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Das Geheimnis der grünen Stecknadel – Edgar Wallace Goes Giallo

04 Mai

Cosa avete fatto a Solange?

Von Simon Kyprianou

Thriller // Mit den in Deutschland produzierten, „klassischen“ Edgar-Wallace-Filmen hat „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ nicht mehr viel gemein: In seiner hierzulande erst jetzt veröffentlichten Langfassung erweist sich Massimo Dallamanos Film als reinrassiger Giallo, der thematisch auch schon auf sein zwei Jahre später gedrehtes Meisterwerk „Der Tod trägt schwarzes Leder“ hinweist.

Solanges tragische Vergangenheit setzt eine Mordserie in Gang

„Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ ist in jeder Hinsicht ein harter Film, die Motivation des Täters ist tragisch begründet und wird von Dallamano in einer unsentimentalen, grausamen Rückblende erzählt. Das Vorgehen des Mörders ist bestialisch, sogar Joachim Fuchsberger als Inspektor Barth ist unangenehm kaltschnäuzig, sowohl zu Zeugen als auch zu den Hinterbliebenen der Opfer.

Die junge Freundin von Henry beobachtet die erste Bluttat

Barth muss eine Mordserie an einer katholischen Mädchenschule aufklären, mehrere Schülerinnen werden ermordet, die Messer platziert der Täter in den Vaginen der Leichen, wie es Dallamano auf unsentimentale, direkte Art mit einer Röntgenaufnahme bebildert. Eine zweite Hauptfigur ist der Lehrer Henry Rossini (Fabio Testi), der gleich in der ersten Szene recht umcharmant versucht, eine seiner jungen Schülerinnen (Christina Galbó) zum Sex zu überreden. Dallamanos Figuren sind also allesamt höchst ambivalent gezeichnet, auf klassische Sympathieträger wird verzichtet, auch eine eindeutige Hauptfigur gibt es nicht.

Warnung vor dem Spoiler

Inhaltlich geht es Dallamano um die sexuelle Selbstfindung der Mädchen im repressiven System der katholischen Schule. Diese vertritt, wie Dallamano von Anfang an am Beispiel von Rossini klar macht, natürlich selbst nicht ihre eigenen Werte, der Mörder trägt bezeichnenderweise eine Priesterkutte. Am Ende – so stellt sich heraus – starben Mädchen als Strafe für ihre sexuelle Aktivität. In „Der Tod trägt schwarzes Leder“ geht es – ähnlich gelagert – um Kinderprostitution, die von höchsten Regierungskreisen geschützt wird.

Henry beginnt auf eigene Faust zu ermitteln

Ungefähr nach der Hälfte des Films platziert Dallamano dann eine – erneut – unfassbar harte Point-of-View-Sequenz in der eine der Hauptfiguren in der Badewanne umgebracht wird, was sicher eine Anlehnung an den berühmten „Psycho“-Mord an Janet Leigh bei Hitchcock sein dürfte. Die Bedeutung von Hitchcocks Kino, jenem spekulativen Suspense-Kino, immer an ekstatischen Spannungsmoment interessiert, kann für die italienischen Gialli ohnehin nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Weitere Morde ereignen sich

Koch Films hat „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ nun endlich auch in Deutschland in seiner internationalen Kinofassung als schön aufgemachtes und wertiges Mediabook veröffentlicht. „Der Tod trägt schwarzes Leder“ ist schon länger erhältlich, zum Beispiel in einer Edition von Camera Obscura mit einem Audiokommentar von Dominik Graf und Marcus Stiglegger.

Die Schulleitung sorgt sich um die Schülerinnen

Veröffentlichung: 4. Mai 2017 als Mediabook (2 Blu-rays & 1 DVD)

Länge: 107 Min. (Blu-ray), 102 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Italienisch, Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Cosa avete fatto a Solange?
IT/BRD 1972
Regie: Massimo Dallamano
Drehbuch: Peter M. Thouet, Bruno Di Geronimo, Massimo Dallamano, nach einem Roman von Edgar Wallace
Besetzung: Joachim Fuchsberger, Karin Baal, Fabio Testi, Günther Stoll, Christina Galbó, Claudia Butenuth, Camille Keaton
Zusatzmaterial: Arte-Dokumentation, Interviews, Audiokommentar, Trailer, Booklet Vertrieb: Koch Films

Copyright 2017 by Simon Kyprianou
Fotos & Packshot: © 2017 Koch Films

 

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