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Infinity – Unbekannte Dimension: Rätselvolle Zeitschleifen-Science-Fiction aus dem Lockdown

02 Nov

Infinitum – Subject Unknown

Von Volker Schönenberger

Science-Fiction // Zu Beginn von „Infinity – Unbekannte Dimension“ erläutert Dr. Charles Marland-White (Ian McKellen) vom Forschungszentrum Wytness, alles habe mit dem berühmten Professor Aaron Ostergaard (Conleth Hill) und dessen Entdeckung des Paraversums begonnen. Ostergaard ist Geschäftsführer von Wytness und ergänzt, im Paraversum herrsche seit vielen Jahren Krieg.

Dr. Charles Marland-White erklärt

Szenenwechsel: Jane (Tori Butler-Hart) erwacht geknebelt und an einen Stuhl gefesselt in einem schäbigen Raum. Sie kann sich von den Fesseln befreien, hat aber keine Ahnung, wo sie sich befindet und wie sie in diese missliche Lage geraten ist. Beim Blick durchs Fenster bemerkt sie merkwürdige Phänomene. Nach einem Lichtblitz erwacht sie erneut an Ort und Stelle, wieder gefesselt und geknebelt. Mal hört sie Schüsse, mal Stimmen, die über sie zu reden scheinen. Was geht hier vor?

Was geht in der Welt vor?

Matthew und Tori Butler-Hart produzierten ihren Independent-Science-Fiction-Film „Infinitum – Subject Unknown“, so der Originaltitel, während des ersten Corona-Lockdowns in England 2020. Die beiden Eheleute übernahmen dabei etliche Aufgaben selbst. Hauptdarstellerin Tori zeichnet beispielsweise auch fürs Produktionsdesign verantwortlich, während ihr Ehemann Matthew die Regie übernahm und die Kamera führte. Dabei handelte es sich schlicht um eine iPhone-Kamera, wie es 2018 bereits Steven Soderbergh mit „Unsane – Ausgeliefert“ gehandhabt hatte.

Was weiß Wytness über die Zeitschleife?

Dieses Vorgehen sieht man „Infinity – Unbekannte Dimension“ natürlich an. Der Film wirkt sehr reduziert, über weite Strecken ist Jane die einzige Person, die wir zu sehen bekommen. Erst nach und nach bemerkt sie, offenbar in einer Zeitschleife gelandet zu sein. Dass sie immer wieder in ihrer gefesselten und geknebelten Ausgangssituation landet, scheint aber kein Automatismus zu sein, sondern das Werk höherer Mächte. Ein Briefumschlag liefert ihr einen Hinweis aufs Forschungszentrum Wytness, und sie versucht, dorthin zu gelangen.

Jane weiß nicht, was ihr widerfahren ist

Wytness hat sich der Quantenphysik verschrieben, und dieses überaus komplexe naturwissenschaftliche Feld dürfte die große Mehrzahl der Filmgucker überfordern (mich allemal), sodass man damit nach Herzenslust über Zeitschleifen, Parallelwelten und andere Phänomene und Thesen fabulieren kann. In kleinen Details erhalten Jane und damit auch das Filmpublikum Hinweise darauf, was vorgehen mag.

Jedenfalls nichts Gutes

Während der ersten halben Stunde wirkt das Geschehen zwangsläufig sehr repetitiv, da es sich eben mehrfach wiederholt. Wenn es Jane schließlich gelingt, das Haus zu verlassen, kommt mit schönen Bildern aus der Grafschaft Oxfordshire – wo gedreht wurde – Abwechslung ins Spiel. Wird sie dann doch wieder zurückbefördert, überspringen die Bilder die ersten Abschnitte ihres sich wiederholenden Weges, wie wir das auch aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993) kennen. „Infinity – Unbekannte Dimension“ schlägt aber nicht nur aufgrund seiner Ernsthaftigkeit einen anderen Pfad ein als der Zeitschleifenkomödienklassiker mit Bill Murray und Andie McDowell, denn Jane begegnet sogar – aber lassen wir das.

Fizz and Ginger Films

Das Ehepaar Butler-Hart führt seit 2009 gemeinsam die kleine Independent-Produktionsfirma Fizz and Ginger Films, die außer einigen Kurzfilmen unter anderem auch die Komödie „Miss in Her Teens“ (2014) mit Ian McKellen und den Mysterythriller „The Isle“ (2018) mit Conleth Hill hervorgebracht hat. Hill kennen wir als glatzköpfigen Eunuchen Lord Varys in der Serie „Game of Thrones“, über Ian „Gandalf“ McKellen muss wohl nicht mehr viel geschrieben werden. Bemerkenswert, die beiden in dieser kleinen Produktion zu sehen, wenn auch denkbar kurz in reinen Interviewsequenzen, die Hill und McKellen aufgrund der damaligen Coronaregeln womöglich selbst gedreht haben.

Und wieder gefesselt

Während der Abspann läuft, lohnt sich der Blick auf den Abschnitt „Books Featured in the Film“, wo Werke wie „Quantum Physics: A Beginner’s Guide“, „Asimov’s New Guide to Science“ und „Practical Guide to Astral Projection – The Out of Body Experience“ genannt sind. Ob ihre Lektüre letzten Aufschluss über die Handlung von „Infinity – Unbekannte Dimension“ gibt? Es bleiben Fragen offen, erst recht angesichts des abrupten Endes. Nun ist es völlig legitim, wenn ein Film final nicht auf Teufel komm raus alles erklärt hat, aber ein wenig fühlte ich mich doch im Regen stehen gelassen. Dennoch belegt das Werk, dass die Corona-bedingte Isolation bei manchen Menschen die Kreativität sprudeln ließ. Beim Boston Science Fiction Film Festival wurde es 2021 folgerichtig mit dem Feature Film Award als bester Indie-Film prämiert.

Irgendwann gelingt ihr die Flucht

Auf der Webseite von Fizz and Ginger Films findet sich der Hinweis, „Infinitum – Subject Unknown“ sei ein Begleitfilm zu der in Entwicklung befindlichen Fernsehserie „Infinitum“ und einer für 2023 zur Veröffentlichung geplanten Graphic Novel. Das erklärt die unfertige Wirkung des Films. „Infinity – Unbekannte Dimension“ weckt durchaus Lust, tiefer in das Universum einzutauchen, das die Butler-Hart-Eheleute ersonnen haben.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Ian McKellen haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Die Verwirrung steigt

Veröffentlichung: 4. November 2022 als Blu-ray und DVD, 20. Oktober 2022 als Video on Demand

Länge: 86 Min. (Blu-ray), 83 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Infinitum – Subject Unknown
GB 2021
Regie: Matthew Butler-Hart
Drehbuch: Tori Butler-Hart, Matthew Butler-Hart
Besetzung: Tori Butler-Hart, Ian McKellen, Conleth Hill, Wendy Muir Hart, Chris Hart, Holly Dale Spencer, Ben Lee, Graham Butler
Zusatzmaterial: Trailer
Label/Vertrieb: Tiberius Film

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshots: © 2022 Tiberius Film

 

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