Amulet
Horrordrama // Von den Erinnerungen an sein Dasein als Soldat geplagt, fristet der obdachlose Tomaz (Alec Secareanu) ein erbärmliches Dasein als Tagelöhner in London. Vor jedem Zubettgehen in irgendeiner Notunterkunft fesselt er sich mit Klebeband die Hand- und Fußgelenke aneinander, um was auch immer zu verhindern. Ein Hoffnungsschimmer tut sich auf, als ihn nach einem Brand in der Unterkunft die Nonne Claire (Imelda Staunton) findet. Sie bringt ihn zu Magda (Carla Juri, „Feuchtgebiete“), die mit ihrer sterbenskranken und bettlägrigen Mutter (Anah Ruddin) unter einem Dach lebt. Tomaz kommt die Aufgabe zu, Magda zu unterstützen, dafür erhält er Kost und Logis. Das Haus erweist sich als schimmlig und baufällig, doch endlich hat er ein festes Dach über dem Kopf. Magda tritt zwar nicht unbedingt als warmherzige Gastgeberin auf, aber Tomaz ist dankbar für die Chance, und die beiden kommen miteinander aus.
Als sich der Ex-Soldat daran macht, den verstopften Abfluss freizubekommen, schwemmen seine Bemühungen eine fremdartige, einer Fledermaus ähnliche Kreatur in der Toilette hoch, die sogar noch lebt. Bald darauf entdeckt Tomaz, dass mit Magdas Mutter etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist …
Dämonisch
Ein von seinen inneren Dämonen gepeinigter Mann trifft auf etwas wirklich Dämonisches. Aus diesem nicht ganz neuen Motiv erschuf die 1982 in Hongkong geborene englische Schauspielerin Romola Garai („The Last Days on Mars“) mit ihrem Langfilm-Regiedebüt „Amulet“ einen eigenständigen Grusler, zu dem sie auch das Drehbuch beisteuerte. Dabei vermengte sie eine Prise „Haunted House“ mit einem guten Schuss Okkultismus und fügte noch etwas Schuld und Sühne hinzu – das Resultat bietet stimmungsvolle Atmosphäre, untermalt von einem sparsamen Score. Mit zurückhaltendem Spiel fügen sich Alec Secareanu und Carla Juri vorzüglich in die Handlung ein. Die 2005 für ihre Titelrolle in „Vera Drake“ für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominierte Imelda Staunton hat weniger zeitliche Präsenz als die beiden anderen, ihre Figur ist dennoch alles andere als unbedeutend.
In Rückblenden entfaltet sich ein Ereignis aus Tomaz’ Vergangenheit als Soldat. Das lässt beim Schauen bald die Vermutung reifen, dass er nicht zufällig in dem Haus gelandet ist, diese kleine Vorhersehbarkeit schadet aber nicht, da die eine oder andere Wendung doch sehr überraschend kommt und einiges rätselhaft bleibt. Gegen Ende wird es gar bizarr. Wer eher actionreichen Horror bevorzugt, wird womöglich etwas enttäuscht werden (und ich kann mir die „Da passiert ja gar nichts!“-Kommentare bereits vorstellen), aber hier gilt eben: In der Ruhe liegt die Kraft. Auf Jumpscares etwa verzichtet die Regisseurin vollständig.
„Amulet“ feierte seine Weltpremiere im Januar 2020 beim Sundance Film Festival und machte im September auch Station auf dem hiesigen Fantasy Filmfest. Romola Garai versammelte für ihr Debüt eine vornehmlich weibliche Crew: Für Musik, Kamera, Casting, Produktionsdesign, Art Direction, Bühnenbild und Kostümdesign zeichnen Frauen verantwortlich, auch die Position Produktionsmanagement ist in weiblicher Hand, und die Regieassistenz Nummer eins und zwei ebenfalls – beim Schnitt und der dritten Regieassistenz finden sich immerhin Männer. Eine bemerkenswert feminine Schlagseite für einen Horrorfilm, was sich auch in der Handlung niederschlägt. Das Ergebnis überzeugt. In puncto Storytelling und Charakterzeichnung lässt Romola Garai noch etwas Luft nach oben, ihr Erstling macht aber Lust auf mehr. Keine absolut herausragende Großtat, aber ein kleines, feines Horrordrama. Welche weiblich dominierten Horrorfilme mit starker femininer oder gar feministischer Note könnt Ihr empfehlen?
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Carla Juri haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet.
Veröffentlichung: 23. Oktober 2020 als Blu-ray und DVD
Länge: 99 Min. (Blu-ray), 96 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Amulet
GB/UAE 2020
Regie: Romola Garai
Drehbuch: Romola Garai
Besetzung: Carla Juri, Alec Secareanu, Imelda Staunton, Anah Ruddin, Angeliki Papoulia, Elowen Harris, Joseph Akubeze, Jacqueline Roberts, Yonah Odoom, Perry Jaques, Charlotte Chiew
Zusatzmaterial: deutscher Trailer, Originaltrailer, Wendecover
Label/Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
Copyright 2020 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & unterer Packshot: © 2020 Ascot Elite Home Entertainment
Rüdiger Kwade
2020/12/10 at 22:35
Julia X von 2011
Thomas Oeller
2020/12/09 at 23:58
wenn man sie als Horrorfilme bezeichnen kann: Misery oder Carrie
Birgit
2020/12/09 at 22:49
Mein Favorit ist der belgische Vampirfilm „Blut an den Lippen“ von Harry Kümel (1971). Seltsam erotisch, mit ästhetisch schönen Bildern und dennoch zugleich sehr morbide und blutig, Eigentlich mittlerweile ein Kultstreifen!
Dirk Busch
2020/12/08 at 21:00
Da werf ich doch mal den deutschen Zombiefilm Endzeit in den Ring.Der Film basiert auf den Comic von Olivia Vieweg & auch für Regie…Produktion…Musik…Kamera…Schnitt & Drehbuch (Olivia Vieweg zeichnen sich Frauen verantwortlich.Alles fest in Frauenhand & richtig gut.
Diana Köppen
2020/12/08 at 12:35
The Descent – Abgrund des Grauens
Dirk B
2020/12/07 at 21:27
Diabolical und Occulus würde ich noch dazu nehmen…
Denise
2020/12/07 at 20:16
Mir fallen da spontan „Misery“ und „Bloody Mary“ein.
Rico Lemberger
2020/12/06 at 21:01
Martyrs und You’re next fallen mir da spontan ein.
Klaus
2020/12/06 at 13:11
Meine Empfehlung ist da ganz klar die französische Produktion „Martyrs“ von Pascal Laugier aus dem Jahr 2008. Hammerharte Kost, aber uneingeschränkt empfehlenswert wie auch der Film „Á l’intérieur“ (Inside) von Julien Maury und Alexandre Bustillo von 2007, ebenfalls aus der neuen französischen Horrorfilmreihe.
Marco Winnig
2020/12/06 at 07:38
Ich kann folgende Empfehlungen geben
Martyrs
Alien
Caedes
I spit on your grave
Die Waldbewohner
Inside
Andreas H.
2020/12/05 at 14:05
Alien und Suspiria würde ich da nennen.
Frank Hillemann
2020/12/05 at 12:07
“ Ghostland“ oder “ The Others “ oder auch “ Weiblich, ledig, jung…sucht“
minielli1234
2020/12/05 at 02:02
kennt vielleicht schon jeder, aber ist halt ein highlight.. *INISIDE*
Michael Behr
2020/12/04 at 21:57
Ich bin mir offen gestanden nicht ganz sicher, inwiefern hier feminin oder gar feministisch passt, aber „American Mary“ hat mir gut gefallen. Und als unterschätzten Klassiker könnte man vielleicht „Draculas Tochter“ von 1936 nennen.
Petra Dietrich
2020/12/04 at 21:24
Orphan – Das Waisenkind
Die Alien Filme
und Ghostland fand ich stark
Imke
2020/12/04 at 19:49
Wir sind die Nacht finde ich ziemlich gut!
Nico Kreisz
2020/12/04 at 19:12
Für mich the Orphan ,das Waisenkind
Björn Kramer
2020/12/04 at 15:58
königin der verdammten !
Samara
2020/12/04 at 15:57
Hallo, da sticht bei mir meiner Meinung nach ganz klar The Descent heraus, welchen ich auch sehr gerne immer wieder anschaue.
matzematiker
2020/12/04 at 14:10
Na, da fällt mir natürlich direkt „Alien“ ein! Ansonsten „Cold Prey“.
Eva
2020/12/04 at 12:58
die Alien-Filme mit Sigourney Weaver
Der Babadook
Christoph Wolf
2020/12/04 at 11:00
Ganz klare Empfehlungen sind in meinen Augen:
Wir sind die Nacht (Dennis Gansel, 2010)
Triangle – Die Angst kommt in Wellen (Christopher Smith, 2009)
und natürlich
Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (Ridley Scott, 1979), vielleicht der erste Horrorfilm, in dem die Protagonistin wirklich eine Heldin ist.
Christoph Wolf
2020/12/04 at 11:01
Ginger Snaps habe ich jetzt vergessen, aber der wurde ja auch bereits erwähnt.
Jens
2020/12/04 at 10:36
The Descent – einer meiner Favoriten 🙂 Eigentlich nur weibliche Darstellerinnen… über feministische Note kann man sich streiten. Sonst fällt mir Jennifer’s Body noch ein, leider lange unterbewertet.
Matthias Klug
2020/12/04 at 10:27
Was ich empfehlen kann, wäre:
– May ( 2002 )
– Contesse des Grauens ( 1971 )
– Carrie ( 1976 )
– Misery ( 1990 )
Frank Warnking
2020/12/04 at 10:18
Ginger Snaps
Adrian Lübke
2020/12/04 at 09:54
Definitiv empfehlen kann ich AMERICAN MARY.
Jens Albers
2020/12/04 at 09:52
Unbedingt zu empfehlen sind da „So finster die Nacht“ gerne als original oder auch remake, find ich beide stark auch wenn die Atmosphäre im original skandinavisch, klassisch gedrückter ist. Zudem muss man auch a girl walks home alone at night empfehlen.
Alex
2020/12/04 at 09:49
Ginger Snaps
Coming of age gepaart mit Feminismus und den Umgang mit dem eigenen Körper.