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Jean-Claude Van Damme (XXIV): Born to Kill – Zwischen Korea-Gangstern und russischem Mob

23 Mai

Darkness of Man

Von Volker Schönenberger

Actionthriller // Zwei Schüsse fallen, und Russell Hatch (Jean-Claude Van Damme) liegt in seinem Blut. Er denkt daran zurück, wie zwei Jahre zuvor in Miami alles begann: Der Interpol-Agent kann seine koreanische Informantin (und Geliebte) Esther (Chika Kanamoto) nicht beschützen. Sie stirbt, während Hatch bei einer Razzia in einem Lagerhaus angeschossen wird. Weil er ihr versprochen hatte, für ihren 13-jährigen Sohn Jayden (Emerson Min) zu sorgen, sollte ihr etwas passieren, wird er für den Jungen zum Vaterersatz. Im heimatlichen Los Angeles hat sich Jayden allerdings die falschen Freunde gesucht, Hatch hat den Job quittiert und trinkt zu viel. Esthers Bruder Dae Hyun (Peter Jae) führt eine Gang, die mit russischen Mobstern um die kriminellen Geschäfte rund ums koreanische Viertel der Stadt rivalisiert. Bald kann sich Hatch nicht mehr raushalten.

Russell Hatch muss wieder zur Waffe greifen

Mit dem für den deutschen Markt ersonnenen Titel „Born to Kill“ führt uns Plaion Pictures an der Nase herum, suggeriert er doch fälschlicherweise ein Actionspektakel. Nach der kurzen Schießerei bei der Razzia zum Auftakt dauert es eine halbe Stunde, bis Van Dammes Hatch wieder in eine gewalttätige Auseinandersetzung verwickelt wird. Der Originaltitel „Darkness of Man“ passt deutlich besser, haben wir es doch mit einem in betont düstere Bilder getauchten Neo-Noir-Thriller zu tun. Der ist mit seinen 109 Minuten (Blu-ray) vielleicht etwas zu lang geraten, eine Spieldauer im oberen zweistelligen Bereich hätte es wohl auch getan. Dennoch hat das Geschehen mit Jean-Claude Van Damme als gebrochenem Helden seinen Reiz, auch wenn Hatch kein Philip Marlowe ist und aus dem Belgier auch im Karriereherbst kein Humphrey Bogart mehr wird. Aber das muss er auch gar nicht, denn als gealterter Ermittler mit ein paar Problemen macht er eine ganz gute Figur, auch wenn Russell Hatch mit seinen Alkoholproblemen etwas stereotyp gezeichnet ist.

Im Kampf mit dem russischen Mobster

Van Damme alias Hatch kommentiert das Geschehen per Stimme aus dem Off. Das gerät manchmal etwas zu bedeutungsschwanger, etwa wenn er zu Beginn darüber schwadroniert, dass man niemandem etwas versprechen sollte, während er genau das gerade tut; aber man gewöhnt sich daran, und die Begleitstimme kommt nie aufdringlich daher. Beim Körpereinsatz sollte man keine Glanztaten glorreicher 80er-Jahre-Zeiten mehr erwarten, aber diese sind in „Born to Kill“ auch gar nicht gefragt. Es reicht, wenn Hatch ab und an zulangt und dabei auch reichlich einstecken muss. Das passt zur Figur. Zwischendurch gibt es sogar eine schöne Kampfsequenz rund um ein Auto herum, die wir aus dem Innern des Autos beobachten. Auch noch nicht so oft gesehen. Später wird es etwas unglaubwürdig, wenn Hatch ungeahnte Scharfschützenqualitäten offenbart, die seine Vergangenheit nicht unbedingt hergibt und sein körperlicher Zustand auch nicht recht. Insgesamt ist die Figur aber schlüssig angelegt, zudem stimmig mit dem Alter von Jean-Claude Van Damme in Einklang gebracht. In der Hinsicht erinnerte mich der Actionthriller an die vom Belgier verkörperte Titelfigur in „The Bouncer“ (2018).

Wird Jayden (r.) in die Fußstapfen seines Onkels Dae Hyun treten?

Die Besetzung birgt in Nebenrollen einige Überraschungen. Als Tierärztin Claire, die sich um Russells Katze kümmert und mit ihm ins Bett geht, ist Kristanna Loken zu sehen, 2003 als Terminatrix in „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“ kurzzeitig auf dem aufsteigenden Ast. Der Rapper Sticky Fingaz hat ein paar Szenen als Hatchs Kollege Yates. Als Jaydens Lehrerin Vivian tritt Shannen Doherty („Beverly Hills, 90210“) in einer Szene in Erscheinung, ebenso Martial-Arts-Ikone Cynthia Rothrock („The Last Kumite“) als Krankenschwester. Nicht zu vergessen Eric Roberts als Larry. Eine sonderbar prominente Besetzung, niemand aus der ersten Reihe, aber doch namhaft. Einen so klangvollen Namen hat Regisseur und Co-Drehbuchautor James Cullen Bressack („Fortress“) an sich nicht.

Nicht nur für Van-Damme-Fans

Ein paar Härten und Skrupellosigkeiten rechtfertigen die FSK-16-Freigabe der ungeschnittenen Fassung, vor ein paar Jahren hätte es dafür vielleicht auch übertriebene FSK 18 gegeben. Im zweiten Drittel gibt es die eine oder andere Wendung, die die Story interessant gestaltet. Zum Schluss findet Bressack nicht ganz den richtigen Dreh fürs Ende. Zweimal dachte ich, es sei vorbei, aber dann folgte doch noch etwas. Das wertet „Born to Kill“ nicht wirklich ab, aber so zieht es sich ein wenig, bis wirklich der Abspann einsetzt. Dennoch und ein paar Längen zum Trotz ein Van-Damme-Actionthriller, den sich nicht nur Fans des Belgiers unbesorgt zu Gemüte führen können.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Kristanna Loken und Cynthia Rothrock haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet, Filme mit Jean-Claude Van Damme und Eric Roberts unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 6. Juni 2024 als UHD Blu-ray, Blu-ray und DVD

Länge: 109 Min. (Blu-ray), 105 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Darkness of Man
USA 2024
Regie: James Cullen Bressack
Drehbuch: James Cullen Bressack, Alethea Hnatko-Cho
Besetzung: Jean-Claude Van Damme, Emerson Min, Kristanna Loken, Peter Jae, Sticky Fingaz, Shannen Doherty, Cynthia Rothrock, Spencer Breslin, Ji Yong Lee, Andrey Ivchenko, Zack Ward, Chika Kanamoto, Weston Cage, Kristos Andrews, Shane Yoon, Danielle Vasinova, Kris Van Damme, Eric Roberts, Randall J. Bacon, James Cullen Bressack, Anna Harr, Lorenzo Antonucci, SwagboyQ, Nick Diaz, April Toledo
Zusatzmaterial: deutscher und englischer Trailer, Trailershow
Label/Vertrieb: Plaion Pictures

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshots: © 2024 Plaion Pictures

 
 

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Eine Antwort zu “Jean-Claude Van Damme (XXIV): Born to Kill – Zwischen Korea-Gangstern und russischem Mob

  1. Tonio Klein

    2024/05/23 at 07:58

    Habe den die Tage selbst gesehen und mal kurz meine Gedanken spielen lassen (und Deinen schönen Text erst danach gelesen):

    Es dürfte kein Zufall sein, dass Jean-Claude Van Damme zur Mitwirkung bei den Expendables keine Lust hatte. Völlig ironiefrei schleppt und teilkämpft sich der gealterte Mime durch diese Noir-Action, was mutig ist, weil auf dem schweren Weg zu straucheln mehr Achtung verdient als auf dem leichten anzukommen. In betörend düster-schöne Neo(n)-Noir-Schluchten getaucht, durchstreift der abgewrackte Ex-Interpol-Agent eine Hinterhofwelt zwischen koreanischen und russischen (Mafia-)Banden, wobei es der Film ein wenig zu demonstrativ treibt. Plakate von „The Big Sleep“ (1946) und „In a Lonely Place“ (1950) aufdringlich in die Kamera haltend, salbadert Van Damme aus dem Off Kalendersprüche en Masse, dass es wehtut – das geht eine Weile gut, wird aber zum platten Overkill. Die Gangster- und Beschützergeschichte kommt erst langsam in Fahrt, leistet sich ein paar Plot Twists und stellt die Frage, wie gut der Karate Tiger eigentlich noch in Form ist. Schwächen seien in seinem Alter allemal verziehen, aber das Kaschieren derselbigen durch schnelle Schnitte und eine längere, fast komplett durch das Innere eines Autos gefilmte, draußen stattfindende und stark abgeschnittene Kampfszene wirkt arg durchsichtig. Man kann sich das Ganze insgesamt ansehen, wenn man weder den perfekten Neo-Noir noch den perfekten Actionkracher erwartet; man kann sich daran erfreuen, dass es von beidem immerhin etwas, aber nichts richtig gibt – bzw. von den Klischeesprüchen aus dem Off des Guten (?) eindeutig zu viel.

     

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