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Horror für Halloween (VIII): Undead Slaughter – Das Grauen in der Kulturhauptstadt

04 Okt

Salvage

Von Volker Schönenberger

Horror // In einer beschaulichen Sackgasse eines beschaulichen englischen Örtchens trägt ein Junge (Kyle Ward) Zeitungen aus. In einem Haus beobachtet er den Streit eines Ehepaars. Der Mann (Shahid Ahmed) bemerkt den Zuschauer und verfolgt ihn in den Wald. Der Knirps versteckt sich hinter einem Baum, dreht sich um – und wird von einem (fürs Publikum nicht sichtbaren) Unbekannten niedergestreckt. Es ist Weihnachten.

Jäger oder Beute?

Die Teenagerin Jodie (Linzey Cocker) wird von ihrem Vater Clive (Dean Andrews) in eben dieser Straße abgesetzt, damit sie das Fest der Liebe bei ihrer Mutter Beth (Neve McIntosh) verbringt. Sie überrascht Beth, die gerade mit Kieran (Shaun Dooley) eine Nummer schiebt. Die entsetzte Jodie flüchtet zu ihrer gegenüber wohnenden Freundin Leanne (Jessica Baglow), deren Mutter Pam (Debbie Rush) sich weigert, Beth mit ihrer Tochter sprechen zu lassen.

Der Tod hält Einzug

Urplötzlich tauchen mit automatischen Gewehren bewaffnete Männer in schwarzen Uniformen auf und die Hölle bricht los. Schnell ist ein Anwohner tot (der streitende Ehemann aus der ersten Szene), und die Uniformierten beordern die Menschen, sich in ihre Häuser zu begeben und die Türen zu schließen. Im Fernsehen berichtet ein Reporter von drei Toten, die an einem nahe gelegenen Strand neben einem angeschwemmten Container aufgefunden wurden, und einem weiteren Toten zwei Meilen weiter. Dann fällt der Strom aus. Schnell sterben weitere Menschen.

Beth und …

In der Folge bleibt der Fokus auf Beth und ihrem One-Night-Stand Kieran, die sich mehr recht als schlecht drinnen verschanzen und überlegen, was zu tun ist. Einige Spannung rührt daher, dass sowohl die beiden als auch das Filmpublikum lange Zeit darüber im Unklaren sind, um was für eine Bedrohung es sich handelt, die über die Gegend hereingebrochen ist. Der Originaltitel „Salvage“ bedeutet in diesem Fall „Bergungsgut“ und meint wohl den am Strand angeschwemmten Container, was keine Rückschlüsse zulässt. Der deutsche Titelzusatz „Die Epidemie“ der deutschen Erstveröffentlichung von 2011 führt völlig in die Irre, weil der Film überhaupt nichts mit einer Epidemie zu tun hat (zu dieser Titelstümperei passt gut, dass das Wort auf dem Cover „Epedemie“ geschrieben wurde). 2014 wurde der Film hierzulande ein zweites Mal veröffentlicht, diesmal als „Undead Slaughter“. Das deutet auf Zombies oder zumindest irgendwelche Untote – doch solche Gestalten tauchen überhaupt nicht auf. Deutschland, deine Filmtitelschöpfer. Wie auch immer, an dieser Stelle erfährt selbstverständlich niemand, welcher Art die Bedrohung ist, derer sich Beth und Kieran erwehren müssen.

… Kieran kämpfen ums Überleben

Das Geschehen bleibt eine ganze Weile auf ein paar Innenräume beschränkt, was zweifellos dem Minimalbudget geschuldet ist, das Lawrence Gough für sein Langfilm-Regiedebüt zur Verfügung stand. Er drehte in Liverpool, sein Kameramann Simon Tindall verwendete eine HDV-Kamera von JVC. Bemerkenswert, dass ein solcher Low-Budget-Horrorfilm im Rahmen von Liverpools Dasein als Kulturhauptstadt Europas 2008 (gemeinsam mit dem norwegischen Stavanger) entstanden ist. Daher rührt wohl auch die Tatsache, dass die BBC als eine der Produktionsfirmen fungierte; viel Geld hat der Fernsehsender dafür allerdings nicht lockergemacht. Ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender, Channel 4, steuerte immerhin das Filmset bei – gedreht wurde in den Kulissen der Seifenoper „Brookside“ (1982–2003). Eine andere Produktionsfirma war die vom Stadtrat der Mersey-Metropole ins Leben gerufene Liverpool Culture Company, die mit „Salvage“, „Of Time and the City“ (2008) und „Kicks“ (2009) insgesamt drei Filme rund um Liverpools Dasein als Kulturhauptstadt Europas produzierte.

Was weiß der Soldat?

„Salvage“ wirkt nicht zu Ende gedacht, sogar unfertig. Das Verhalten der Soldaten erscheint nicht immer schlüssig, und wenn wir der Bedrohung endlich gewahr werden, erhalten wir außer ein paar Informationsfetzen keine Erklärung für ihre Existenz. Reizvoll ist das Ganze dennoch, etwa mit dem überraschenden Wechsel der Perspektive von anfangs Jodie zu bald darauf ihrer Mutter Beth. In der Folge erfahren wir mehr über Beth und auch Kieran. Die beiden sind alles andere als fehlerfrei, aber das macht sie zu Menschen aus Fleisch und Blut, mit denen wir bis zum konsequenten Finale mitfiebern. „Undead Slaughter“ ist ein kleiner Horrorfilm, der wenig Aufmerksamkeit bekommen hat und alsbald in Vergessenheit geraten ist, aber einen Blick wert ist, wenn man mit ein paar budgetbedingten Unzulänglichkeiten umgehen kann.

Beth sucht ihre Tochter

Veröffentlichung: 16. Mai 2014 als Blu-ray und DVD (unter dem Titel „Undead Slaughter“), 10. März 2011 als Blu-ray und DVD (unter dem Titel „Salvage – Die Epidemie“)

Länge: 79 Min. (Blu-ray), 75 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Salvage
Alternativtitel: Salvage – Terror Has Found a Home / Salvage – Die Epidemie
GB 2009
Regie: Lawrence Gough
Drehbuch: Colin O’Donnell
Besetzung: Neve McIntosh, Shaun Dooley, Dean Andrews, Linzey Cocker, Trevor Hancock, Shahid Ahmed, Kevin Harvey, Paul Opacic, Ray Nicholas, Ben Batt, Alan Pattison, Debbie Rush, Jessica Baglow, Paul Howell, Kyle Ward
Zusatzmaterial: Audiokommentar von Regisseur Lawrence Gough, Hauptdarsteller Shaun Dooley, Associate Producer Alan Pattinson und Drehbuchautor Colin O’Donnell, Making-of (10:08 Min.), Interviews (44:36 Min.), Bildergalerie, Trailer, Wendecover
Label/Vertrieb 2014: ‎Voulez Vous Film (Intergroove)
Label 2011: MIG
Vertrieb 2011: EuroVideo Medien GmbH

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshot „Undead Slaughter“: © 2014 ‎Voulez Vous Film (Intergroove),
Packshot „Salvage – Die Epidemie“: © 2011 MIG

 

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