RSS

Der Rabe – Kleinstadt in Aufruhr

19 Jul

Der_Rabe-Cover

Le corbeau

Von Simon Kyprianou

Krimidrama // Henri Georges Clouzot kennt man vor allem von seinen beiden meisterhaften Thrillern „Lohn der Angst“ und „Die Teuflischen“. Sein großartiges Frühwerk „Der Rabe“ schien – zumindest in Deutschland – in Vergessenheit geraten zu sein, die Veröffentlichung in der Reihe Arthaus Retrospektive ist jedenfalls die erste deutsche DVD.

Der_Rabe-9

Doktor Germain (r.) wird denunziert

Ähnlich Michael Hanekes „Caché“, in dem anonym zugesandte Videokassetten das Leben einer Familie in Trümmer schlagen, sind es in „Der Rabe“ denunzierende Briefe die eine ganze französische Kleinstadt aus den Fugen geraten lassen. Ein zugereister Arzt (Pierre Fresnay) gerät als Erster ins Visier des anonymen Schreibers, der seine Zeilen mit „Rabe“ unterzeichnet. Die Briefe hetzen die Bewohner des Orts gegeneinander auf und stiften kollektiven Unfrieden und Misstrauen.

Formal ist „Der Rabe“, wie bei Clouzot üblich, perfekt. Er inszeniert wundervolle, stimmige schwarz-weiß-Fotografie und schafft eine äußerst bedrückende Atmosphäre. Es entsteht ein Querschnitt einer Gesellschaft, ein Gefühl für den kollektiven Untergang und die psychische Verfassung eines ganzen Ortes.

Der_Rabe-7

Angst und Misstrauen greifen um sich

Insbesondere interessant ist „Der Rabe“, 1943 gedreht, aber für seinen brisanten und mutigen politischen Subtext, der ehrliche Blick auf die verängstigte und uneinige französische Gesellschaft während der Besatzung. Der Film wurde von der deutschen Besatzung als Propaganda benutzt, Clouzot sogar kurzzeitig mit einem lebenslangen Arbeitsverbot belegt, bevor er 1947 eine erfolgreiche Kinoauswertung bekam.

„Der Rabe“ ist ein großartiger Thriller und ein hochinteressantes Zeitdokument, ein zeitloses Bild einer zerfallenden vom Krieg gezeichneten Gesellschaft, das seine Bedeutsamkeit wohl auch nie verlieren wird.

Abschließend sei mir ein Hinweis in eigener Sache gestattet: In Ausgabe #4 der Zeitschrift „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“ werde ich einen längeren Text über Henri-Georges Clouzot veröffentlichen. Sie kann in Kürze über den Online-Shop bestellt werden.

Die „Arthaus Retrospektive“ von Studiocanal Home Entertainment haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt.

Veröffentlichung: 21. Juni 2012 als DVD

Länge: 87 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Le corbeau
F 1943
Regie: Henri-Georges Clouzot
Drehbuch: Louis Chavance (Szenario, Adaption und Dialog), Henri-Georges Clouzot (Adaption und Dialog)
Besetzung: Pierre Fresnay, Ginette Leclerc, Micheline Francey, Héléna Manson, Pierre Larquey, Roger Blin
Zusatzmaterial: Wendecover
Vertrieb: Studiocanal Home Entertainment

Copyright 2014 by Simon Kyprianou
Fotos & Packshot: © 2012 Studiocanal Home Entertainment

 

Schlagwörter: , , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..