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Die Gruft des Grauens – Vampir als Vergewaltiger

13 Jun

Grave of the Vampire

Von Volker Schönenberger

Horror // Des Nachts auf einem nebelumwobenen Friedhof. Wir sehen eine massive Gruft, der Name Croft ist erkennbar. Dann hebt sich langsam der Deckel … Ein junges Pärchen hält nach einer Party auf dem Heimweg noch auf eben diesem Friedhof – warum auch immer die beiden das tun. Leslie Hollander (Kitty Vallacher) und ihr Freund Paul (Jay Scott) unterhalten sich, im Auto kommen sie einander näher. Doch Caleb Croft (Michael Pataki) steigt aus seinem Grab, tötet Paul und saugt ihm das Blut aus dem Leib. Dann widmet er sich Leslie, zieht die junge Frau in ein frisch gegrabenes Grabloch und vergewaltigt sie. Als der Morgen graut, sucht der Vampir in einem baufälligen Haus einen Unterschlupf, der ihm Schutz vor der Sonne bietet.

Bald darauf erfährt Leslie, dass sie schwanger ist. Sie ist erfreut, glaubt, es sei Pauls Baby. Ihr Hausarzt aber warnt sie: Was sie in ihrem Leib trage, sei kein normales menschliches Wesen, sondern ein Parasit. Doch die junge Frau lässt sich nicht beirren. Derweil frönt Caleb Croft weiter seinem unersättlichen Blutdurst. Neun Monate nach dem grausigen Ereignis auf dem Friedhof bringt Leslie einen Jungen zur Welt, den sie mit ihrem Blut ernährt. Der Knabe wächst zu einem stattlichen jungen Mann heran: James Eastman (William Smith), der sich als Student auf die Suche nach seinem Vater begibt, um ihn zu töten.

Beinahe ein Oscar für John Hayes

Regisseur John Hayes war sogar mal für einen Oscar nominiert: 1959 für den von ihm produzierten Kurzfilm „The Kiss“, zu dem er auch das Drehbuch geschrieben hatte. Als Filmemacher kam er über den Sektor der B-Movies und Exploitationfilme nicht hinaus, drehte bisweilen sogar Pornos. „Die Gruft des Grauens“ ist natürlich weit davon entfernt, zu den Großtaten des Vampirfilms aufzuschließen. In nur elf Tagen mit einem Budget von 50.000 US-Dollar gedreht, hat das Werk allerdings auch wenig mit Trash-Machwerken vom Schlage des ein Jahr früher entstandenen „Draculas Bluthochzeit mit Frankenstein“ zu tun. Das geringe Budget sieht man dem Indie-Schocker natürlich an, aber er hat doch seine gruseligen Momente.

Paul muss dran glauben

Vampir Caleb Croft ist gar nicht schlecht geraten. Seine anfangs arg billig wirkende Maskerade ist bald darauf glücklicherweise nicht mehr notwendig, da sich der Vampir dank ausreichend oraler Blutzufuhr sichtlich verjüngt. Etwas fehlbesetzt erscheint allerdings William Smith als Protagonist, der seinen vampirischen Neigungen nicht folgen und stattdessen mit seinem Vater abrechnen will. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits über 30 Jahre alt, habe ich ihm den jungen Studenten einfach nicht abgenommen. Seine Motivation wirkt auch nicht unbedingt schlüssig, sein Wesen wirkt undurchdacht: Ist er nun ein Vampir oder nicht? Weshalb will er seinen Vater töten? Und woher weiß er, wie er ihn finden kann? Vielleicht ist mir einiges entgangen, aber es tun sich doch ein paar Logiklöcher auf – natürlich keine Seltenheit bei Produktionen wie dieser. Die Kamera findet einige stimmungsvolle Bilder und Einstellungen. Bis zum Showdown im Anschluss an eine Séance mangelt es etwas an Höhepunkten, die interessante Story macht den Streifen aber doch sehenswert.

Nach 25 Jahren vom Index entfernt

1982 indiziert, wurde „Die Gruft des Grauens“ 2007 turnusmäßig nach 25 Jahren von der Liste gestrichen. Rechtzeitig zur Veröffentlichung der deutschen DVD durch Studio Hamburg Enterprises im Januar 2019 erhielt der Horrorfilm von der FSK eine Altersfreigabe ab 16 Jahren für die ungeschnittene Fassung, was angemessen erscheint. Das Label hat dennoch das rote FSK-18-Logo aufs Cover gepackt, warum auch immer – ob als Köder für hartgesottene Horrorfans oder aufgrund eines Trailers mit 18er-Freigabe in der Trailershow. Laut Vermerk auf dem Backcover der DVD handelt es sich um eine neue Abtastung aus dem Jahr 2017. Hohen qualitativen Ansprüchen genügt sie nicht, was auch für die deutsche und englische Tonspur gilt. In den USA hat „Shout! Factory“ den Film kürzlich sogar als Blu-ray veröffentlicht. Da „Die Gruft des Grauens“ in den USA als Public Domain eingestuft ist, kann er sogar kostenlos und völlig legal im Internet Archive angeschaut und heruntergeladen werden. Das mag manchen Vampirfans für diesen Film vielleicht sogar reichen.

Caleb Croft ist wieder da

Veröffentlichung: 18. Januar 2019 als DVD

Länge: 86 Min.
Altersfreigabe: FSK 16 (18)
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Italienisch, Französisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Grave of the Vampire
USA 1972
Regie: John Hayes
Drehbuch: David Chase
Besetzung: William Smith, Michael Pataki, Lyn Peters, Diane Holden, Lieux Dressler, Ernesto Macias, Jay Adler, Carmen Argenziano, William Guhl, Margaret Fairchild, Abbi Henderson
Zusatzmaterial: Trailershow, Wendecover
Label/Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises

Copyright 2019 by Volker Schönenberger
Szenenfotos: © 2019 Studio Hamburg Enterprises

 
 

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2 Antworten zu “Die Gruft des Grauens – Vampir als Vergewaltiger

  1. Christine

    2022/07/24 at 08:22

    Ich frage mich, warum der Film überhaupt indiziert wurde. Ich habe auch die 86min-Fassung gesehen und die Kamera scheut dann doch explizite Szenen. Und den fast 40jährigen William Smith als Student durchgehen zu lassen, war dann doch grotesk.

     
  2. Michael Kleu

    2019/06/14 at 11:06

    Den kannte ich noch gar nicht. Spannend!

     

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