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Das Schreckensschloss des scharlachroten Henkers – In den Fängen des Folterknechts

29 Jan

Il boia scarlatto

Von Volker Schönenberger

Horror // Als scharlachroter Henker treibt John Steward im 17. Jahrhundert sein mörderisches Unwesen, bis er 1648 gefasst und zum Tode verurteilt wird. Im Kerker seines Schlosses wird er in einem Schrein von stumpfen Klingen durchbohrt.

Mehr als 300 Jahre später erreicht ein von Daniel Parks (Alfredo Rizzo) geführtes zehnköpfiges Team das Schloss. Der Verleger veröffentlicht billige Horrorromane und benötigt für die Buchumschläge Bildmaterial. Dafür soll der Fotograf Dermott (Ralph Zucker) einige Models in gruseliger Atmosphäre ablichten. Der Schlossherr Travis Anderson (Mickey Hargitay) gibt sich bei der ersten Begegnung abweisend, lässt den kleinen Trupp dann aber im Schloss übernachten und genehmigt die Fotoarbeiten. Als ein Folterinstrument für ein Motiv als Kulisse herhalten soll, kommt es zu einem grässlichen Todesfall. Es wird nicht der einzige bleiben …

„Das Schloss des scharlachroten Henkers“ ist mit „cheesy“ und „campy“ noch milde beschrieben, was dem Spaß an diesem trashigen Italo-Horrorschinken keinen Abbruch tut. Okay, ein paar Längen sind zu überbrücken, etwa zu Beginn, wenn die Fotoarbeiten anlaufen; aber wenn die Morde beginnen, gibt es ein paar wunderbar krude Ideen für den Gebrauch von Folter- und Tötungsapparaturen zu bestaunen. Etwa das überdimensionale Spinnennetz, in dem die hübsche Kinojo (Moa Tahi) gefesselt hängt. Sie kann den herbeieilenden Rick (Walter Brandi) und Edith (Luisa Baratto) – und damit dem Filmpublikum – immerhin Sinn und Zweck dieser Falle erläutern, inklusive künstlicher Spinne mit vergifteten Armen und Pfeilen, die bei Berührung der Spinnenfäden ausgelöst werden. Seltsam? Aber so steht es geschrieben … Den Gerätschaften sieht man das geringe Budget der Produktion allerdings von Weitem an.

Sexistisch? Na klar!

Besonders langwierig erfolgen die Folterungen selbstverfreilich, wenn sich der scharlachrote Henker leichtbekleideter Damen annimmt. Das kann man völllig zu Recht als sexistisch kritisieren, der Film ist in der Hinsicht völlig ein Kind seiner Zeit (in der derlei Fleischbeschau natürlich auch sexistisch war, nur eben nicht als anrüchig galt). Das Frauenbild des Streifens ist generell fragwürdig, so beispielsweise bei Model Nancy (Rita Klein), einem personifizierten blonden Dummchen, das offenbar dem Zweck dient, bloßgestellt zu werden. Ansonsten hat der Film visuell einiges zu bieten, was zum Schmunzeln reizt, etwa das aus muskulösen Typen bestehende Schlosspersonal, das mit seinen gestreiften T-Shirts aussieht wie Matrosen auf Landgang.

Der scharlachrote Henker …

Als Schlossherr tritt kein Geringerer als der aus Ungarn stammende Bodybuilder Mickey Hargitay in Erscheinung, 1955 immerhin zum Mr. Universum gekürt, drei Jahre später zum Ehemann von Jayne Mansfield. Zum Zeitpunkt der Entstehung von „Das Schreckensschloss des scharlachroten Henkers“ war die Ehe allerdings bereits geschieden und Hargitay drehte vornehmlich in Italien. Seinen gestählten Körper stellt er auch in diesem Film mit freiem Oberkörper zur Schau, immerhin etwas Ausgleich für Frauen (wenn sie derlei etwas abgewinnen können). Kein Vergleich natürlich mit den heutigen Muskelbergen der Bodybuilderszene. Auch kein Vergleich mit darstellerischen Leistungen von Menschen, die eine Schauspielschule besucht haben. Eine solche hat wohl keine Darstellerin und kein Darsteller von innen gesehen, schon gar nicht Hargitay, der sich in hemmungslosem Overacting ergeht.

… quält gern Frauen

Regie führte laut Credits ein gewisser Max Hunter. Hinter diesem auf den englischsprachigen Markt schielenden Pseudonym verbarg sich Massimo Pupillo, ein leidlich erfolgreicher italienischer Regisseur, der zwei Jahre später den Italowestern „Django tötet leise“ (1967) inszenierte. Für die Außenaufnahmen des Schlosses hielt das Castello Piccolomini in der italienischen Provinz L’Aquila her, das ab 1964 als Location für zahlreiche Filmproduktionen genutzt wurde. Innenaufnahmen entstanden im Palazzo Borghese in Rom.

Die künstliche Spinne verbreitet Angst und Schrecken

In Deutschland und international ist „Das Schreckensschloss des scharlachroten Henkers“ unter etlichen Titeln vermarktet worden, darunter „Das Schloss des Blutes“, „Der scharlachrote Henker“, „Bloody Pit of Horror“, „The Red Hangman“, „Crimson Executioner“, „The Scarlet Executioner“ und „Some Virgins for the Hangman“. Deutsche VHS- und DVD-Veröffentlichungen gab es bis dato nur gekürzte, ob aus Zensurgründen oder wegen technischer Probleme. Dem hat das kleine Label Ostalgica mit der 2015er-Doppel-DVD und der knapp fünf Jahre später erschienenen Neuauflage im Schuber abgeholfen, beide Editionen enthalten den Film in voller Länge, wobei einige zuvor fehlende Szenen nie deutsch synchronsiert und daher mit Originaltonspur eingebaut wurden. Die Bildqualität ist nach der Restaurierung anständig, bei den Tonspuren haben mir die englische und die italienische Fassung besser gefallen als die deutsche. Ostalgica hat der Edition löblicherweise auch einen Schuber und ein Booklet spendiert, wobei dem Booklet eine sorgfältige Korrekturlesung gutgetan hätte. Das gilt leider auch für die Untertitel. Ein kleiner Wermutstropfen, aber irgendwie passt das zu diesem sonderbaren Film. Italo-Exploitation in Reinkultur, sowas wird heute gar nicht mehr gebaut.

In den Fängen des Folterknechts

Veröffentlichung: 17. Januar 2020 als 2-Disc Special Edition DVD, 26. Juni 2015 als DVD

Länge: 83 Min. (Originalfassung), 74 Min. (deutsche Fassung)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Il boia scarlatto
Alternativtitel: Das Schloss des Blutes / Der scharlachrote Henker / Scarletto – Schloss des Blutes
Internationale Titel: Bloddy Pit of Horror / The Red Hangman / A Tale of Torture / Crimson Executioner / Some Virgins for the Hangman / The Castle of Artena / The Scarlet Executioner, The Scarlet Hangman
IT 1965
Regie: Massimo Pupillo (als Max Hunter)
Drehbuch: Romano Migliorini, Roberto Natale
Besetzung: Mickey Hargitay, Walter Brandi, Luisa Baratto, Ralph Zucker, Rita Klein, Alfredo Rizzo, Barbara Nelli, Moa Tahi, Femi Benussi, Nando Angelini, Albert Gordon, Gino Turini, Roberto Messina
Zusatzmaterial: deutsche Fassung „Schloss des Blutes“ (74:02 Min.), geschnittene Szenen der deutschen Kinofassung (13:15 Min.) und der deutschen VHS-Fassung (8:25 Min.), Vorspänne der deutschen Kinofassung, der US-Kinofassung und der alternativen US-Fassung, Super-8-Veröffentlichung des Films durch die Firma REX (14:35 Min.), 16mm-Schmalfilm-Fassung der Firma Internfilm (3:58 Min.), französischer Kinotrailer, US-Kinotrailer, deutscher Kinotrailer, 2 Bildergalerien, Wendecover mit alternativen Motiven, Trailershow, 8-seitiges Booklet mit einem Text von Marcus Littwin, Schuber
Label: Ostalgica
Vertrieb: Media Target Distribution GmbH

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2020 Ostalgica

 

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