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The VelociPastor – Die Klaue Gottes: Vom Priester, der zum Saurier mutierte

30 Apr

The VelociPastor

Von Volker Schönenberger

Horror-Abenteuer // Der katholische Priester Doug (Gregory James Cohan) muss mit ansehen, wie das Auto seiner Eltern (George Schewnzer, Janice Young) mit den beiden in Flammen aufgeht. Sein Vorgesetzter Pater Stewart (Daniel Steere) kann ihn selbst mit einem ordentlichen Schluck Messwein nicht trösten. Er rät ihm aber immerhin, sich auf eine spirituelle Reise zu begeben. Und so setzt sich Doug ans Lenkrad und fährt nach China.

Auf nach China!

Als er dort in einem Wald gerade in sich geht, trifft er auf eine junge Chinesin (Claire Hsu), die just von einem Pfeil durchbohrt wurde. Die Sterbende drückt ihm eine große Kralle in die Hand und beschwört ihn, den Gegenstand zu zerstören. Da er kein Chinesisch spricht, versteht er kein Wort. Immerhin kann sie ihn noch „Drachenkrieger“ nennen, bevor sie ihren letzten Atemzug aushaucht. Knapp entkommt Doug einem schwarz gewandeten Bogenschützen, der auch ihn abmurksen will. Der Geistliche kehrt in seine Heimat zurück, wo er in finsterer Nacht eine mysteriöse Mutation durchmacht: Er verwandelt sich in einen Dinosaurier! Einen blutrünstigen Velociraptor, um es zu präzisieren.

Die Klaue Gottes

Das mag der die Bibel offenbar recht streng auslegende Nachwuchspriester nicht recht glauben: Dinosaurier haben niemals existiert, und selbst wenn es so wäre, verwandle ich mich nicht in einen. So Doug zur Prostituierten Carol (Alyssa Kempinski), die er als Saurier im Park vor einem Straßenräuber (Alec Lambert) gerettet hat und in deren Bett er nackt aufgewacht ist. Als er kurz darauf im Beichtstuhl seinen priesterlichen Pflichten nachkommt, wartet dort ausgerechnet Carols Zuhälter Frankie Mermaid (Fernando Pacheco De Castro), der ihm auch noch gesteht, das Auto von Dougs Eltern in die Luft gesprengt zu haben. Der Zorn darüber lässt in ihm das Reptil zum Vorschein kommen, was dem Luden gar nicht gut bekommt. Carol überzeugt Doug nun davon, seine Saurierfähigkeiten dafür einzusetzen, die Welt von Schurken zu befreien.

Frauenversteher: Zuhälter Frankie Mermaid

Laienhaftes Schauspiel, banale Dialoge, eine an Absurdität kaum zu überbietende Story – sollten wir es etwa mit Trash zu tun haben? Das lässt sich kaum leugnen. Allein schon, wenn man während des Vorspanns Dougs Autofahrt (von den USA nach China!) sieht und er unmittelbar darauf in einem Wald umherspaziert, der nur deshalb nach China aussieht, weil er auf eine Chinesin trifft, weiß man, wie der Hase läuft. „The VelociPastor – Die Klaue Gottes“ (2018) hat seinen Ursprung im Jahr 2010, als Regisseur und Drehbuchautor Brendan Steere die renommierte private Kunsthochschule School of Visual Arts in New York City besuchte und für eine Projektarbeit einen Kurzfilm aus Fake-Trailern drehte. Einer davon trug den Titel „VelociPastor“. Zu der Idee kam Steere eigenen Angaben zufolge, als ihm die Autokorrektur seines Smartphones aus dem Wort „Velociraptor“ ein „Veloci Pastor“ machte. Zwei erfolglose Crowdfunding-Kampagnen führten immerhin dazu, dass mit Gregory James Cohan der Hauptdarsteller gefunden wurde, eine private Finanzspritze später waren die 35.000 Dollar beisammen, die es brauchte, den Film zu produzieren.

Priester Doug nimmt die Beichte ab

Wer „The VelociPastor“ ernst nimmt, dem ist auch nicht zu helfen. Und auch wer das Horror-Abenteuer als den Spaß annimmt, der es sein soll, sollte nicht den Fehler begehen, den Film mit der „Sharknado“-Reihe und anderen Fließband-Produktionen von Trash-Schmieden wie The Asylum in einen Topf zu werfen. Brendan Steere investiert viel mehr Leidenschaft in sein Low-Budget-Projekt, als in den Büroräumen von The Asylum zu finden ist. Seine skurrilen Ideen verdienen Respekt. Vor allem ging es ihm sicher nicht darum, einen schlechten Film zu drehen, um damit Trashfans zu bedienen, nur weil ihm kaum Geld zur Verfügung stand. Steere wollte schlicht eine Idee, die er hatte, filmisch umsetzen, und das ist ihm gelungen. Anerkennung verdient allein schon die Tatsache, dass er für die Darstellung der Titelfigur ein Saurierkostüm einsetzte, das für eine Schulaufführung zusammengebastelt, aber nie verwendet worden war. Generell kamen ausschließlich handgemachte Effekte zum Einsatz. Für CGI war schlicht kein Budget vorhanden, was so weit geht, dass die Explosion des elterlichen Autos zu Beginn nicht gezeigt wird, stattdessen sehen wir über dem Straßenbild einen Schriftzug „VFX: Car on fire“. Seltsam? Aber so steht es geschrieben …

Der Exorzismus scheint nicht ganz geglückt zu sein

Der sich gelegentlich in einen Raubsaurier verwandelnde Geistliche erweckt aufgrund seiner sich anbahnenden Beziehung mit Carol den Argwohn von Pater Stewart, der Doug daraufhin zum Exorzisten Altair (Aurelio Voltaire) schleppt. Die Austreibung misslingt zwangsläufig, sonst wäre der Film ja vorbei. Später müssen sich Doug und Carol mit dem bösen Ninjameister Wie Chan (Jiechang Yang) und dessen Schergen herumplagen. Eine sonderbare Idee stellen auch die Rückblenden dar, die Pater Stewart als Sergeant im Vietnamkrieg zeigen. Nicht, dass in diesen Szenen irgendetwas auch nur annähernd authentisch wirkt, seien es Kostüme oder die Vegetation. Selbst seinen Stahlhelm trägt Sergeant Stewart falsch herum. Zum Schießen!

Erinnerungen an Vietnam: Sergeant Stewart

In den USA hat sich „The VelociPastor – Die Klaue Gottes“ offenbar einen gewissen Kultstatus erarbeitet und über Mundpropaganda und Vorführungen bei diversen kleinen Festivals an Bekanntheit gewonnen. Mit knackig kurzen 71 Minuten ist der Film keine Minute zu lang geraten. Langeweile kommt zu keinem Zeitpunkt auf, zumal man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Die Busch Media Group hat Brendan Steeres Regiearbeit hierzulande bereits im Januar 2024 zum Streamen verfügbar gemacht und schiebt Anfang Mai ein Mediabook mit Blu-ray und DVD nach. Im 16-seitigen Booklet gibt der Filmliebhaber und Medienwissenschaftler Hendrik Mutzenbach allerlei Informatives und Unterhaltsames über die menschliche Faszination für Dinosaurier, die Geschichte von „The VelociPastor“ und Cast und Crew preis, ergänzt zu ein paar Gedanken zum cineastischen Independent- und Low-Budget-Sektor. Das passt.

Todesmutig: Carol und Doug

„The VelociPastor – Die Klaue Gottes“ sprüht mit seiner aberwitzigen Grundidee vor hanebüchenen Einfällen und feiert die Albernheit. Das Urteil „komödiantisches Meisterwerk“ (siehe bei „The Horror Revolution“) halte ich zwar für etwas zu enthusiastisch, dem Fazit „irrwitzig komische Horrorkomödie“ (siehe „The Hollywood Outsider“) kann ich aber mit nur etwas Augenzudrücken zustimmen. Man sollte Trash schon mögen, um den zum Reptil mutierenden Priester zu goutieren, aber wer diese Voraussetzung mitbringt, für den Filmabend ausreichend Bier und Chips bereitstellt und Gleichgesinnte zum gemeinsamen Schenkelklopfen einlädt, wird eine lustige Zeit verbringen. Und wer von Doug und Carol noch nicht genug bekommen kann, darf sich auf „The VelociPastor 2“ freuen, in welchem es das Paar nach Italien verschlägt. Regie wird diesmal Jesse Gouldsbury führen, der beim Vorgänger die Kamera bedient hat. Er und Brendan Steere zeichnen fürs Drehbuch verantwortlich.

The VelociPastor vs. Ninjas

Veröffentlichung: 2. Mai 2024 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD, auf 1.000 Exemplare limitiert), 18. Januar 2024 als Video on Demand

Länge: 71 Min. (Blu-ray), 68 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: The Velocipastor
USA/CHN 2018
Regie: Brendan Steere
Drehbuch: Brendan Steere
Besetzung: Gregory James Cohan, Alyssa Kempinski, George Schewnzer, Janice Young, Daniel Steere, Claire Hsu, Nicholas M. Garofolo, Fernando Pacheco De Castro, Chase Schutter, Alec Lambert, Jesse Turits, Jiechang Yang, Aurelio Voltaire, David Sokol, Pat Hroncich, Dan Rhoades, Kathleen Steere
Zusatzmaterial: Trailer, Deckblatt, 16-seitiges Booklet mit einem Text von Hendrik Mutzenbach
Label: Busch Media Group
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshots: © 2024 Busch Media Group

 

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