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Horror für Halloween (XVII): Ted Bundy – Das Wüten des Serienkillers

09 Okt

Ted Bundy

Von Volker Schönenberger

Horrorthriller // Ted Bundy (1946–1989) zählt zu den berüchtigsten Serienmördern in der Geschichte der USA. Seine Opfer vergewaltigte er, nachdem er sie in seine Gewalt gebracht hatte, anschließend erwürgte oder erschlug er sie, um sie anschließend zu zerstückeln. Einige der meist jungen Frauen biss er auch – ein paar Morde konnten ihm aufgrund zahnärztlicher Gutachten nach Prüfung der Bissspuren nachgewiesen werden. Nach seiner Verhaftung gelang ihm zweimal die Flucht. 1978 erstmals zum Tode verurteilt, gelang es ihm und seinen Anwälten, die Vollstreckung jahrelang hinauszuzögern. In dieser Zeit heiratete er und wurde sogar Vater, bevor er am 24. Januar 1989 im Florida State Prison auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wurde. Offiziell hatte er 30 Morde gestanden, die tatsächliche Zahl seiner Opfer ist unbekannt und wird auf 60 bis mehr als 100 geschätzt.

Von 1986 bis 2019 mehrfach verfilmt

Die erste Spielfilm-Umsetzung von Ted Bundys Wüten datiert von 1986: In „Alptraum des Grauens – Nachts wird er zur Bestie“ („The Deliberate Stranger“) von Marvin J. Chomsky spielte Mark Harmon den Serienkiller. In der jüngsten Verfilmung „Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“ (2019) von Joe Berlinger ist Zac Efron als Ted Bundy zu sehen. Ähnlich wie Berlingers Umsetzung hält sich „Ted Bundy“ (2002) vergleichsweise eng an die bekannten Fakten.

Von Beginn an wird deutlich, dass Ted Bundy (Michael Reilly Burke) ein sonderbarer Zeitgenosse ist, als er nach dem Aufstehen vor dem Spiegel posiert und freundliche Grüße trainiert – gepaart allerdings mit ein paar Grimassen. Der Jurastudent fährt einen gelben VW Käfer, arbeitet in der Telefonseelsorge und erfreut sich am Anblick seiner attraktiven Kommilitoninnen. Gern beobachtet er des Abends auch Frauen durch ihre Fenster, holt sich dabei einen runter. Mit seiner Freundin Lee (Boti Bliss) hat er zwar Sex, doch er bevorzugt es etwas rauer, was mit ihr nicht zu machen ist. Bald reichen ihm Voyeurismus und Blümchensex nicht mehr aus …

Der Trick mit dem Gipsarm

Matthew Bright („Freeway“) inszeniert das Wüten Ted Bundys in nüchternen Bildern, zeigt uns den Serienmörder als spießig wirkenden Zeitgenossen, den manche Mutter einer Tochter im Twen-Alter womöglich gern als Schwiegersohn hätte. Weil er aussieht, als könne er kein Wässerchen trüben, gelingt es Ted mit Gipsarm ausgestattet, Frauen um Hilfe zu bitten und in sein Auto zu locken. Was er dann mit ihnen anstellt, bekommen wir zwar nicht exploitativ, aber doch deutlich zu sehen. Bald häufen sich die Nachrichten vermisster und tot aufgefundener Frauen in diversen US-Staaten.

Sein Verhältnis zu Lee ist aufgrund seiner sexuellen Vorlieben zwiespältig, fast scheint sie ihm hörig zu sein. Besonders gruselig fand ich eine Szene, in der sie ihm dann doch endlich mal gefügig ist. Ein paar Szenen lösten aufgrund arg leichtsinnigen bis dummen Verhaltens einiger Frauen Stirnrunzeln aus, aber die Intelligenz der Menschen ist eben auch nach unten offen. Der Soundtrack wechselt häufig die Stimmung, mal gibt es dramatischen Score zu hören, mal verspielt-alberne Klänge bis hin zu Gedudel, gut zur Inszenierung passend. Angesichts der gezeigten Gnadenlosigkeit des Serienkillers läuft es einem eiskalt den Rücken herunter. Die Realität erweist sich einmal mehr als grausamer als jede Fantasie, das bildet „Ted Bundy“ sehr gut ab. Dazu passen auch die intensiven Bilder der Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl inklusive der dafür notwendigen Vorbereitung des Delinquenten (Stichwort Windel etc.) – keine angenehmen Szenen, aber wirkungsvoll.

Make-up-Effekte von Tom Savini

Als erster den inhaftierten Ted Bundy verhörenden Detective in Salt Lake City ist Make-up-Effekte-Papst Tom Savini („Zombie“) zu sehen, der auch für die blutigen Effekte des Films zuständig war. Dennoch sollten Splatterfans kein überbordendes Gemetzel erwarten, der Horrothriller ist näher am Drama dran als an der Exploitation – das ist als Positivum zu werten. Michael Reilly Burke trägt den Film in der Titelrolle schauspielerisch fast allein, da der Fokus jeder Szene auf ihm liegt. Das erledigt er ganz hervorragend. Bei den Dreharbeiten hatte Burke bereits knapp zehn Jahre Schauspielerfahrung im Fernsehen auf dem Konto. Zu großer Starpower hat es nie gereicht, aber er ist bis heute aktiv und mit Gastauftritten in vielen TV-Serien gut beschäftigt. Horrorfans haben ihn vielleicht 2009 in „The Collector“ und 2018 in „Slender Man“ wahrgenommen.

Beim animierten Menü der bislang meines Wissens einzigen deutschen DVD-Veröffentlichung hat der Layouter voll danebengegriffen. Ein Ted Bundy im Unterhemd begrüßt uns vor waberndem blauen Hintergrund (ein Ausschnitt der ersten Szene des Films) – fürchterlich. Immerhin liegt der Film ungeschnitten und in solider Qualität vor, kommt aber ohne deutsche oder englische Untertitel daher. In Deutschland war „Ted Bundy“ zuvor lediglich beim Fantasy Filmfest im Kino zu sehen gewesen. Es ist aber ohnehin kein Film, der die große Leinwand braucht, seine Frösteln erzeugende Wirkung entfaltet er auch im Heimkino. Im Zeitalter der Blu-ray darf es beizeiten ruhig eine Neuauflage sein, zumal die DVD nicht mehr lieferbar ist. Wer harten Horrorthrillern mit realistischem Bezug jenseits der Exploitation etwas abgewinnen kann, dürfte an „Ted Bundy“ Gefallen finden.

Ich kann’s einfach nicht glauben. Ich war jahrelang mit ihm zusammen, aber ich hab nie gewusst, was er wirklich für ein Mensch war … Wer war das eigentlich? Wer war Ted Bundy? So Teds Freundin Lee gegen Ende – ebenso wie die Namen seiner Opfer wurde auch ihr Name für den Film geändert. Die Szenen mit Lee gestalten „Ted Bundy“ noch eindrucksvoller als der Horrorthriller ohnehin ist.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Tom Savini haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Veröffentlichung: 18. März 2004 als DVD

Länge: 95 Min.
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Ted Bundy
GB/USA 2002
Regie: Matthew Bright
Drehbuch: Stephen Johnston, Matthew Bright
Besetzung: Michael Reilly Burke, Boti Bliss, Julianna McCarthy, Jennifer Tisdale, Michael Santos, Annalee Autumn, Steffani Brass, Samantha Tabak, Meadow Sisto, Eric DaRe, Melissa Schmidt, Deborah Offner, Tom Savini
Zusatzmaterial: Biografie von Ted Bundy, Originaltrailer, Bildergalerie, Trailershow
Label/Vertrieb: E-M-S

Copyright 2019 by Volker Schönenberger

 

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