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Seminola – Indianerwestern im Dschungel Floridas

15 Sept

Seminole

Von Simon Kyprianou

Western // Florida ist als Schauplatz für einen Western sehr ungewöhnlich, in Boettichers „Seminola“ gibt es nicht die üblichen Motive von weiter, unentdeckter Prärie, sondern schwüle, klaustrophobische Dschungelbilder. Enge ist Boettichers visuelles und inhaltliches Leitmotiv, der Film spielt in den engen Räumen eines Forts und in den besten Szenen im Dschungel, den Boetticher als grün-schwarze Albtraumlandschaft inszeniert, die die Soldaten langsam zugrunde richtet. In einer der besten Szenen des Films, unglaublich brutal und körperlich inszeniert, treibt der Regisseur das Motiv der Enge zu einem Höhepunkt: Es ist Nacht, Regen überschwemmt das Loch im Boden, das dem Fort als Gefängniszelle dient, und auf diesem kleinen Raum inszeniert Boetticher eine länger andauernde Schlägerei zwischen drei Männern.

Major Degan (l.) und Lieutenant Caldwell geraten häufig aneinander

Immer drückt die Enge der Bilder auf die Figuren, und auch inhaltlich geht es in „Seminola“ um Enge und Druck, nämlich um das militärische Hierarchiesystem, in dem für Reflexionen, Moral, Freundschaft und Anstand kein Platz zu sein scheint. Aus diesen Strukturen entwickelt sich die melodramatische Komponente des Films: die Dreiecksbeziehung zwischen Lieutenant Caldwell (Rock Huson), der wider besseren Wissens an die Befehle seines Vorgesetzten gebunden ist, seinem besten Freund, dem Indianerhäupling Osceola (Anthony Quinn), der das Wohl seines friedlichen Stammes im Sinn hat, und Revere (Barbara Hale), in die beide Männer verliebt sind und die zwischen den Fronten steht. Major Degan (Richard Carlson) will das friedliche Volk der Seminolen gewaltsam umsiedeln, obgleich ihr Land nicht nutzbar gemacht werden kann. Er ignoriert Einwände von Lieutenant Caldwell und zwingt seinen Untergebenen, an seiner Operation teilzunehmen. Die Indianer aber ahnen vom Vormarsch der Weißen.

Rock Hudson und Anthony Quinn

Rock Hudson, der in melodramatischen Rollen ja immer hervorragend funktioniert – in den Filmen von Douglas Sirk („Was der Himmel erlaubt“) zum Beispiel – ist auch hier hervorragend. Ebenfalls überzeugt Anthony Quinns beherrschte und würdevolle Darstellung des Häuplings. In einer Nebenrolle als Sergeant ist obendrein Lee Marvin („Das dreckige Dutzend“) zu sehen.

Häuptling Osceola ist Caldwells bester Freund aus Jugendtagen

„Seminola“ kann zu den zivilisationskritischen Indianerwestern gezählt werden – Mitte der 1950er-Jahre eine Seltenheit. Hier sind die Indianer nicht Feindbild, sondern werden im Gegenteil als Opfer weißer Zivilisationsbemühungen gezeigt. Boetticher hebt die Grausamkeit und Willkür eben jener Bemühungen hervor, das ist dem Film sicherlich hoch anzurechnen.

Um Versöhnung bemüht

Ausgebremst wird der schlanke, ökonomisch erzählte Film lediglich von seiner etwas umständlichen Rahmenhandlung in der dann auch ein etwas unpassendes, aber immerhin um Versöhnung zwischen Indianern und Weißen bemühtes Happy End nachgeschoben wird. Das schadet ihm aber nicht wesentlich. „Seminola“ ist ein hervorragend inszenierter, ungewöhnlicher und unbedingt sehenswerter Western.

Beide sind in Revere verliebt

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Budd Boetticher sind in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Rock Hudson, Lee Marvin und Anthony Quinn in der Rubrik Schauspieler. Welche Regiearbeiten Boettichers oder Filme mit Rock Hudson findet Ihr unbedingt sehenswert?

Nicht alle Seminolen sind an einer friedlichen Lösung interessiert

Veröffentlichung: 14. September 2017 als Blu-ray, 22. Juni 2007 als DVD

Länge: 86 Min. (Blu-ray), 85 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Seminole
USA 1953
Regie: Budd Boetticher
Drehbuch: Charles K. Peck Jr.
Besetzung: Rock Hudson, Barbara Hale, Anthony Quinn, Lee Marvin, Richard Carlson, Hugh O’Brian, Russell Johnson, Ralph Moody, Fay Roope, James Best
Zusatzmaterial: Trailer, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial, Wendecover
Vertrieb: Koch Films

Copyright 2017 by Simon Kyprianou
Fotos & Packshot: © 2017 Koch Films

 
 

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10 Antworten zu “Seminola – Indianerwestern im Dschungel Floridas

  1. Melanie R

    2017/10/15 at 13:31

    Mit Rock Hudson kenne ich nur Ein Pyjama für Zwei aus meiner Kindheit

     
  2. Ingo Maaßen

    2017/10/13 at 10:00

    Von Budd Boetticher habe ich tatsächlich noch keinen einzigen Film gesehen 😉
    Aber Rock Hudson mag ich selbstverständlich in seinen Komödien mit Doris Day, z.B. „Ein Pyjama für Zwei“ und „Bettgeflüster“! Grandios fand ich ihn auch in „Ein Goldfisch an der Leine“.

     
  3. Sascha Nolte

    2017/10/08 at 09:27

    Was Rock Hudson betrifft, so finde ich besonders “Ice Station Zebra“ und den wunderbar subtilen “Seconds“ erwähnenswert. Boetticher stehe ich eher gleichgültig gegenüber.

     
  4. Ralf

    2017/10/07 at 15:07

    Von Boetticher habe ich bislang (zumindest bewußt) nur „Um Kopf und Kragen“ (= „The Tall T“) gesehen, den ich ganz gut fand, aber mehr auch nicht.

    Meine Lieblings-Hudson-Filme sind „Was der Himmel erlaubt“, „El Perdido“, „Winchester ’73“, „Meuterei am Schlangenfluß“, „Bettgeflüster“ und „Ein Goldfisch an der Leine“.

     
  5. Tomasz Kordula

    2017/10/06 at 14:45

    Kenne keine, würde aber einen hier nachholen können.

     
  6. Thomas

    2017/10/06 at 14:41

    Der Mann, der zweimal lebte mit Rock Hodson von 1966. Gibt es meines Wissens in Deutschland nicht auf DVD/BR, lief nur im Kino und ein paarmal im PayTV, jeweils gekürzt.

     
  7. Mike Hennig

    2017/10/06 at 12:19

    Leider fällt mir zu beiden nicht viel ein, würde dies mit dem vorliegenden Film aber gerne ändern. Vielen Dank für die Gelegenheit mittels dieses tollen Gewinnspiels.

     
  8. fluxchris

    2017/10/06 at 12:09

    Ich habe einmal „Seven Men from Now“ von Budd Boetticher gesehen. Ein guter Western und gefühlt auch steinalt.

     
  9. Dirk Busch

    2017/10/06 at 10:35

    Irgendwie fällt mir zu beiden nicht viel ein.Von Rock Hudson hab ich auch nur Giganten so spontan auf den Schirm,obwohl ich mir sicher bin,das ich schon ne Menge von ihm gesehen hab.War aber nie so meine Baustelle.

     
  10. Tilman Schumacher

    2017/10/06 at 05:24

    von boetticher sind vor allem „the tall t“ & „seven men from now“ zu empfehlen. Bei rock hudson zb die zusammenarbeiten mit douglas sirk wie „the tarnished angel“ oder „written on the wind“. Herausragend ist zudem frankenheimers „seconds“.

     

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