen

Verrückte Monster, Zombies, Geister, Teufel, Götter, herrliche Stop-Motion-Tricks, die Entstehung der Welt, der Mond, Unterwassernixen, all dem begegnen wir in Cozzis Film, der in jedem Sinne, eigentlich aber im allerbesten Sinne von allen guten Geistern verlassen ist. Die Heldengeschichte verwandelt Cozzi in psychedelischen, rauschhaften Eskapismus-Trash, manchmal sogar ehrlich poetisch. Eine ultraradikale Hinwendung zum Kindlichen eigentlich.

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Schlagende Argumente

Ratio und guter Geschmack haben hier also nichts zu suchen, sind völlig fehl am Platz, hemmen sowieso nur den Genuss. Zwar kann Cozzi hier nicht zu Höchstform auflaufen, wie in „Sindbad – Herr der Sieben Meere“, trotzdem bringt auch „Die Abenteuer des Herkules“ herrlich spaßige Unterhaltung.

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Noch mehr Argumente

Cozzi ist eine schillernde Figur der italienischen Kinokultur, nicht nur aufgrund seiner Filme, die er oft unter dem Pseudonym Lewis Coates drehte (so auch diesen hier). Der langjährige Freund von Dario Argento betreibt heute einen Filmladen in Rom, den er „Profondo Rosso“ genannt hat – in Anlehnung an Argentos gleichnamigen Film.

Double Feature gefällig?

Wenn man sich hintereinander „Sindbad – Herr der Sieben Meere“ und „Die Abenteuer des Herkules“ anschaut, kann man sogar zu dem Schluss kommen, Cozzi als absolut bekloppten Trash-Auteur zu sehen. Ein Regisseur mit großen, irrsinnigen Visionen und dem Größenwahn, diese auch umzusetzen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Lou Ferrigno haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

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Einmal nicht aufgepasst

Veröffentlichung: 29. Januar 2015 als Blu-ray und DVD

Länge: 88 Min. (Blu-ray), 85 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Le avventure dell’incredibile Ercole
Alternativtitel: Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil / Die neuen Abenteuer des Herkules
IT/USA 1985
Regie: Luigi Cozzi (als Lewis Coates)
Drehbuch: Luigi Cozzi
Besetzung: Lou Ferrigno, Milly Carlucci, Sonia Viviani, William Berger, Carla Ferrigno, Claudio Cassinelli, Ferdinando Poggi, Maria Rosaria Omaggio, Venantino Venantini, Laura Lenzi, Margit Evelyn Newton, Cindy Leadbetter, Raf Baldassarre, Serena Grandi
Zusatzmaterial: Featurette „Die Abenteuer des Luigi Cozzi“ mit Regisseur Luigi Cozzi (ca. 22 Min.), Bildergalerie mit seltenem Werbematerial, Trailer
Vertrieb: Koch Media

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Alles in Schutt und Asche

Copyright 2015 by Simon Kyprianou
Fotos & Packshot: © 2015 Koch Media

 
 

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Dead Rising – Watchtower: Zombies entkommen aus Videospiel

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Dead Rising

Horror-Action // Wieso ist der Film eigentlich so verdammt lang? So viel passiert nun wirklich nicht, ein paar Attacken der Untoten hätte man gut und gern weglassen oder kürzen können. Für Kenner der Videospielreihe sei angemerkt, dass die Geschichte im Anschluss an „Dead Rising 2“ angesiedelt ist. Wen’s interessiert …

Hilft ein Serum gegen die Untoten?

Zu Beginn werden wir zügig mitten in die Zombie-Pandemie hineingeworfen: Chase (Jesse Metcalfe) muss sich einiger blutrünstiger Kreaturen erwehren. Rückblende: Wir erfahren, dass Chase Reporter für irgendeinen Internet-TV-Sender ist und mit seiner Kamerafrau Jordan (Keegan Connor Tracy) dokumentiert, wie die Regierung dem Ausbruch der Seuche mit einem Serum Herr werden will. Das gelingt mehr schlecht als recht.

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Chase kämpft um eine gute Story und ums Überleben

„Dead Rising – Watchtower“ macht vieles falsch. Das beginnt bei der Hauptfigur, die überhaupt kein Identifikationspotenzial bietet. Im Gegenteil: Chase geht recht hemmungslos vor, um an spektakuläre Bilder zu gelangen. Man möchte ihm den Biss eines Zombies gönnen. Im Nahkampf und auf der Flucht vor den Kreaturen stellt er sich auch noch eher dämlich an, manövriert sich selbst in Sackgassen oder steigt aus unerfindlichen Gründen in einen Bus ein, der von Zombies umringt und mit Zombies gefüllt ist. Klar, würde er sich einfach nur verziehen, förderte das nicht gerade die Spannung; aber etwas cleverer kann man Dramaturgie schon aufziehen.

Zombieexperte für die Quote

Eher lässlich sind die Sequenzen in einem TV-Studio, wo eine mehr und mehr von ihrem Studiogast genervte Moderatorin einen selbsternannten und selbstgefälligen Zombieexperten befragen muss, um die Zuschauer über die Untoten-Pandemie aufzuklären. Auch das zieht den Film unnötig in die Länge.

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Bekommt General Lyons die Situation in den Griff?

Die Make-up- und CGI-Effekte bewegen sich auf üblichem Niveau derartiger Zombie-Massenware – sie sind kein Ärgernis, beeindrucken aber auch niemanden. Fragwürdig erscheint, weshalb Regisseure von Videospielverfilmungen immer wieder Perspektiven aus den Spielen übernehmen, ohne sich über die Sinnhaftigkeit dessen Gedanken zu machen. Wenn in der First-Person-Perspektive eines Ego-Shooters die Waffe von vorn ins Bild ragt, mag das im Spiel fürs Handling erforderlich sein. Im Film ist das einfach dämlich, weil die subjektive Kamera den Eindruck entstehen lässt, die Figur halte sich die Waffe unmittelbar vors Gesicht. Lasst diese Einstellung doch einfach mal sein, liebe Videospielverfilmer!

Virginia Madsen!

Am traurigsten an dem Film ist die Tatsache, dass Virginia Madsen mitspielt. Tolle Schauspielerin, tolle Frau, die 1992 mit dem großartigen Horrorfilm „Candymans Fluch“ auf sich aufmerksam gemacht hat und 2004 in der wunderbaren Tragikomödie „Sideways“ an der Seite von Paul Giamatti zu sehen war. Kriegt die 1961 geborene Madsen keine anständigen Rollen mehr, weil sie aus Hollywoods Altersraster rausgefallen ist? Eine Schande! Als verzweifelte Mutter eines zombifizierten Mädchens adelt sie „Dead Rising – Watchtower“ etwas, aber im Alleingang retten kann Madsen den Film natürlich nicht. Zweiter prominenter Name in der Besetzung ist Dennis Haysbert in der Rolle eines Generals, der als Präsident David Palmer in der Serie „24“ zu Höherem berufen schien, das aber in der Folge nicht einlösen konnte. Nun spielt er in sowas hier mit.

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Maggie sieht keinen Lebenssinn mehr

Übrigens: Es kommen tatsächlich Zombies vor, nur hat der Vertrieb keine Pressefotos zur Verfügung gestellt, auf denen welche abgebildet sind. Ich bin immer auf der Suche nach guten Zombiefilmen und deshalb gern bereit, mich durch belanglosen Mist zu wühlen, um an die Perlen zu kommen. „Dead Rising – Watchtower“ gehört auf keinen Fall zu den Perlen. Vielleicht werden sich einige Zombie-Komplettisten das Steelbook ins Regal stellen, weil es nett aussieht.

Videospielverfilmungen haben wir in der Rubrik Filmreihen aufgeführt. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Jesse Metcalfe haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Und vielleicht auch mal der eine oder andere Film der „Resident Evil“-Reihe …

Veröffentlichung: 31. Juli 2015 als Blu-ray und DVD

Länge: 118 Min. (Blu-ray), 113 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Dead Rising
USA 2015
Regie: Zach Lipovsky
Drehbuch: Tim Carter
Besetzung: Jesse Metcalfe, Meghan Ory, Virginia Madsen, Keegan Connor Tracy, Aleks Paunovic, Dennis Haysbert, Gary Jones, Carrie Genzel, Rob Riggle, Reese Alexander, Harley Morenstein, Julia Benson, Peter Benson, Patrick Sabongui
Zusatzmaterial: The Epic One’er, Making of Bonzo, Weapons of Dead Rising
Vertrieb: Polyband/WVG

Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2015 Polyband/WVG

 

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Slow West – Das Greenhorn und der Kopfgeldjäger

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Slow West

Kinostart: 30. Juli 2015

Von Simon Kyprianou

Western // Der junge schottische Aristokrat Jay (Kodi Smit-McPhee) macht sich auf in den Wilden Westen, um seine große Liebe Rose (Caren Pistorius) zu suchen, die aus Schottland fliehen musste. Bald sieht er ein: Um Rose lebendig zu erreichen, braucht er als Greenhorn dringend Hilfe. Die findet Jay in Revolverheld Silas (Michael Fassbender). Der geleitet ihn gegen Bezahlung zu Rose, die mit ihrem Vater tief im Westen lebt. Silas hat aber düstere Hintergedanken: Auf Rose und ihren Vater ist ein Kopfgeld von 2000 Dollar ausgesetzt – und Jay führt ihn direkt zu den beiden. Auch andere Kopfgeldjäger wittern die Beute, darunter Payne (Ben Mendelsohn), dessen Name Programm ist.

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Um die holde Rose zu finden …

Eine Reise, die „Moving Frontier“ wird vorangetrieben – John Maclean erzählt seine klassisch wie antike Statuen inszenierte Rahmenhandlung in mosaikhaft zusammengesetzten Einzelmomenten. Die einzelnen Beobachtungen reduziert der Regisseur radikal, erzählt sie so ökonomisch und kurz wie möglich. All diese Momente verdichten sich zu einer düsteren Wildwest-Tristesse. Das Abschlachten der Ureinwohner, die Armut der Einwanderer – das hat nichts Mythisches. Maclean zeigt es, setzt dem Mythos die Realität entgegen und bricht so mit ihm. Aufrichtig und sensibel erzählt er von den emotionalen Belangen seiner Figuren, von dem adoleszenten Traum von der Liebe.

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… heuert Jay (r.) Silas an

Auch formal ist „Slow West“ hinreißend, die Form begeistert vor allem im großartigen Schlussakt, ist aber – wie auch inhaltlich und narrativ – glücklicherweise nie auf der Suche nach der großen, ausladenden Geste, sondern bleibt immer reduziert. Die Hauptfiguren kontrastieren einander: der naive, mit den Sitten des Westens nicht vertraute Einwanderer und der abgeklärte Revolverheld – zwei klassische Westernfiguren, die am Ende zu einer Art Einheit verschmelzen, um eine neue Gesellschaft zu formen. Das Finale ist überhaupt von ungemeiner Konsequenz, kann die neue Familie und damit auch das „neue Amerika“ doch erst nach einem blutigen Showdown mit Verlusten auf beiden Seiten entstehen.

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Der stutzt das Greenhorn erst einmal zurecht

Vielerorts konnte man lesen, „Slow West“ erinnere an die Werke von Wes Anderson („Moonrise Kingdom“, „Grand Budapest Hotel“), was wohl der Schrulligkeit geschuldet ist, die „Slow West“ in einigen Szenen annimmt. Tatsächlich aber ist es ein ganz und gar unpassender Vergleich. Die spröde Schönheit und triste Ehrlichkeit von „Slow West“ haben mit dem fiebrig verspielten Anderson wenig zu tun.

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Der Weg nach Westen ist weit

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Michael Fassbender, Ben Mendelsohn und Kodi Smit-McPhee haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Länge: 84 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Originaltitel: Slow West
GB/NZ 2015
Regie: John Maclean
Drehbuch: John Maclean
Besetzung: Kodi Smit-McPhee, Michael Fassbender, Ben Mendelsohn, Caren Pistorius, Andrew Robertt
Verleih: Prokino Filmverleih GmbH

Copyright 2015 by Simon Kyprianou

Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2015 Prokino Filmverleih GmbH

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 2015/07/29 in Film, Kino, Rezensionen

 

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