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1984 – Big Brother is Watching You!

10 Sept

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1984

SF-Drama // In Zeiten von Vorratsdatenspeicherung und NSA-Abhöraffäre ist George Orwells Roman „1984“ wieder in vieler Munde. Der bedeutende englische Schriftsteller hatte das Werk in den Jahren 1946 bis 1948 unter dem Eindruck der Nazi-Diktatur und des Stalinismus geschrieben. Die DDR kannte er zu dem Zeitpunkt noch nicht. Sind wir auf dem Weg in einen derart finsteren totalitären Überwachungsstaat? Das kann hier ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob Twentieth Century Fox Home Entertainment die aktuelle politische Debatte zum Anlass genommen hat, die 1984er-Verfilmung nun erstmals auf Blu-ray und parallel in einer neuen DVD-Fassung zu veröffentlichen.

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Die Massen sind gleichgeschaltet

Jedenfalls überzeugt die Blu-ray mit klarem Bild, die fast durchgehend reduzierte Farbsättigung kommt sehr gut rüber. Allerdings ging die Körnigkeit etwas verloren, ob das im Sinne des Erfinders war? Die absolut hoffnungs- und freudlose Atmosphäre macht die Sichtung natürlich zu einem zwiespältigen Genuss – ein Vergnügen ist der Film von Michael Radford („Der Postmann“) nicht. Dafür erleben wir eine beeindruckende Vision einer nahen Zukunft, die keiner haben wollen sollte.

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Bruder Winston Smith …

Im ständig mit den beiden anderen Machtblöcken Ostasien und Eurasien Krieg führenden Ozeanien arbeitet Winston Smith (John Hurt) für das Ministerium der Wahrheit. Dort wird die Wahrheit nach den Vorgaben und Maßstäben der allmächtigen Partei gebeugt und zurechtgestutzt. Partei- und Staatsführer ist der sogenannte „Große Bruder“, der allerdings nie in Erscheinung tritt. Aber er sieht alles und hat jede Einwohnerin und jeden Einwohner im Blick. Sein überdimensionales Konterfei ist allgegenwärtig. Die „Schwester“ und „Bruder“ genannten Bürgerinnen und Bürger sind jeder Individualität beraubt.

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… füllt verbotenerweise ein Tagebuch mit geheimen Gedanken

Wie Smith von seinem Kollegen Bruder Parsons (Gregor Fisher, „Tatsächlich … Liebe“) erfährt, soll die Schokoladenration in der kommenden Woche auf 25 Gramm erhöht werden. Doppelplusgut, nicht? So freut sich Parsons. Doppelplusgut? Ganz recht. Das Geheimnis liegt in der Übersetzung vom direkten Gedanken zur kürzesten Sprachform, erfahren Smith – und wir Zuschauer – von einem weiteren Kollegen. So kommt es zum sogenannten Neusprech, einer neuen Ausdrucksform, die frei von für die Partei schädlichen Einflüssen und Kreativität ist und sich gut zum Einhämmern von Parolen eignet.

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Das fällt Gedankenpolizist O’Brien auf …

Bruder Smith zweifelt schon seit einiger Zeit an der Richtigkeit seines Tuns und des Wirkens der Partei. Und er trifft eine Gleichgesinnte: Julia (Suzanna Hamilton). Die beiden beginnen eine Beziehung, haben leidenschaftlichen Sex – und das, obwohl die Partei den Orgasmus abschaffen will. Dein Innerstes können sie nicht erfassen – und auch nicht in dein Herz eindringen. So sagt Julia zu Winston. Doch sie irrt sich. Die beiden werden ertappt, inhaftiert und zu Parteifunktionär O’Brien (Richard Burton) gebracht. Der Gedankenpolizist foltert Winston, bis der zerbricht.

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… der Winston skrupellos foltert …

Anfang der 1980er-Jahre wurde in der Bundesrepublik Deutschland permanent auf „1984“ verwiesen. Die für 1981 geplante, auf 1983 verschobene und schließlich gerichtlich untersagte Volkszählung führte zu massiven Protesten, schließlich konnten die Bundesbürger erst 1987 gezählt werden. Ständig Thema: Überwachung. Im Deutschunterricht lasen wir George Orwells Roman (ich wusste ihn zugegebenermaßen erst später richtig zu würdigen). Da meine letzte Lektüre des Buchs lange zurückliegt, gilt mit etwas Vorbehalt: Die Verfilmung von 1984 hält sich deutlich enger an die Vorlage als beispielsweise die 1956er-Adaption von Michael Anderson („Flucht ins 23. Jahrhundert“).

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… und ihm mit dessen schlimmsten Ängsten droht

„1984“ wurde zu Richard Burtons letztem Film. Er starb kurz nach Ende der Dreharbeiten, weshalb der Film ihm gewidmet ist. Sein schlechter Gesundheitszustand hatte Auswirkungen auf den Dreh: Viele seiner Szenen mussten häufiger als üblich gedreht werden, weil Burton Probleme hatte, sich seine Textzeilen zu merken. Dennoch überzeugt sein Spiel. Der eiskalte Gedankenpolizist O’Brien verlangt aber auch nicht nach ausgeprägter Mimik, seine Sätze trägt er ohnehin in frostiger Gleichgültigkeit vor. Ob George Orwell 1948 ahnte, dass sein Roman nicht nur 1984 aktuell sein würde, sondern auch 2015? Die 1984er-Verfilmung hat die nun bald 30 Jahre ebenfalls sehr gut überdauert.

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Das Glück mit Julia war von kurzer Dauer

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Richard Burton und John Hurt haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Veröffentlichung: 10. September 2015 als Blu-ray und DVD

Länge: 113 Min. (Blu-ray), 105 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Französisch, Spanisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch
Originaltitel: 1984
GB 1984
Regie: Michael Radford
Drehbuch: Michael Radford, nach dem Roman von George Orwell
Besetzung: John Hurt, Richard Burton, Suzanna Hamilton, Cyril Cusack, Gregor Fisher
Zusatzmaterial: Originaltrailer
Vertrieb: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2015 Twentieth Century Fox Home Entertainment

 

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