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Horror für Halloween (XIV): Die Augen des Satans – Aua am Kopp

06 Okt

The Brain from Planet Arous

Von Lars Johansen

SF-Horror // Wenn der Regisseur für einen Film seinen Namen ändert, ist das nie ein gutes Zeichen. Nathan Juran (1907–2002) hat sich für zwei Arbeiten dafür entschieden, seinen ursprünglichen Namen Hertz für den amerikanischen Juran einzusetzen, den der Einwanderer aus dem heutigen Rumänien seit 1912 trug. Zum einen ist das „Angriff der 20-Meter-Frau“ („Attack of the 50 Foot Woman“, 1958), zum anderen dieser Film. Und dafür gibt es in beiden Fällen sehr gute Gründe.

Hemden des Grauens

Juran war ein Regisseur, der ursprünglich einmal als Szenenbildner angefangen hatte, wofür er 1942 mit dem Oscar für seine Arbeit an John Fords „Schlagende Wetter“ („How Green Was My Valley“, 1941) ausgezeichnet wurde. 1952 begann er, Regie zu führen, ab Mitte der 50er-Jahre dann auch immer mehr bei Fernsehproduktionen. Immer wieder arbeitete er im Sciene-Fiction- und Fantasy-Bereich. Sein erster Genrebeitrag war, noch als Szenenbildner, „Dr.Renaults Secret“ (1942), als Regisseur dann „Das todbringende Ungeheuer“ („The Deadly Mantis“, 1957), sein bekanntester gewiss „Sindbads siebente Reise“ (1958), den er mit Ray Harryhausen realisierte. Auch fürs Fernsehen drehte er häufig Folgen von Science-Fiction-Serien wie „Lost in Space“ und „The Time Tunnel“. Er kannte sich also mit dem Genre aus. Aber wenn das Budget nur für ein paar bemalte Partyballons reichte, welche tatsächlich die Außerirdischen geben sollten, dann konnten weder er noch der eigentlich großartige Maskenbildner Jack P. Pierce etwas retten – Pierce hatte immerhin das klassische Frankenstein-Monster kreiert.

Was für ein Schweiß

Ein junger Wissenschaftler (John Agar) entdeckt in einer Höhle den bösen Außerirdischen Gor, der auf der Erde abgestürzt ist, während er von dem guten Vol verfolgt wird. Gor dringt in sein Gehirn ein und zwingt ihn, die führenden Politiker aus aller Welt an einem Ort zusammenzubringen. Dort beweist er seine Macht, indem er nur durch seine geistige Kraft eine atomare Explosion auslöst. Bevor er alles zerstören kann, gelingt es dem Wissenschaftler, dank eines Hinweises von Vol, Gor mit einem Schlag auf die Zentralfurche dessen Gehirns zu besiegen.

Dreist abgekupfert

Das klingt leider so blöd, wie es auch ist. Mich erinnerte die Grundidee des durch das Gehirn eines anderen Besessenen doch sehr stark an den oft (zuerst 1953) verfilmten Roman „Donovan’s Brain“ (1942) von Curt Siodmak. Aber vor allem ist es relativ dreist aus Hal Clements 1949 erstmals in Fortsetzungen erschienenen Roman „Needle“ (auf deutsch: „Die Nadelsuche“ bzw. „Symbiose“) geklaut, der eine nahezu identische Handlung aufweist. Der Etat war klein, aber Hauptdarsteller John Agar, der in ein paar John-Wayne-Western und vielen eher preisgünstigen Genreproduktionen mitgewirkt hat, erzählte in einem Interview über Nathan Juran: „Er war regelrecht aus dem Häuschen. Er dachte wohl, der Film würde eine Menge Gewinn einbringen.“ Das tat er nicht und die angebliche Euphorie verwundert ein wenig, hat doch Juran selbst einmal eingeräumt, diesen und den „Angriff der 20-Meter-Frau“, die beide für den Produzenten (und Kameramann) Jacques R. Marquette entstanden, ausschließlich des Geldes wegen realisiert zu haben.

„Diese Kontaktlinsen machen mich wahnsinnig“

Beide Werke haben Eingang ins popkulturelle Gedächtnis gefunden (bei „Die Augen des Satans“ u.a. als Sprachsamples) und genießen heute einen gewissen Kultstatus, weil sie Qualitäten aufweisen, die sich für eine Rezeption anbieten, welche die unfreiwillig komischen Aspekte wahrnimmt. Das ist oftmals ungerecht, aber in diesem Fall völlig angemessen. Da wird ins Leere gesprochen, weil der Etat nicht ausgereicht hat, dort einen der Außerirdischen zu platzieren. Das Labor scheint zu wandern. Einmal ist es direkt im Haus, dann muss man es von dort mit dem Auto erreichen. Und wenn Agar glänzende Kontaktlinsen trägt und teuflisch lacht, dann weiß man zum einen, dass er besessen ist, und zum anderen, dass es seine größte Leistung war, der erste Ehemann von Shirley Temple gewesen zu sein. Schauspielerisch ist er haltlos überfordert. Aber damit fügt er sich sehr gut in das Gesamtgefüge des Films ein.

Zweite Veröffentlichung auf DVD

Die DVD-Präsentation von Studio Hamburg ist eher lieblos, immerhin gibt es auch die englische Tonspur mit deutschen Untertiteln. Die Abtastung ist wohl extra für diese Veröffentlichung noch einmal von einer guten Quelle durchgeführt worden, das Bild für einen Film aus der Zeit damit sehr solide. Der beiliegende Flyer nennt sich ein wenig hochtrabend „Inter-Pathé-FILMBLÄTTER 1“ und bietet nur mäßige Informationen. Als Extras gibt es ansonsten noch den Trailer. Gesehen haben sollte man den Film als Genrefan, weil er tatsächlich mindestens in den USA einen gewissen Bekanntheitsgrad aufweist und es popkulturelle Referenzen gibt, die von „Malcolm mittendrin“ bis zu „Star Trek“ reichen. Für alle anderen bleibt nur die unfreiwillige Komik. Aber wenn Gor in die Zukunft blickt, dann hat das durchaus seinen Charme: „After I’m gone, your Earth will be free to live out its miserable span of existence, as one of my satellites, and that’s how it’s going to be.“

„Du wirkst irgendwie verändert“

Veröffentlichung: 3. August 2019 und 12. August 2010 als DVD, 26. September 2014 als DVD in der „Edition des Schreckens“ (in Kombination mit „Dementia 13“)

Länge: 71 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: The Brain from Planet Arous
USA 1957
Regie: Nathan Juran (als Nathan Hertz)
Drehbuch: Ray Buffum
Besetzung: John Agar, Joyce Meadows, Robert Fuller, Thomas Browne Henry, Ken Terrell, Henry Travis, E. Leslie Thomas, Tim Graham, Bill Giorgio
Zusatzmaterial 2019: Wendecover
Label/Vertrieb 2019: Studio Hamburg Enterprises
Label/Vertrieb 2014: Edel Germany
Label/Vertrieb 2010: Anolis Entertainment

Copyright 2019 by Lars Johansen
Szenenfotos: © 2019 Studio Hamburg Enterprises

 

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