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Horror für Halloween (XVI): Doom Asylum – Mal wieder das falsche Gebäude betreten

14 Okt

Doom Asylum

Von Volker Schönenberger

Horrorkomödie // Rechtsanwalt Mitch Hansen (Michael Rogen) und seine Verlobte Judy LaRue (Patty Mullen) feiern während einer Autofahrt mit einer Flasche Schampus einen gerade abgeschlossenen Unterhaltsfall, der den beiden fünf Millionen Dollar eingebracht hat. Saufen und Herumknutschen verträgt sich allerdings nicht mit dem Straßenverkehr, wie die beiden auf schmerzhafte Weise am eigenen Leib erfahren müssen. Judy stirbt und Mitch erwacht kurz darauf auf dem Seziertisch der Pathologie, wo zwei Gerichtsmediziner (Harvey Keith, Steven G. Menkin) gerade am Gesicht des vermeintlich Toten herumpfuschen. Das kostet sie das Leben.

Rechtsanwalt Mitch erlebt ein böses Erwachen

Zehn Jahre später trifft eine Clique junger Leute in dem mittlerweile geschlossenen und verfallenen Krankenhaus ein, darunter Judys Tochter Kiki (ebenfalls Patty Mullen). Dort probt gerade eine Punkband bestehend aus der Sängerin Tina (Ruth Collins), der Gitarristin Godiva (Dawn Alvan) und der Schlagzeugerin Rapunzel (Farin). Darnell (Harrison White) macht sich sogleich einen Spaß daraus, dem Trio den Strom abzudrehen. Und er wirft ein Auge auf die aparte Rapunzel. Ein Auge auf alle Eindringlinge hat allerdings bereits Mitch geworfen, der in dem Gemäuer sein Unwesen treibt.

Die Opfer treffen zum Picknick ein

Gar nicht verkehrt, wenn sich ein Slasherfilm gar nicht erst bemüht, für sein sinnloses Setting eine logische Erklärung zu finden. Der grausam entstellte Mitch hat nach dem Tod seiner Liebsten und dem Mord an den beiden Obduzierern offenbar den Verstand verloren, und niemandem ist es in all der Zeit aufgefallen, dass er sich in dem Gebäude herumtreibt, ob vor oder nach dessen Schließung. Wer das hinzunehmen bereit ist, wird mit schrägem Overacting der leidlich talentierten Schauspielerinnen und Schauspieler vor einer Soundkulisse aus billigen 80er-Synthieklängen belohnt – oder bestraft, je nach Anspruch, mit dem man an „Doom Asylum“ herangeht.

Die Punkband ist bereits vor Ort

Die Make-up- und Splatter-Effekte haben erwartungsgemäß kein A-Liga-Format, wissen aber doch zu gefallen, da handgemacht. Mitchs Gummimaske wirkt zwar eher wie beim Horrorscherzartikelversand (oder bei Wish) bestellt, aber das stört bei diesem Streifen nicht weiter, obwohl der Gute seine Mordtaten ausschließlich im grellen Tageslicht ausführt. Auch die Räumlichkeiten des „Doom Asylum“ sind gut ausgeleuchtet. Es handelt sich dabei um das ehemalige Essex Mountain Sanatorium in Verona im US-Staat New Jersey, eine Tuberkuloseklinik, die nach der in den 1970ern erfolgten Eindämmung der Tuberkulose Anfang der 80er ihren Betrieb einstellte. Ob das Gebäude im Film tatsächlich als eine aufgegebene Nervenheilanstalt oder psychiatrische Einrichtung herhalten soll, wie das „Asylum“ im Titel andeutet, oder doch nur als herkömmliches Krankenhaus, wird nie direkt gesagt, bleibt auch irrelevant. Einen Schaden hat Mitch so oder so.

„Nun bist du ebenso schön wie ich!“

Richard Friedman („Phantom Nightmare – Phantom des Todes“, 1989) drehte „Doom Asylum“ laut IMDb-Trivia in lediglich acht Tagen, was auf den ersten Blick bemerkenswert erscheint, nach Ansicht des Films aber nicht mehr beeindruckt, da es Cast und Crew zweifellos nicht auf erzählerische, schauspielerische oder sonstige Perfektion ankam und somit kaum einmal mehrere Takes erforderlich gewesen sein dürften. Als Kikis Freundin Jane gibt hier Kristin Davis ihr Schauspieldebüt, die es später als Charlotte York in der Serie „Sex and the City“ (1998–2004) zu einiger Berühmtheit brachte und dafür sogar für einen Primetime Emmy und einen Golden Globe nominiert wurde. Für alle übrigen Darstellerinnen und Darsteller stellte „Doom Asylum“ nicht gerade ein Karrieresprungbrett dar – eher das Gegenteil.

Dieser bohrende Kopfschmerz – Migräne is a bitch!

Spannend geht es zu keinem Zeitpunkt zu, dafür verläuft alles zu sehr in vorhersehbaren Bahnen. Die dünne Story führt zudem dazu, dass sich das Geschehen trotz überschaubarer Laufzeit von nur 79 Minuten arg in die Länge zieht. Dazu tragen auch die Filmszenen bei, die wir in einem Fernseher zu sehen bekommen, denn Mitch findet zwischendurch immer wieder Gelegenheit, sich vor die Glotze zu hocken und ein paar alte Schinken zu schauen. Es handelt sich dabei um Ausschnitte aus Produktionen mit dem englischen Schauspieler Tod Slaughter (1885–1956), der seinerzeit gern als Schurke besetzt wurde. Zu sehen sind Szenen aus seinen ersten drei Filmen „Sweeney Todd – The Demon Barber of Fleet Street“, „The Crimes of Stephen Hawke“ und „Maria Marten, or The Murder in the Red Barn“ (alle von 1936) sowie „It’s Never too Late to Mend“ (1937) und „The Face at the Window“ (1939). Was da in Schwarz-Weiß über Mitch Hansens Bildschirm flimmert, scheint tatsächlich ein wenig mit den Ereignissen der Haupthandlung von „Doom Asylum“ zu korrelieren. War das gewollt oder ein Zufallsprodukt? Wer weiß das schon? Es entwickelt einen gewissen Charme, stört aber doch den Ablauf des Geschehens.

Große Zehen werden überbewertet

Das feine englische Label Arrow Video hat „Doom Asylum“ 2018 im Vereinigten Königreich auf Blu-ray veröffentlicht, und das dank neuer 2K-Bildabtastung des originalen Kameranegativs in hervorragender Bildqualität. Die Disc bietet sogar die Möglichkeit, zwischen den Bildformaten 1,78:1 (16:9) und 1,33:1 (4:3) auszuwählen. Im Zusatzmaterial finden sich diverse Interviews, zum Teil sogar eigens für die Arrow-Veröffentlichung produziert (siehe Auflistung unten). Das Booklet enthält einen lesenswerten Essay der kalifornischen Autorin und Journalistin Amanda Reyes (dem ich die oben erwähnten Titel der Tod-Slaughter-Filme entnommen habe). Ein Kinostart war „Doom Asylum“ seinerzeit nicht vergönnt, und die Direct-to-Video-Produktion harrt auch noch einer Veröffentlichung hierzulande. Ob deutsche Horrorfans sie unbedingt brauchen, sei dahingestellt, aber da haben es schon ganz andere Machwerke in hiesige Filmregale geschafft. Kein Glanzlicht des Slasherfilms, aber wer dieses Horror-Subgenre umfassend durchdringen will, mag auch an „Doom Asylum“ seine Freude haben.

In den Fängen des entstellten Killers

Veröffentlichung GB: 16. Juli 2018 als Blu-ray

Länge: 79 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Originaltitel: Doom Asylum
USA 1987
Regie: Richard Friedman
Drehbuch: Richard Marx
Besetzung: Patty Mullen, Ruth Collins, Kristin Davis, William Hay, Kenny L. Price, Harrison White, Dawn Alvan, Farin, Michael Rogen, Harvey Keith, Steven G. Menkin, Paul Giorgi
Zusatzmaterial: Audiokommentar von Drehbuchautor Richard Marx, Audiokommentar von „The Hysteria Continues“, „Tina’s Terror“ – neues Interview mit Darstellering Ruth Collins (17:56 Min.), „Movie Madhouse“ – neues Interview mit Kameramann Larry Revene (19 Min.), „Morges & Mayhem“ – neues Interview mit Special Make-up Effects Creator Vincent J. Guastini (17:38 Min.), Archivinterview mit Executive Producer Alexander W. Kogan Jr., Regisseur Richard Friedman und Production Manager Bill Tasgal (10:56 Min.), Bildergalerie, Wendecover mit Alternativmotiv, 24-seitiges Booklet mit einem Text von Amanda Reyes
Label/Vertrieb: Arrow Video

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos: Fair Use

 

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