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H. P. Lovecraft: Schatten aus der Zeit – Die phantastischen Erlebnisse eines Professors

11 Feb

Schatten aus der Zeit

Von Volker Schönenberger

SF-Horror // Im Cthulhu-Mythos um die „Großen Alten“ nimmt H. P. Lovecrafts Erzählung „Der Schatten aus der Zeit“ („The Shadow Out of Time“) bedeutsamen Raum ein, bringt sie doch etwas Licht in die Herkunft und die mächtigen Fähigkeiten dieser Wesen aus vormenschlichen Zeiten und womöglich Universen. Ich entsinne mich, dass mich die Geschichte während meiner ersten Lektüre in den 1980ern tief in ihren Bann gezogen hat – so tief, dass ich speziell die letzten Seiten mit ihrem Höhepunkt des allerletzten Satzes sogleich wiederholte – diesen letzten Satz konnte man allerdings schon etwas vorher vorausahnen.

Professor Petersen (M.) erleidet einen Anfall …

Eine skurrile bundesrepublikanische Umsetzung der Kurzgeschichte wurde erstmals am 15. Januar 1975 im ZDF ausgestrahlt: Drehbuch-Autor und Regisseur George Moorse ließ das Spiel seiner Akteure mit einer Motordrive-Kamera fotografieren. Danach montierte er aus dem Ergebnis 850 Dias zu einem „elektronischen Foto-Roman“ zusammen, wie es „der Spiegel“ seinerzeit in der Rubrik „Diese Woche im Fernsehen“ schrieb.

Gedächtnisverlust und Wesensveränderung

Auf eine Erzählung als Diashow muss man sich erst einmal einlassen. Sie folgt den Erlebnissen des Volkswirtschaftlers Professor N. W. Petersen (Anton Diffring) aus München, der als Stimme aus dem Off selbst von seinem Schicksal berichtet: Eines Tages im Jahr 1957 peinigen ihn plötzlich sonderbare Kopfschmerzen, die mit einer Amnesie einhergehen. Er bricht bewusstlos zusammen und wacht nach 28 Stunden und 40 Minuten wieder auf. Seine Stimme, gar sein gesamtes Wesen scheinen sich verändert zu haben. Petersen beginnt, mit Studien und Lektüre Wissen aufzusaugen, während er auf fremdartigen Wissensgebieten große Kenntnisse zeigt. Seine Wesensveränderung stößt seine Frau ab – sie verlässt ihn. Nach fünf Jahren kehrt seine alte Persönlichkeit ebenso plötzlich zurück, wie sie ihn verlassen hatte. Doch nun wird Petersen von beängstigenden Albträumen heimgesucht, die ihm wie Erinnerungen vorkommen.

… und eine radikale Wesensveränderung

Ein anderer Rezensent zeigte sich von der filmischen Diashow tief enttäuscht. Ich kann das nicht ganz teilen. Klar, die Verlegung der Handlung vom Neuengland des frühen 20. Jahrhunderts ins zeitgenössische Deutschland und andere künstlerische Freiheiten kann man kritisieren, wobei es verständlich ist, dass das ZDF Mitte der 1970er-Jahre kein Budget für Dreharbeiten in den USA und eine andere Zeit vorgaukelnde Kulissen aufbringen wollte. Die filmische Form wird sicher nicht jedem Konsumenten gefallen, aber wenn man darauf einsteigt, fesselt das Schicksal von Professor Petersen doch ungemein. Das liegt nicht zuletzt an der nüchternen Stimme aus dem Off in Verbindung mit dem markanten Gesicht von Anton Diffring („Agenten sterben einsam“, 1968).

Diashow – das kann man mal machen

Die von H. P. Lovecraft erdachte Welt ist derart außergewöhnlich, dass ungewöhnliche filmische Herangehensweisen völlig legitim sind. Es hat schon seinen Grund, dass sich die Form der Diashow zur Umsetzung literarischer Vorlagen nicht flächendeckend durchgesetzt hat, aber einen Versuch war es allemal wert, und gescheitert ist er mitnichten. Auch die kurze Laufzeit von 50 Minuten ist positiv hervorzuheben, so muss Lovecrafts Erzählung weder künstlich aufgebläht noch verkürzt werden. Eine originelle Annäherung an einen der Begründer der „Weird Fiction“ und seine geniale Geschichte „Der Schatten aus der Zeit“, daher löblich, dass Pidax Film das Werk erstmals auf DVD zugänglich macht, wenn auch ohne großen Restaurierungsaufwand. Die Sichtung weckt Lust, mal wieder lesend in den Cthulhu-Mythos einzutauchen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Anton Diffring haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Nach Jahren macht er eine entsetzliche Entdeckung

Veröffentlichung: 26. Januar 2018 als DVD

Länge: 50 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: keine
Originaltitel: Schatten aus der Zeit
BRD 1975
Regie: George Moorse
Drehbuch: George Moorse, nach H. P. Lovecrafts Erzählung
Besetzung: Anton Diffring, Ingrid Resch
Zusatzmaterial: Trailershow, Wendecover
Label: Pidax Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © 2018 Pidax Film / Al!ve AG

 
 

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Eine Antwort zu “H. P. Lovecraft: Schatten aus der Zeit – Die phantastischen Erlebnisse eines Professors

  1. Michael Kleu

    2018/02/19 at 12:40

    Habe ich noch nie von gehört. Muss ich mir unbedingt ansehen!

     

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