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Der Henker von London – Kuttenträger üben Selbstjustiz

14 Apr

Der Henker von London

Von Volker Schönenberger

Gruselkrimi // In einem düsteren Gewölbe halten fünf vermummte Gestalten in dunklen Kutten ein Femegericht ab. Der Beklagte, ein älterer Herr, steht zitternd vor zu Gerichtspulten umfunktionierten Särgen. Das einstimmige Urteil: Tod durch den Strang. Ebenfalls vermummte Helfer packen den Mann in einen Sarg und transportieren diesen mit einer Kutsche davon. An einer Themse-Brücke wird das Urteil vollstreckt.

Galgenstrick wird aus Museum geklaut

Drei Männer wurden bereits auf diese Weise hingerichtet. Der sogenannte Henker von London hält England mit seinen gnadenlosen Akten der Selbstjustiz in Atem. Wie zum Hohn wird für die Exekutionen auch noch jedes Mal der historische Galgenstrick aus dem Kriminalmuseum von Scotland Yard verwendet, den der Täter jeweils zuvor dort stiehlt. Bei den Toten finden sich ausführliche Akten, die lückenlos beweisen, dass die Opfer Verbrechen begangen haben.

Ein weiteres Opfer kommt vors Femegericht

Chefinspektor Morel Smith (Wolfgang Preiss) verlangt von seinem die Ermittlungen leitenden Inspektor John Hillier (Hansjörg Felmy) nachdrücklich, den Täter zu fassen. Lieber wäre es Hillier gewesen, weiter den Mädchenmörder zu jagen, der ebenfalls sein Unwesen treibt. Die jungen Frauen werden enthauptet, sogar Hilliers Schwester befindet sich unter den Opfern. Der Inspektor kann nicht verhindern, dass ein vierter Mann vom Henker von London hingerichtet wird.

Als „The Mad Executioners“ auch in den USA

Vierter Film der Reihe mit zehn Umsetzungen von Romanen von Bryan Edgar Wallace, dem Sohn von Edgar. Einige davon beruhen allerdings auf Original-Drehbüchern, denen der Name des Autors angeheftet wurde. Bei „Der Henker von London“ handelt es sich aber nicht um einen solchen Etikettenschwindel, der Krimi beruht auf „George und Jojo“, Originaltitel „The White Carpet“. Er schaffte es unter dem Titel „The Mad Executioners“ zwei Jahre nach dem bundesdeutschen sogar zu einem Kinostart in den USA.

Ann will ihrem Freund Inspektor Hillier helfen

Regisseur Edwin Zbonek („Mensch und Bestie“) und die übrigen Beteiligten von Artur Brauners Produktionsfirma CCC-Film hatten sich die beliebten Edgar-Wallace-Filme der Konkurrenz von Constantin Film und Rialto Film offenbar sehr genau angeschaut, ein qualitativer und stilistischer Unterschied ist kaum zu bemerken. Berliner Straßen und Parks, die für London herhielten, düstere Gestalten, diverse Verdächtige – auch einen Comic Relief in Gestalt des skurrilen Kriminalreporters Gabby Pennypacker (Chris Howland) gibt es. Der wirft sich gern in mehr oder minder originelle Kostüme – etwas selbstzweckhaft, dieser bieder-klamottige Humor.

Verrückter Wissenschaftler gibt sich die Ehre

Eine Reihe damals beliebter Schauspieler gibt sich die Ehre, darunter Dieter Borsche als Wissenschaftler Dr. Mac Ferguson und Harry Riebauer als Polizeiarzt Dr. Philip Trooper. Die Story schlägt ein paar Haken und lädt zum Miträtseln ein. Ein „Mad Scientist“-Motiv würzt das Geschehen, und am Ende warten ein paar Überraschungen. Mit Maria Perschy („Ein Goldfisch an der Leine“) als Inspektor Hilliers Freundin Ann Perry tritt selbstverständlich auch die holde Weiblichkeit in Erscheinung, deren Aufgabe darin besteht, in Gefahr zu geraten, damit sie gerettet werden kann.

Pure Nostalgie

Die Bildqualität der neuen Blu-ray von Pidax Film ist ausgezeichnet, als Bonus gibt es außer dem Trailer und einer Bildergalerie immerhin die Hörspielfassung des Films als MP3. Ob Edgar Wallace oder Bryan Edgar Wallace – diese schwarz-weißen Gruselkrimis stehen schon sehr in ihrer Zeit. Ob sich jüngere Generationen heute dafür auch noch begeistern können? Wir, die wir diese Filme als Kinder und Jugendliche im Kreis der Familie im Fernsehen gesehen haben, können jedenfalls wunderbar in Nostalgie schwelgen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Wolfgang Preiss haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Veröffentlichung: 7. Mai 2021 als Blu-ray, 9. Oktober 2020 als DVD

Länge: 94 Min. (Blu-ray), 90 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: keine
Originaltitel: Der Henker von London
US-Titel: The Mad Executioners
BRD 1963
Regie: Edwin Zbonek
Drehbuch: Robert A. Stemmle, nach einem Roman von Bryan Edgar Wallace
Besetzung: Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Dieter Borsche, Rudolf Forster, Chris Howland, Wolfgang Preiss, Harry Riebauer, Rudolf Fernau, Alexander Engel, Narziß Sokatscheff
Zusatzmaterial: Hörspielfassung mit Norbert Langer als Erzähler (im MP3-Format), Bildergalerie, Wendecover
Label: Pidax Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2021 Pidax Film

 

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