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Der seidene Faden – Ein garstiger Abschied

31 Jan

Phantom Thread

Kinostart: 1. Februar 2018

Von Matthias Holm

Drama // Vor dem Werk von Paul Thomas Anderson muss man Respekt haben. Mit lediglich acht Filmen hat es der Regisseur geschafft, sich als einer der Größten seiner Zunft zu etablieren. Sein „Magnolia“ ist ein traumhafter Episodenfilm, in „Punch-Drunk Love“ brachte er Adam Sandler dazu, vernünftig zu schauspielern, und „There Will Be Blood“ mit Daniel Day-Lewis wurde in einer Umfrage der BBC auf Platz drei der bedeutendsten Filme des 21. Jahrhunderts gewählt. Apropos Day-Lewis: Der 1957 im Londoner Stadtteil Greenwich geborene hat Mitte 2017 sein Karriereende verkünden lassen. Nicht nur dank seiner drei Oscars für „Mein linker Fuß“ (1989), „There Will Be Blood“ (2007) und „Lincoln“ (2012) gilt er als einer der größten Schauspieler unserer Zeit. Umso bedauerlicher sein überraschender Entschluss, für den er keine Begründung äußerte. Zuvor kommt mit „Der seidene Faden“ also sein letzter Aufrtitt in die Kinos – erneut von Paul Thomas Anderson inszeniert und zudem für sechs Oscars nominiert: als bester Film, für die Regie, Hauptdarsteller Day-Lewis, Nebendarstellerin Lesle Manville, den Original Score und das Kostümdesign.

Der Meister und die Muse

Reynolds Woodcock (Day-Lewis) ist der wohl bekannteste Schneider der Welt. Frauen reißen sich darum, ein Kleid zu tragen, das er entworfen hat. Doch das Genie ist nicht gerade umgänglich, lediglich seine Schwester Cyril (Lesley Manville), die für die Buchhaltung zuständig ist, weiß mit ihm umzugehen. Bei einem Besuch in seiner Heimat lernt Reynolds Alma (Vicky Krieps) kennen. Die beiden kommen einander näher, bald ist sie Reynolds neue Muse. Doch schnell wird diese Beziehung selbstzerstörerische Züge annehmen.

Der Meister und seine Muse

„Der seidene Faden“ ist ein Film mit zwei Seiten. Auf der einen gibt es die technischen Aspekte. Anderson, der auch die Kamera übernahm, schwebt förmlich mit dem Zuschauer durch die Räume und fängt jede kleinste Regung seiner Darsteller ein. Dabei sind die Bilder allesamt wunderschön, ob an Englands rauer Küste oder in dem stilvollen Haus, in dem die Woodcocks wohnen. Der verspielte Score von Johnny Greenwood unterstützt diese Schönheit, ohne sich allzu sehr in den Vordergrund zu drängen.

Cholerisch, zickig, manipulativ

Auf der anderen Seite gibt es die eigentliche Geschichte und ihre Figuren. Im Grunde genommen haben wir es hier mit einem Beziehungsdrama zu tun, in dem es um Machtverhältnisse geht – Reynolds ist es als absoluter Perfektionist nicht gewohnt, dass eine Frau wie Alma ihm Kontra bietet. Doch diese durchaus interessante Idee wird so langweilig und langwierig vorgetragen, dass dem Zuschauer irgendwann nur noch die Bilder bleiben. Hinzu kommt, dass sämtliche Figuren in „Der seidene Faden“ gänzlich unsympathisch sind. Der cholerische Reynolds, die zickige Alma und die manipulative Cyril sind die drei zentralen Figuren – mit keiner davon will man unbedingt länger als nötig verbringen.

Reynolds unter Stress

Das schlägt sich auch in den Dialogen nieder. Manchmal gibt es ziemlich witzige Szenen, der Humor geht allerdings meistens aus der Boshaftigkeit der Figuren hervor. So fällt es schwer, all dem Hin und Her über die gesamte Laufzeit zu folgen, vor allem, da sich bestimmte Motive im späteren Verlauf wiederholen. Die deutsche Synchronisation hilft da leider auch nicht, gerade Vicky Krieps, die sich selbst nachgesprochen hat, wirkt als Sprecherin vollkommen deplatziert. Vielleicht reißt Daniel Day-Lewis in der Originalversion mehr raus – aber so ist sein Reynolds Woodcock nur ein weiteres, exzentrisches Genie, das nicht lange im Gedächtnis bleiben wird.

„Der seidene Faden“ ist also ein wunderschöner Film, der inhaltlich allerdings zu viele Federn lässt. Mit all seinen Unsympathen ist es ein garstiger Abschied eines großen Mannes aus der Filmbranche. Mach’s gut, Daniel Day-Lewis!

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Paul Thomas Anderson haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgeführt, Filme mit Daniel Day-Lewis unter Schauspieler.

Cyril scheint nicht begeistert zu sein

Länge: 130 Min.
Altersfreigabe: FSK 6
Originaltitel: Phantom Thread
GB 2017
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson
Besetzung: Daniel Day-Lewis, Vicky Krieps, Lesley Manville, Sue Clark, Joan Brown, Harriet Leitch, Dinah Nicholson, Julie Duck
Verleih: Universal Pictures Germany GmbH

Copyright 2018 by Matthias Holm

Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2018 Universal Pictures Germany GmbH

 

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