RSS

She – Eine brutale Reise in die Zukunft: Trash-Göttin im kunterbunten Endzeit-Chaos

11 Feb

She

Von Volker Schönenberger

SF-Action // „Irrsinnsfilm starten“, „Genauso bekloppt!“, „Sprachen vom Film“, „Damals war alles besser“ – schon das DVD-Menü verspricht ein herrlich trashiges Vergnügen. Ob „She – Eine brutale Reise in die Zukunft“ das einhalten kann? Auf „Mad Max“ (1980) folgten in den 80ern bekanntermaßen etliche Endzeit-Action-Epigonen, da durfte das Italo-Exploitationkino nicht außen vor bleiben.

She!

In Earth and Skie and Sea Strange Thynges Ther Be. So zitiert es zu Beginn eine Texttafel aus Henri Rider Haggards Roman „She – A History of Adventure“. Die Handlung setzt 23 Jahre nach einem Ereignis ein, das als „Cancellation“ („Auslöschung“) bezeichnet wird – eine Katastrophe, die den Untergang der Zivilisation herbeigeführt hat. Der blonde Muskelprotz Tom (David Goss) und sein drahtiger Kumpel Dick (Harrison Muller) ziehen durchs Land. Auf einem Markt werden sie in den Angriff der faschistoiden Bande der Norks unter ihrem ruchlosen Anführer Hector (Gordon Mitchell) verwickelt, die Toms Schwester Hari (Elena Wiedermann) entführen. Zwar können sich die beiden retten, bald jedoch finden sie sich in der Gewalt der Amazone She (Sandahl Bergman), die mit ihrer blutrünstigen Frauenschar und ihrer rechten Hand Shanda (Quin Kessler) gottgleich über ihre Anhänger herrscht.

Werwölfe und ein Ballettkostüm

Ob sich Henri Rider Haggard ob dieser vermutlich recht freien Adaption seines Romans im Grabe umdrehen oder ins Fäustchen lachen würde? Die Kostüme sind anscheinend eine Mischung aus allem, was der Fundus hergab, von Mönchskutten über römische Togas bis hin zu Nazi-Kostümen, von denen ein paar ein wenig an American-Football-Klamotten und anderen Unfug erinnern. Auch Ritterrüstungen kommen zum Tragen. An skurrilen Handlungsideen mangelt es ebenfalls nicht, Religion und die Frauenbewegung bekommen ihr Fett weg, und halbnackte Frauen gibt es ausgiebig zu bestaunen. Da darf natürlich ein zünftiges Auspeitschen im Folterkeller nicht fehlen. Gekämpft wird mit allerlei Waffen, von der Keule über die Armbrust bis zur Axt. Zack! Urplötzlich kommen sogar Werwölfe ins Spiel, später der vollbärtige Kraftmeier Rudolph (Mario Pedone) im Tutu. Wer denkt sich sowas aus? Und wenn Tom eine Brücke überqueren will und sich ihm ein vermeintlich putziger Wächter in den Weg stellt, hat das sogar etwas vom anarchischen Monty-Python-Humor. Aber das schaut Ihr euch am besten selbst an. Später verschlägt es Tom und Dick in eine Gladiatorenarena.

Die Göttin sucht sich einen Gefährten für die Nacht aus

Der enorme Trash-Faktor wird in der deutschen Fassung mit einer im Original nicht zu hörenden Stimme aus dem Off noch gesteigert, wenn das überhaupt möglich ist. Die süffisanten Kommentare sind mit zeitgenössischen Anspielungen auf die Emanzipation gewürzt – sogar die „Emma“ wird erwähnt. Ohnehin gibt sich die Original-Sprachfassung deutlich wortkarger. Ob deutsche oder englische Fassung – wer eine politisch unkorrekte Haltung zu Frauen vermutet, liegt völlig richtig. Obwohl: Sie sind schon stark, die Frauen von „She“. So oder so, ernst nehmen darf man das nicht, aber mit Humor – und einer guten Portion Kopfkratzen und Stirnrunzeln.

Bald wird ihr übel mitgespielt

Hauptdarstellerin Sandahl Bergman kann mit ihren Rollen in „Conan, der Barbar“ (1982) und „Red Sonja“ (1985) einschlägige Genre-Erfahrung an der Seite von Arnold Schwarzenegger vorweisen. Ihr Part in erstgenanntem Fantasy-Epos brachte ihr sogar einen Golden Globe als bester weiblicher Nachwuchsstar des Jahres ein, der im letztgenannten dafür im Gegenzug eine Nominierung für die Goldene Himbeere – der Kelch ging allerdings an ihr vorüber. Regisseur Avi Nesher zeichnete unter anderem auch für „Nameless – Total Terminator“ („Timebomb“, 1991) und den inoffiziellen „Tales from the Crypt“-Spielfilm „Das Ritual – Im Bann des Bösen“ („Ritual“, 2002) verantwortlich.

DVD auf 1.000 Exemplare limitiert

Angesichts dessen, dass der Text auf der Rückseite des Covers von „She – Eine brutale Reise in die Zukunft“ mies lektoriert ist, überraschen die solide Bild- und Tonqualität etwas. Ein paar kurze Sequenzen sind seinerzeit offenbar nicht synchronisiert und somit im Original belassen worden. Untertitel gibt es allerdings keine. Einem Coveraufdruck zufolge ist die DVD auf 1.000 Exemplare limitert. Also haltet euch ran!

Auch Shanda muss leiden

Filme wie dieser entziehen sich herkömmlichen Bewertungskriterien. Trash-Fans werden frohlocken, Cineasten ohne Humor sich mit Grausen abwenden. Bier in mehr als handelsüblichen Mengen hilft bei der Sichtung ungemein. Wer es etwas weniger trashig mag, darf sich an den Roman-Adaptionen „She – Herrscherin einer versunkenen Welt“ (1935) mit Helen Gahagan und Randolph Scott sowie „Herrscherin der Wüste“ (1965) mit Ursula Andress, Peter Cushing und Christopher Lee versuchen. Bleibt mir, mit meinem Lieblingszitat aus „She – Eine brutale Reise in die Zukunft“ zu schließen: Bring sie in mein Schlafgemach! Ich will ihre Seele erforschen. Hach – Sektenführer müsste man sein.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Gordon Mitchell haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Der Brückenwächter sieht harmlos aus …

Veröffentlichung: 7. September 2017 als auf 1.000 Exemplare limitierte DVD

Länge: 100 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: She
IT 1984
Regie: Avi Nesher
Drehbuch: Avi Nesher, nach einem Roman von H. Rider Haggard
Besetzung: Sandahl Bergman, Harrison Muller, David Goss, Quin Kessler, Elena Wiedermann, Gordon Mitchell, Laurie Sherman, David Brandon, Susan Adler, Gregory Snegoff, Mario Pedone
Zusatzmaterial: Wendecover
Label/Vertrieb: SchröderMedia HandelsgmbH

Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2017 SchröderMedia HandelsgmbH

 
 

Schlagwörter: , , , , , , , ,

Eine Antwort zu “She – Eine brutale Reise in die Zukunft: Trash-Göttin im kunterbunten Endzeit-Chaos

  1. Filmschrott

    2018/02/11 at 11:48

    Der Film ist einfach nur die pure Unterhaltung und ein Paradebeispiel für die völlige “Wir machen das jetzt einfach“-Einstellung der 80er. Einfach alles in den Film geklatscht, was einem in den Sinn kommt und fertig ist das Vergnügen. Kann so simpel sein einen unterhaltsamen Film zu machen.

     

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..