Seminole
Von Simon Kyprianou
Western // Florida ist als Schauplatz für einen Western sehr ungewöhnlich, in Boettichers „Seminola“ gibt es nicht die üblichen Motive von weiter, unentdeckter Prärie, sondern schwüle, klaustrophobische Dschungelbilder. Enge ist Boettichers visuelles und inhaltliches Leitmotiv, der Film spielt in den engen Räumen eines Forts und in den besten Szenen im Dschungel, den Boetticher als grün-schwarze Albtraumlandschaft inszeniert, die die Soldaten langsam zugrunde richtet. In einer der besten Szenen des Films, unglaublich brutal und körperlich inszeniert, treibt der Regisseur das Motiv der Enge zu einem Höhepunkt: Es ist Nacht, Regen überschwemmt das Loch im Boden, das dem Fort als Gefängniszelle dient, und auf diesem kleinen Raum inszeniert Boetticher eine länger andauernde Schlägerei zwischen drei Männern.
Immer drückt die Enge der Bilder auf die Figuren, und auch inhaltlich geht es in „Seminola“ um Enge und Druck, nämlich um das militärische Hierarchiesystem, in dem für Reflexionen, Moral, Freundschaft und Anstand kein Platz zu sein scheint. Aus diesen Strukturen entwickelt sich die melodramatische Komponente des Films: die Dreiecksbeziehung zwischen Lieutenant Caldwell (Rock Huson), der wider besseren Wissens an die Befehle seines Vorgesetzten gebunden ist, seinem besten Freund, dem Indianerhäupling Osceola (Anthony Quinn), der das Wohl seines friedlichen Stammes im Sinn hat, und Revere (Barbara Hale), in die beide Männer verliebt sind und die zwischen den Fronten steht. Major Degan (Richard Carlson) will das friedliche Volk der Seminolen gewaltsam umsiedeln, obgleich ihr Land nicht nutzbar gemacht werden kann. Er ignoriert Einwände von Lieutenant Caldwell und zwingt seinen Untergebenen, an seiner Operation teilzunehmen. Die Indianer aber ahnen vom Vormarsch der Weißen.
Rock Hudson und Anthony Quinn
Rock Hudson, der in melodramatischen Rollen ja immer hervorragend funktioniert – in den Filmen von Douglas Sirk („Was der Himmel erlaubt“) zum Beispiel – ist auch hier hervorragend. Ebenfalls überzeugt Anthony Quinns beherrschte und würdevolle Darstellung des Häuplings. In einer Nebenrolle als Sergeant ist obendrein Lee Marvin („Das dreckige Dutzend“) zu sehen.
„Seminola“ kann zu den zivilisationskritischen Indianerwestern gezählt werden – Mitte der 1950er-Jahre eine Seltenheit. Hier sind die Indianer nicht Feindbild, sondern werden im Gegenteil als Opfer weißer Zivilisationsbemühungen gezeigt. Boetticher hebt die Grausamkeit und Willkür eben jener Bemühungen hervor, das ist dem Film sicherlich hoch anzurechnen.
Um Versöhnung bemüht
Ausgebremst wird der schlanke, ökonomisch erzählte Film lediglich von seiner etwas umständlichen Rahmenhandlung in der dann auch ein etwas unpassendes, aber immerhin um Versöhnung zwischen Indianern und Weißen bemühtes Happy End nachgeschoben wird. Das schadet ihm aber nicht wesentlich. „Seminola“ ist ein hervorragend inszenierter, ungewöhnlicher und unbedingt sehenswerter Western.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Budd Boetticher sind in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Rock Hudson, Lee Marvin und Anthony Quinn in der Rubrik Schauspieler. Welche Regiearbeiten Boettichers oder Filme mit Rock Hudson findet Ihr unbedingt sehenswert?
Veröffentlichung: 14. September 2017 als Blu-ray, 22. Juni 2007 als DVD
Länge: 86 Min. (Blu-ray), 85 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Seminole
USA 1953
Regie: Budd Boetticher
Drehbuch: Charles K. Peck Jr.
Besetzung: Rock Hudson, Barbara Hale, Anthony Quinn, Lee Marvin, Richard Carlson, Hugh O’Brian, Russell Johnson, Ralph Moody, Fay Roope, James Best
Zusatzmaterial: Trailer, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial, Wendecover
Vertrieb: Koch Films
Copyright 2017 by Simon Kyprianou
Fotos & Packshot: © 2017 Koch Films
Melanie R
2017/10/15 at 13:31
Mit Rock Hudson kenne ich nur Ein Pyjama für Zwei aus meiner Kindheit
Ingo Maaßen
2017/10/13 at 10:00
Von Budd Boetticher habe ich tatsächlich noch keinen einzigen Film gesehen 😉
Aber Rock Hudson mag ich selbstverständlich in seinen Komödien mit Doris Day, z.B. „Ein Pyjama für Zwei“ und „Bettgeflüster“! Grandios fand ich ihn auch in „Ein Goldfisch an der Leine“.
Sascha Nolte
2017/10/08 at 09:27
Was Rock Hudson betrifft, so finde ich besonders “Ice Station Zebra“ und den wunderbar subtilen “Seconds“ erwähnenswert. Boetticher stehe ich eher gleichgültig gegenüber.
Ralf
2017/10/07 at 15:07
Von Boetticher habe ich bislang (zumindest bewußt) nur „Um Kopf und Kragen“ (= „The Tall T“) gesehen, den ich ganz gut fand, aber mehr auch nicht.
Meine Lieblings-Hudson-Filme sind „Was der Himmel erlaubt“, „El Perdido“, „Winchester ’73“, „Meuterei am Schlangenfluß“, „Bettgeflüster“ und „Ein Goldfisch an der Leine“.
Tomasz Kordula
2017/10/06 at 14:45
Kenne keine, würde aber einen hier nachholen können.
Thomas
2017/10/06 at 14:41
Der Mann, der zweimal lebte mit Rock Hodson von 1966. Gibt es meines Wissens in Deutschland nicht auf DVD/BR, lief nur im Kino und ein paarmal im PayTV, jeweils gekürzt.
Mike Hennig
2017/10/06 at 12:19
Leider fällt mir zu beiden nicht viel ein, würde dies mit dem vorliegenden Film aber gerne ändern. Vielen Dank für die Gelegenheit mittels dieses tollen Gewinnspiels.
fluxchris
2017/10/06 at 12:09
Ich habe einmal „Seven Men from Now“ von Budd Boetticher gesehen. Ein guter Western und gefühlt auch steinalt.
Dirk Busch
2017/10/06 at 10:35
Irgendwie fällt mir zu beiden nicht viel ein.Von Rock Hudson hab ich auch nur Giganten so spontan auf den Schirm,obwohl ich mir sicher bin,das ich schon ne Menge von ihm gesehen hab.War aber nie so meine Baustelle.
Tilman Schumacher
2017/10/06 at 05:24
von boetticher sind vor allem „the tall t“ & „seven men from now“ zu empfehlen. Bei rock hudson zb die zusammenarbeiten mit douglas sirk wie „the tarnished angel“ oder „written on the wind“. Herausragend ist zudem frankenheimers „seconds“.