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Nate Kenyon: Sparrow Rock – Der schleichende Tod (Buchrezension)

22 Mär

Sparrow_Rock

Sparrow Rock

Wir reden hier vom Ende der Zivilisation. (Jay)

Endzeit-Horror // Wenn schon die Atombomben explodieren, kann wenigstens von Glück sagen, wer sich gerade zufällig in einem Atombunker befindet. Dass das ein zweifelhaftes Glück ist, darüber kann man sich später noch Gedanken machen.

Glück im Unglück? Kein Anlass zu Optimismus

Ich-Erzähler Pete und seine Freunde wollten in dem Bunker eigentlich nur eine Party feiern. Der Großvater von Sue hatte vor Jahren die Insel Sparrow Rock gekauft und darauf einen großen Gebäudekomplex errichtet – und dann auch den Luftschutzbunker. Mit Kiffen und Kartenspiel vertreiben sich die Teenager die Zeit – bis ein leichtes Beben den Bunker erschüttert. Durch die geöffnete Luke sehen die Freunde mehrere Atompilze. Wortführer Dan schließt den Ausgang. Fortan versucht die Gruppe, mit den vom Großvater gebunkerten Vorräten auszukommen, per Radio Kontakt mit anderen Überlebenden aufzunehmen und das Schicksal irgendwie miteinander zu ertragen.

Nate Kenyons 2010 in den USA erschienener Roman beginnt mit einem Prolog, der bereits deutlich macht, dass der Leser es nicht nur mit einem klaustrophobischen Kammerspiel ums Überleben und der Verarbeitung des Schocks zu tun bekommt. Vielmehr stellen die Insassen allzu bald fest, dass sie zwar vor den Folgen der nuklearen Detonationen geschützt sein mögen, im Innern des Bunkers aber etwas lauert, dem kaum beizukommen ist.

Die Wahrheit wartet im nächsten Kapitel – oder im übernächsten

Geschickt manövriert der Autor seine Leser von einem Kapitel ins nächste. „Ihr verschweigt mir etwas. Raus damit.“ Hätten sich die Dinge anders entwickelt … Aber die Stille wurde von Jimmys markerschütterndem Schrei aus dem anderen Raum zerrissen. Wer kann da schon das Buch beiseite legen und das Licht ausmachen? Wie sich herausstellte, kam ich der Wahrheit damit nicht einmal nahe. Die entpuppte sich nämlich als weitaus schlimmer. Auch diese Sätze am Ende von Teil 2 des Romans locken gekonnt ins nächste Kapitel.

Meine Wut saß tief, stand nur hinter meiner Verleugnung zurück, und beides zusammen sollte schließlich an die Oberfläche schwemmen und mich in einer gewaltigen Flutwelle aus Blut, Gewalt und Schande ertränken. Erzähler Pete hat zwar gegenüber seinen Freunden stets einen lockeren Spruch auf Halde, doch er muss auch mit Dämonen der Vergangenheit kämpfen – der Erinnerung an den gewalttätigen Vater, der vor Jahren gestorben war; der Erinnerung an die an Multipler Sklerose leidende Mutter, von der er kurz vor dem entsetzlichen Ereignis im Streit geschieden war und deren einsames Ende im Atomblitz ihn quält. Seine beste Freundin Tessa unterstützt ihn zwar, doch auch sie umgibt ein düsteres Geheimnis.

Ich-Erzähler Pete kennt seine Fehler

Weil Pete der Ich-Erzähler ist, erfahren wir zwangsläufig von ihm am meisten. Er hat seine Fehler, gibt sie in seinen inneren Monologen vor sich selbst schonungslos preis, dennoch bietet er ausreichend Identifikationspotenzial. Die anderen – Dan, Jimmy, Jay, Sue und Tessa – bleiben in der Charakterzeichnung da etwas zurück, der Leser lernt sie aber ausreichend kennen.

Angesicht all dieser Vorkommnisse hatte keiner von uns mitbekommen, was in den Bunker hineingelangt war, als Jay die Luke öffnete. Tja – was mag hineingelangt sein? Lest selbst, es lohnt sich! „Sparrow Rock – Der schleichende Tod“ fügt dem Genre des Endzeit-Romans neue Facetten hinzu. Das Kammerspiel-Szenario mag vordergründig bekannt sein, auch die abbröckelnde Zivilisationstünche ist kein originelles Bild. Kenyon versteht es jedoch, das deprimierende Zusammenleben der kleinen Schar auf engstem Raum fesselnd zu vermitteln. Dass die Bedrohung nicht allein vom Atomkrieg herrührt, bringt dann die notwendige Originalität.

Der Autor Nate Kenyon lebt in Boston. „Sparrow Rock – Der schleichende Tod“ ist sein vierter Roman und in deutscher Übersetzung 2014 im Festa Verlag erschienen.

Wider den Einheitsbrei: der Festa Verlag

Das waren Zeiten, als die Taschenbuchverlage wie Bastei-Lübbe, Heyne und Knaur anständige Horrorreihen in ihrem Sortiment hatten – von der Phantastischen Bibliothek von Suhrkamp ganz zu schweigen. Lang ist’s her, aber zum Glück gibt es den Festa Verlag, der uns Autoren beschert, auf die wir in den Regalen der großen Buchhandlungsketten nicht stoßen. Die moderne Dark Fiction würde ohne das Festa-Sortiment in Deutschland ein jämmerliches Dasein fristen. Stöbert einfach mal selbst auf der Internetseite des Verlags!

Zur direkten Bestellmöglichkeit des Buchs beim Festa Verlag geht’s hier.

Autor: Nate Kenyon
Originaltitel (2010): Sparrow Rock
Deutsche Erstveröffentlichung: 25. Juli 2014
400 Seiten
Übersetzung: Michael Krug
Verlag: Festa Verlag
Preis: 13,95 Euro

Copyright 2015 by Volker Schönenberger

 
 

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Eine Antwort zu “Nate Kenyon: Sparrow Rock – Der schleichende Tod (Buchrezension)

  1. scathach25

    2015/04/05 at 08:44

    Dieser Roman klingt wirklich gut … Werd ich mir doch mal näher anschauen. 🙂

     

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