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Clint Eastwood (XX): Die Brücken am Fluss – Sein einziger Ausflug ins romantische Fach

09 Feb

The Bridges of Madison County

Von Simon Kyprianou

Melodram // Meryl Streep hat eingeräumt, sie habe Robert James Wallers Romanvorlage, die Clint Eastwood ihr schickte, nach dem Lesen direkt in die Mülltonne geworfen – an solchem Kitsch habe sie kein Interesse. Das Drehbuch hat sie dann erfreulicherweise doch überzeugt. Bis heute hat der Film einen Sonderstatus im Werk von Clint Eastwood, zwischen Western und Actionfilmen sticht das klassische Melodram schon heraus, genau wie die vielen schönen Musikfilme die Eastwood gemacht hat. „Die Brücken am Fluss“ blieb leider Eastwoods einziger Ausflug in diese Richtung.

Die italienische Einwanderin Francesca Johnson (Streep) lebt in den 60er-Jahren zusammen mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern ein leidenschaftsloses Leben auf einer Farm in Iowa. Kurz nachdem ihr Mann mit den Kindern für ein paar Tage zu einer Landwirtschaftsausstellung nach Illinois gefahren ist, macht der Fotograf Robert Kincaid (Clint Eastwood) zufällig Halt bei der Farm der Johnsons, um nach dem Weg zu einer Brücke zu fragen, die er für National Geographic fotografieren soll. Die beiden verlieben sich ineinander.

Zum Glück sentimental

Eastwood inszeniert den Film in der wunderbaren Tradition des Hollywood-Melodrams. Er versichert sich dabei in seiner Inszenierung nicht gegen Sentimentalität oder Kitsch, um bemüht nüchtern und abgeklärt zu erzählen, glücklicherweise ist das Gegenteil der Fall: Er gibt sich Sentimentalität und Kitsch regelrecht hin, der Film zerfließt geradezu in Gefühlen. Und er vertraut seinen Figuren und ihrer Geschichte, versucht erst gar nicht, dieser intimen Liebesgeschichte etwas hinzuzufügen. Er erzählt die Geschichte aus Francescas Perspektive – in der Rahmenhandlung, die eine Brücke von Liebes- zu Familiendrama schlägt, finden sich ihre Berichte über die Affäre in ihrem Nachlass – sie werden von ihren Kindern entdeckt. Die weibliche Figur ist also Dreh- und Angelpunkt der Erzählung, das rückt den Film abermals in die Nähe der klassischen Hollywood-Melodramen, die ja auch meist „Frauengeschichten“ waren und gerade deshalb von der zeitgenössischen Kritik gern als trivial abgetan wurden.

Zehnte Oscar-Nominierung für Meryl Streep

Eastwood erzählt diese Geschichte geradeheraus und schnörkellos, ohne dabei Distanz zu den Figuren und ihren aufgewühlten Gefühlen zu suchen, mit viel Vertrauen in Lennie Niehaus’ großartige Filmmusik. Meryl Streep war nie wieder so gut wie in diesem Film, sie spielt Francesca ganz ohne Eitelkeiten. So frei wie hier, so scheint mir jedenfalls, hat sie selten gespielt. Das reichte immerhin für die zehnte ihrer mittlerweile 21 Oscar-Nominierungen. Sie wird es verschmerzt haben, dass sie 1996 Susan Sarandon unterlag, die den Academy Award für ihre Hauptrolle in „Dead Man Walking – Sein letzter Gang“ gewann.

Insbesondere in den vergangenen Jahren wünscht man sich, Eastwood werde sich wieder mehr Filmen wie „The Bridges of Madison County“ zuwenden, statt wieder und wieder amerikanische Helden zu porträtieren.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von oder mit Clint Eastwood sind in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Meryl Streep unter Schauspielerinnen.

Veröffentlichung: 9. Mai 2014 als Blu-ray, 15. August 2008 als Special Edition DVD, 2. Mai 2008 und 25. September 1998 als DVD

Länge: 135 Min. (Blu-ray), 129 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
Originaltitel: The Bridges of Madison County
USA 1995
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Richard LaGravenese, nach einem Roman von Robert James Waller
Besetzung: Clint Eastwood, Meryl Streep, Annie Corley, Victor Slezak
Zusatzmaterial: keine Angabe
Vertrieb: Warner Home Video

Copyright 2018 by Simon Kyprianou

Packshots: © 2018 Warner Home Video

 

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