Escobar – Paradise Lost
Kinostart: 9. Juli 2015
Von Simon Kyprianou
Thriller // Der junge Surfer Nick (Josh Hutcherson) kommt in den 80er-Jahren nach Kolumbien, um Spaß zu haben. Bald lernt er Maria (Claudia Traisac) kennen und verliebt sich in sie, die beiden heiraten. Dumm nur, dass Marias Papa der berüchtigte Drogenbaron Pablo Escobar (Benicio Del Toro) ist, der Nick mehr und mehr zum Bösen verführt.
Familie spielt seit jeher eine große Rolle in Gangsterfilmen. Seien es die „Der Pate“-Trilogie und „Scarface“, seien es Martin Scorseses Gangsterfilme „Goodfellas“ und „Casino“. Stets dreht es sich entweder um Familien- oder um Ersatzfamiliengefüge. Die Familie scheint also essenziell für den Gangsterfilm zu sein. Archaische Familienstrukturen sind offenbar eng verbunden mit der Welt des Verbrechens, denn eine Familie verleiht den Verbrechern eine andere Art von Ordnung und damit auch Sicherheit – von der gesellschaftlichen Ordnung haben sie sich ja losgesagt. Doch die Sicherheit ist trügerisch und verlogen, wie man in zahlreichen Gangsterfilmen sehen kann. So auch hier.
An dieser Stelle knüpft der italienische Schauspieler Andrea Di Stefano („Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“) in seinem Regiedebüt an, erhebt das Familien-Motiv zum Kernthema seines Films. „Escobar – Paradise Lost“ ist keineswegs Biopic über Pablo Escobar oder Bestandsaufnahme des Medellin-Kartells. Im Zentrum des Interesses stehen der naive Nick und seine Konfrontation mit der Gangsterwelt, deren Schattenseiten er durch den Eintritt in die Familie mehr und mehr kennenlernt und der er sich mehr und mehr anpasst.
Di Stefano beobachtet diesen Zusammenstoß, das Zusammenkommen des Bösen, befallen von unberechenbarer Hybris und der unbedarften Naivität eines jungen Surferboys in der ersten Filmhälfte bedächtig, mit großer, geradezu bedrückender Ruhe um seinen Film in der zweiten Hälfte immer mehr zum hitzigen Thriller eskalieren zu lassen.
Das verlorene Paradies
Am Ende haben sich, und das inszeniert Di Stefano schön druckvoll, alle Figuren gegenseitig zerfleischt, und der Film wird seinem Titel vom verloren gegangenen Paradies in aller Konsequenz gerecht. Die Figuren werden allesamt hervorragend gespielt, Benicio Del Toro ist in seiner Rolle perfekt besetzt.
Zwar unterlaufen Di Stefano vor allem zu Anfang einige Dramaturgiefehler, die den Film Tempo nehmen, ein ansehnliches Regiedebüt aber ist „Escobar – Paradise Lost“ allemal. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Josh Hutcherson und Benicio Del Toro haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.
Länge: 120 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: Escobar – Paradise Lost
F/SP/BEL/PAN 2014
Regie: Andrea Di Stefano
Drehbuch: Andrea Di Stefano
Besetzung: Benicio Del Toro, Josh Hutcherson, Claudia Traisac, Brady Corbet, Laura Londoño, Carlos Bardem, Ana Girardot, Aaron Zebede
Verleih: Alamode Film
Copyright 2015 by Simon Kyprianou
Filmplakat & Trailer: © 2015 Alamode Film / Fotos: Alamode Film & Mika Cotellon