RSS

Diabolik wird gejagt– Zahlt sich Verbrechen aus?

06 Jun

Diabolik – Ginko all’attacco!

Von Christoph Leo

Actionkrimi // Diabolik (Giacomo Gianniotti) ist weiter fleißig dabei, Schmuck und Kunst zu stehlen. An seiner Seite befindet sich seit „Diabolik“ (2021) Eva Kant (Miriam Leone), immer noch fasziniert vom Verbrechen. Kann die Fortsetzung „Diabolik wird gejagt“ (2022) an den gelungenen ersten Teil anknüpfen? Oder wäre eine andere Herangehensweise besser gewesen? Diesmal nämlich steht Inspektor Ginko (Valerio Mastandrea) im Vordergrund und jagt den maskierten Verbecher.

Ein neuer Diabolik

Was sofort auffällt: Der Darsteller des Diabolik wurde ausgetauscht. Luca Marinelli war aufgrund anderer Dreharbeiten verhindert, ihn ersetzte Giacomo Gianniotti. Zur Neubesetzung komme ich aber später noch einmal. Zu Beginn raubt Diabolik eine wertvolle Krone, wobei er natürlich wieder einen Wachmann tötet (inwiefern das notwendig war, weiß wahrscheinlich nur er selbst). Die Flucht erfolgt spektakulär mittels Gleiter in einem von Eva Kant gesteuerten Fahrzeug. Sofort fällt in der Szene auf, dass mittels Drohne oder CGI um das Haus geschwenkt wird, welches Diabolik gerade erklimmt. Im Grunde eine schöne Einstellung, passt diese aber weniger zum Stil der 60er- oder 70er-Jahre-Inszenierung und des Vorgängers.

Der Raubzug muss gefeiert werden

Nach erfolgreicher Flucht erwartet den Zuschauenden eine James-Bond-artige Eröffnungsszene in einem Opernhaus mit mehreren Tänzerinnen, die bedeutenden Schmuck tragen. Die Szene wird mit den Namen der Darstellerinnen und Darsteller und dem Titel des Films unterlegt. Weiterhin arbeitet man hier mit Jump-Cuts, die ebenfalls für mich überhaupt nicht in den Stil der Welt passen, da auf solche Spielereien im ersten Teil komplett verzichtet wurde und man sich inszenatorisch auch mehr an die gezeigte Zeit hielt. Mal abgesehen von der meiner Meinung nach unpassenden Inszenierung ist das Gezeigte während des Vorspanns als neue Tat Diaboliks aktiv in die Handlung eingearbeitet, was mir gut gefiel.

Ginko greift an

Da „Diabolik wird gejagt“ im Original „Diabolik – Ginko all’attacco!“ (Ginko greift an) heißt, konnte man davon ausgehen, dass Inspektor Ginko einen größeren Teil der Handlung als noch im Vorgänger einnehmen wird; und so passiert es auch. Nachdem der Ermittler Diabolik und Eva in eine Falle gelockt hat, müssen beide fliehen. Auf der Flucht verletzt sich Eva, sodass Diabolik sie im Stich lässt. Sie kann sich aber noch vor der Polizei in Sicherheit bringen. Sie schwört Rache und will fortan Ginko helfen, Diabolik zur Strecke bringen.

Diabolik nimmt die Beute in Augenschein

Im weiteren Verlauf konzentriert sich die Handlung tatsächlich vornehmlich auf Ginko und seine Ermittlungsarbeit, Diaboliks Verstecke und Diabolik selbst zu finden. Die Beziehung des Inspektors zur Herzogin Altea von Vallemberg (Monica Bellucci) soll dabei vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden. Viel mehr erfahren wir leider nicht über Ginko, interessant wären hier seine Bewegründe gewesen, wieso er Diabolik anscheinend schon sehr lange Zeit jagt. Hintergründe, generell über Diabolik oder Ginko gibt es so gut wie keine, das kann besser funktionieren, wie etwa beim Vorgänger zu beobachten ist, wenn alles andere drum herum, etwa Inszenierung und Geschichte, besser aufeinander abgestimmt ist. Hier hingegen ist das alles zwar noch unterhaltsam, oft aber zu gewollt stylisch. Obendrein sind die Figuren überwiegend uninteressant. Die für mich noch im ersten Teil interessanteste Figur der Eva Kant bringt in diesem Fall keine spannenden Facetten dazu und wirkt nun nur noch wie eine beliebige Helferin von Diabolik, die gierig nach Schmuck und Geld ist.

In „Grey’s Anatomy“ besser aufgehoben?

Ein weiterer negativer Aspekt gegenüber „Diabolik“ ist der Darstellerwechsel des titelgebenden Diaboliks zu Giacomo Gianniotti. Hatte mich Luca Marinelli im ersten Teil schon nicht vollends begeistert, muss ich im Vergleich zu „Diabolik wird gejagt“ sagen, dass dieser den Diabolik in allen Belangen besser dargestellt hat und ich seine so kalte wie ausdruckslose Art wesentlich mehr zu schätzen wusste, da er immerhin Präsenz hatte. Giacomo Gianniotti geht diese Präsenz völlig ab, ihm gelang es nicht, diese Leere auf den kalten Charakter von Diabolik zu übertragen. Übrigens spielte Giacomo Gianniotti in 136 Folgen „Grey’s Anatomy“ (seit 2005) Dr. Andrew DeLuca, eine Serie, in der ich ihn mir tatsächlich besser vorstellen kann als hier. Er wirkte auf mich völlig austauschbar, das heißt, er kann Diaboliks Anzug tragen, wirkt sportlich, aber mehr Tiefe oder neue Aspekte kann er der meiner Meinung nach eh wenig interessanten Figur nicht hinzufügen. Hier wären mehr Charakterzeichnung und ein besserer Darsteller wünschenswert gewesen oder man hätte gewartet und erneut mit Luca Marinelli gedreht.

Wer hat sich denn da in der Kanalisation versteckt?

Ein Punkt, den der dritte Teil der Reihe etwas näher beleuchten könnte. In „Diabolik ist nicht zu fassen“ (2023) soll es auch um Diaboliks Kindheit gehen. Monica Bellucci wirkt als heimliche Freundin von Ginko wie so oft unnötig besetzt, da diese Rolle absolut keinen Mehrwert liefert. Handlungstechnisch möchte „Diabolik wird gejagt“ dann auch besonders intelligent sein und hat am Ende natürlich wieder einen Twist zu bieten. Wenn man diesen aber nicht sowieso schon von Beginn erwartet, merkt man am seltsamen Schauspiel in einigen Szenen während des Mittelteils schon, dass hier etwas nicht stimmt (Stichwort: lebensechte Masken, die Diabolik immer wieder verwendet). Eine sehr seltsame Art der Inszenierung, da für mich auf diese Weise einiges an Spannung verschenkt wurde. In diesem besagten Mittelteil treten einige andere Nebenfiguren von der Polizei wie zum Beispiel Elena (Linda Cardi) und Roller (Alessio Lapice) auf, die der Geschichte etwas mehr Inhalt geben.

Wo bleibt die Vorgeschichte?

Das waren nun viele negative Punkte, die ich „Diabolik wird gejagt“ ankreide und im Vergleich zum starken Vorgänger ist der zweite Teil für mich in der Tat eine große Enttäuschung gewesen. Eine langweilige Geschichte, die dem Helden oder auch Schurken Diabolik keine neuen Facetten hinzufügt, uninteressante Nebencharaktere und eine jedenfalls in dem Fall für mich erwartbare Enthüllung am Ende. Der eigentlich interessante Ginko steht zwar mehr im Vordergrund, man erfährt aber trotzdem kaum etwas über ihn und seine Motivation. Insgesamt habe ich bei der „Diabolik“-Reihe ein wenig das Gefühl, dass eine verfilmte Vorgeschichte fehlt, die wesentlich mehr Licht in die Handlungsweisen von Diabolik und Ginko bringen könnte. Ich mag es auch nicht, wenn einem alles vorgekaut serviert oder immer wieder erklärt wird, aber so wird Diabolik gejagt, kann entkommen, wird gejagt …

Altea hält Ausschau nach Ginko

Ein wenig mehr Geschichte in der Geschichte wäre wünschenswert und ich bin gespannt, was der dritte Teil, der 2023 entstand und seine Premiere im Oktober 2023 beim Filmfestival in Rom feierte, noch aus der Geschichte herausholen kann (hier soll es dann auch, wie bereits weiter oben erwähnt, um Diaboliks Vergangenheit, unter anderem als Kind und junger Erwachsener gehen), denn unterhaltsam war auch „Diabolik wird gejagt“, die Inszenierung ist super, wenn auch viel zu modern gehalten und es gibt immer noch interessante Charaktere wie Ginko und Eva Kant, aus denen mehr herausgeholt werden kann.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Monica Bellucci haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet.

Veröffentlichung: 23. November 2023 als Blu-ray und DVD, 29. Februar 2024 als 2-Disc Special Edition (Blu-ray & DVD)

Länge: 116 Min. (Blu-ray), 111 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Diabolik – Ginko all’attacco!
IT/F 2022
Regie: Antonio Manetti, Marco Manetti
Drehbuch: Antonio Manetti, Marco Manetti, Michelangelo La Neve, nach der Comicvorlage von Angela und Luciana Giussani
Besetzung: Giacomo Gianniotti, Miriam Leone, Valerio Mastandrea, Monica Bellucci, Alessio Lapice, Linda Caridi, Pier Giorgio Bellocchio, Ester Pantano, Andrea Roncato, Amanda Campana, Urbano Barberini, Bernardo Casertano, Giacomo Giorgio
Zusatzmaterial: Backstage (18 Min.), Trailer, nur Special Edition: 128-seitiger Comic „Diabolik – Ginko greift an“ von 1964 (erstmals in deutscher Sprache), Schuber
Label/Vertrieb: Plaion Pictures

Copyright 2024 by Christoph Leo

Szenenfotos & Packshots: © 2023 Plaion Pictures

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..