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You’ll Never Find Me – Hintergründiger Horror im Trailerpark

02 Mai

You’ll Never Find Me

Von Christoph Leo

Horrorthriller // Worum es bei „You’ll Never Find Me“ (2023) genau geht, bleibt lange unklar und auch am Ende sind nicht alle Fragen umfassend geklärt. Ob das für den Horrorthriller vielleicht sogar ein Pluspunkt ist, will ich mit meinem folgenden Text klären.

Patrick ist ein misstrauischer Zeitgenosse (Foto: Ian Routledge)

„You’ll Never Find Me“ beginnt unmittelbar mit einem Blick auf die Hauptfigur Patrick (Brendan Rock). Kein Titel, kein Soundtrack (zum Schluss kommt dieser nüchterne Anfang der Geschichte durchaus atmosphärisch entgegen). Patrick wohnt in einer Wohnwagensiedlung, allein, und scheint diese Einsamkeit auch zu befürworten. In einer stürmischen Nacht klopft eine völlig durchnässte junge Frau (Jordan Cowan) an seine Tür und bittet um Einlass. Wiederwillig lässt Patrick sie eintreten. Es beginnt eine Art Psychoduell auf engstem Raum. Schnell wird deutlich, dass hinter der Fassade beider Charaktere mehr steckt, als uns der Film vordergründig zeigt. Doch wer hier ein falsches Spiel spielt oder ob beide etwas zu verbergen haben, soll nicht verraten werden.

Da stimmt doch was nicht

Das Regie-Duo Indianna Bell und Josiah Allen, hat zuvor zusammen einige Kurzfilme inszeniert, „You’ll Never Find Me“ ist nun das Langfilmdebüt der beiden und meines Erachtens ein ziemlich gelungenes. Einzige Kritikpunkte für mich sind der relativ langsame Aufbau und der mit Ausnahme der letzten etwa zehn Minuten sehr ruhige Verlauf. Freundet man sich aber mit dem bedächtigen Tempo an, bekommt man ein ziemlich spannendes Psychoduell der beiden Hauptfiguren geboten. Immer wieder gibt es Andeutungen und Hinweise, dass hier etwas nicht stimmt. Darstellerisch ragt Brendan Rock etwas hervor, der gerade gegen Ende, eine beeindruckende Leistung darbietet, aber auch Jordan Cowan macht als namenlose Besucherin ihre Sache gut und ihr Schauspiel ist glaubhaft. Da „You’ll Never Find Me“ davon lebt, nicht zu wissen, wer der etwaige „Bösewicht“ ist, fällt es schwer, im Detail auf die schauspielerischen Leistungen einzugehen.

Kann er der jungen Frau vertrauen? (Foto: Claudio Raschella)

Aufgrund des begrenzten Settings hätte es schnell langweilig werden können, der Horrorthriller arbeitet dem mit interessanten Einstellungen und gerade gegen Ende mit einem starken Sounddesign entgegen. Der Score besteht aus atmosphärischen Klängen, die das düstere Szenario begleiten. Inszenatorisch werden hier natürlich keine Landschaftspanoramen oder riesige Sets geboten, aber die Kamera fängt das Geschehen immer wieder in interessanten Winkeln ein. Mit Fortschreiten der Handlung wird die Kamera auch dynamischer, wobei sie stets recht nah an den Charakteren verweilt und wir viele Nahaufnahmen sehen. Bei einer bestimmten Szene gegen Ende fühlte ich mich sogar stark an „Tanz der Teufel“ (1981) von Sam Raimi erinnert. Das bedeutet nicht, dass hier ebenfalls Monster oder Dämonen beschworen werden, aber der dargestellte Wahnsinn und die virtuose Art und Weise, wie die Kamera ihn einfängt, ließ mich kurz an einen durchdrehenden, Ash (Bruce Campbell) denken. Bis auf das eher begrenzte Setting und diese eine Szene haben die Filme aber wenig gemeinsam und bei „You’ll Never Find Me“ entspinnt sich ein Psychoduell der Charaktere.

Es geht düster zu … (Foto: Maxx Corkindale)

Das Setting des Wohnwagens, gibt wie schon erwähnt keine ausufernden Bilder her, so erzeugt das Duo auf dem Regiestuhl aber durch Licht und Schatten und bedrohliche Klänge, verursacht durch den draußen herrschenden Sturm (im Innern des Wohnwagens kracht und knarzt alles bedrohlich) eine unangenehme Atmosphäre. Auch vor dem Finale, in dem sich alle Fragen weitgehend klären, gibt es immer wieder Anspielungen und Spannungsmomente, die bei mir keine Langeweile aufkommen ließen. Zu Beginn schrieb ich, dass am Ende nicht alle Fragen geklärt seien. Insgesamt sind jedenfalls Fragen, die die Handlung betreffen, soweit geklärt und es geht mir eher um den Hintergrund einer der beiden Figuren. Dieser wird meiner Erachtens nicht aufgeklärt, was in diesem Fall aber kein Kritikpunkt ist. Das Publikum kann sich seine eigenen Gedanken zu bestimmten Aspekten machen, auf die im Lauf der Handlung auch immer wieder eingegangen wird und es bestimmte Hinweise gibt.

Eine Nuance zu lang

Für meinen Geschmack hätte „You’ll Never Find Me“ ein paar Minuten kürzer sein können. Manche Szene steht etwas zu lange, was einem bestimmt auch die Charaktere näherbringen soll, für mich aber etwas zu langsam daherkam, wenn zum Beispiel Patrick gefühlt minutenlang in eine Ecke starrt. Mit dem ersten Konflikt beider Charaktere kommt dann auch mehr Tempo und Spannung in die Geschichte und es wurde immer interessanter, den beiden bei ihren Gesprächen zuzuschauen. Das Finale kann überraschend sein, muss es aber nicht; ich war jedenfalls überrascht und habe lange mit einer anderen Auflösung gerechnet, aber wie schon einmal an anderer Stelle erwähnt, bin ich auch nicht derjenige, der jeden Hinweis sofort zu deuten weiß und das Ende immer schon vor Augen hat.

… und wird noch düsterer

„You’ll Never Find Me“ bietet viel Talent vor und hinter der Kamera und ein Kinostart in Deutschland wäre wünschenswert gewesen. Im deutschsprachigen Raum lief der Film bedauerlicherweise lediglich in Österreich, und das auch nur im September 2023 auf dem SLASH Filmfestival. Etwas zwiespältig stehe ich dem Wiederschauwert gegenüber, denn aufgrund der düsteren Atmosphäre und der durchaus vermittelten Verzweiflung der Charaktere macht das Zuschauen nicht immer Spaß. Da im Laufe der Handlung aber immer wieder bestimmte Aspekte hervorgehoben werden, bietet sich „You’ll Never Find Me“ für Filminteressierte, die nicht nur Tempo brauchen, durchaus trotzdem für erneute Sichtungen an. Für mich jedenfalls eine interessante Entdeckung und eine Empfehlung für Freundinnen und Freunde düsterer Psychoduelle.

Veröffentlichung: 9. Mai 2024 als Blu-ray, DVD und Video on Demand

Länge: 99 Min. (Blu-ray), 96 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: You’ll Never Find Me
AUS 2023
Regie: Josiah Allen, Indianna Bell
Drehbuch: Indianna Bell
Besetzung: Brendan Rock, Jordan Cowan, Elena Carapetis, Angela Korng, Luca Trimboli, Finn Watson
Zusatzmaterial: deutscher Trailer, Originaltrailer, Trailershow, Wendecover
Label: Meteor Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2024 by Christoph Leo

Artwork & Packshots: © 2024 Meteor Film,
Szenenfotos: © 2023 Lot 14 Film Pty Ltd.1

 

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