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Katanga – Frühes Söldner-Abenteuer

27 Mär

The Mercenaries

Von Volker Schönenberger

Kriegs-Action // Vormals ein britischer Offizier, verdingt sich Captain Bruce Curry (Rod Taylor) mittlerweile als Söldner, verkauft seine Kriegsdienste an Auftraggeber, die anständiges Honorar zahlen. Sein neuester Auftrag führt ihn mit seinem Kumpel und Untergebenen Sergeant Ruffo (Jim Brown) in den Kongo, wo Ruffo herstammt. Staatspräsident Mwamini Ubi (Calvin Lockhart) persönlich hat ihn angefordert. Curry soll eine Schar Europäer aus der abgelegenen Minenstadt Fort Reprieve herausholen, bevor der Ort von den Simba eingenommen wird. Wichtiger noch: Es gilt, Diamanten im Wert von 50 Millionen Dollar sicherzustellen und mitzunehmen, die dort in einem Tresor lagern.

Mit dem Nazi im Schlepptau

Die Söldner bekommen 40 kongolesische Soldaten als Unterstützung zur Verfügung gestellt. Curry sichert sich zudem die Dienste des alkoholkranken Arztes Doktor Wreid (Kenneth More) und engagiert widerstrebend auch den deutschen Söldner Captain Henlein (Peter Carsten), eines Nazis, der offen eine Hakenkreuz-Brosche am Hemd trägt. In einem Zug mit Dampflok geht es ans Ziel, doch die Fahrt bleibt nicht ohne Zwischenfälle. Ein Kampfjet der Friedenstruppe beschießt den Zug, weil die Söldner ein UNO-Abkommen verletzen. Bei einem Zwischenhalt retten die Männer eine Frau, Claire (Yvette Mimieux), deren Ehemann von Rebellen ermordet worden ist. Am Ziel eingetroffen, beginnen die Probleme erst richtig.

Nach einem Roman von Wilbur Smith

„Katanga“ basiert auf dem 1965 erstveröffentlichten Roman „Schwarze Sonne“ von Wilbur Smith, im Original „Dark of the Sun“ (so auch der US-Titel des Films). Buch und Film greifen die sogenannte Kongo-Krise auf, wobei die Kino-Umsetzung kein ernsthaftes Interesse an den historischen Ereignissen zeigt (von der Vorlage kann ich es nicht sagen, da ich sie nie gelesen habe). Die geografische und zeitliche Platzierung der Story dient in erster Linie als Aufhänger eines zünftigen Söldner-Abenteuers mit einigen derben Spitzen. Der deutsche Titel „Katanga“ steht dabei für die gleichnamige Provinz im Süden Kongos, eine rohstoffreiche Region, die sich vom Kongo abgespalten hatte. Der Originaltitel des Films lautet „The Mercenaries“, zu deutsch „Die Söldner“.

Söldner, wollt ihr ewig leben?

Zehn Jahre vor dem eine Welle an Söldnerfilmen lostretenden „Die Wildgänse kommen“ (1978) dreht „Katanga“ bereits kräftig am Gewaltrad. Fragen nach politischer Korrektheit wurden damals nicht gestellt. Stellt man sie heute, gibt es sicher einiges zu beanstanden, als knallhartes Kriegs-Action-Abenteuer gibt der Film aber ein prächtiges Exploitation-Bild ab. Gleichwohl: Einige Szenen, speziell Gewaltszenen, wirken unfertig, was vielleicht daran liegt, dass sie es sind. Zwar geht es derbe zur Sache, etwa wenn die Simba-Rebellen in Fort Reprieve wüten, aber man muss sich doch einiges vorstellen, was tatsächlich wohl auch gedreht wurde, es jedoch nicht in den fertigen Film schaffte. Zum Beispiel Vergewaltigungsszenen, eine sogar an einem Mann, und die Verbrennung eines anderen.

Auch ohne all dies ist „Katanga“ von außergewöhnlicher Brutalität für einen Ende der 1960er entstandenen Actionfilm. Da die erwähnten Szenen von vornherein herausgeschnitten worden sind, gibt es wohl kaum Hoffnung, irgendwann einen Extended Cut zu sehen zu bekommen. Die Simba-Rebellen werden so oder so als recht bestialisch vorgehende Truppe skizziert, sie machen mit ihrer weißen Bemalung einen recht tribalistischen Eindruck. Ob das eine zutreffende Porträtierung oder eine rassistische Überzeichnung ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Die echten Rebellen scheinen aber tatsächlich magischen Kräften vertraut zu haben und haben wohl einiges auf dem Kerbholz.

Aus Bruce Curry wird Willy Krüger

Kuriosum am Rande: In der seinerzeit im Kino und auf VHS zu hörenden deutschen Synchronisation wurde aus dem Briten Bruce Curry der deutsche Söldner Willy Krüger. Ebenfalls kurios, dass Curry und Ruffo bei ihrer Ankunft am Flughafen der kongolesischen Hauptstadt Brazzaville seelenruhig mit ihren Maschinenpistolen das Linienflugzeug verlassen dürfen, die Waffen somit zu Beginn des Flugs auch mit hineinnehmen durften. Immerhin macht ihm draußen ein Offizier der UN-Blauhelme eine Szene, aber Curry hat einen Passierschein, der ihm erlaubt, seine Waffen bei sich zu tragen.

Gibt es Söldnerfilme, die dem Wüten dieser gedungenen Killer in Afrika gerecht werden? Ich kenne keine, was nicht viel heißen mag. „Katanga“ vermittelt in einzelnen Szenen immerhin einen Hauch vom Ruf, der ihnen vorauseilt, wenn etwa der erwähnte UN-Blauhelm-Soldat Curry und Ruffo gegenüber seine Verachtung für ihren Beruf zum Ausdruck bringt. Dabei hat der vom späteren Blaxploitation-Star Jim Brown („Das dreckige Dutzend“, „Slaughter“) gespielte Sergeant Ruffo als Kongolese sogar eine besondere Motivation für seinen Einsatz – jedenfalls erwähnt er das später Curry gegenüber. Mit dem Nazi Henlein gibt es im Gegenzug einen wirklich skrupellosen Vertreter, der auch nicht vor Kindesmord zurückschreckt – eine in der deutschen Fassung wohl herausgeschnittene Szene. Ihn spielte mit Peter Carsten ein Deutscher, der in seiner Heimat recht beliebt war, seit er in der hemmungslos Landser-Romantik verbreitenden „08/15“-Trilogie (1954/1955) an der Seite von Joachim Fuchsberger einen Wehrmachtssoldaten gespielt hatte.

Zu viel Gewalt?

Gedreht wurde in Jamaika, weil es in Afrika zu unruhig war und man dort keine Dampflok fand. Regisseur Jack Cardiff hat durchaus registriert, dass es Kritik an der Gewaltdarstellung des Films gab. Er erwiderte darauf in seiner Biografie: Although it was a very violent story, the actual violence happening in the Congo at that time was much more than I could show in my film; in my research I encountered evidence so revolting I was nauseated. – Obwohl es eine sehr brutale Geschichte war, war die tatsächliche Gewalt, die sich damals im Kongo ereignete, viel stärker als ich in meinem Film zeigen konnte. Bei meinen Recherchen stieß ich auf Belege solcher Abscheulichkeit, dass ich angeekelt war.

Regisseur Jack Cardiff („Raubzug der Wikinger“) hat bei deutlich mehr Filmen als Kameramann gearbeitet als auf dem Regiestuhl gesessen, beispielsweise für „Conan – Der Zerstörer“ (1984) und „Rambo II – Der Auftrag“ (1985). Mit Hauptdarsteller Rod Taylor hatte er zuvor 1965 das biografische Irland-Drama „Cassidy, der Rebell“ und das Agenten-Abenteuer „L – Der Lautlose“ gedreht. Für seine Kameraarbeit zum Nonnen-Drama „Schwarze Narzisse“ (1947) gewann Cardiff Oscar und Golden Globe, als Regisseur war er für „Söhne und Liebhaber“ (1960) Oscar-nominiert und gewann ebenfalls einen Golden Globe. 2001 gab’s obendrein einen Ehren-Oscar als „Master of Light and Color“. Der Engländer starb 2009 im Alter von 94 Jahren.

Rod Taylor hatte wohl Freude an seinem Tun, wollte zu dem Zeitpunkt ohnehin zu actionlastigeren Stoffen wechseln. Sein Bruce Curry duldet keinen Widerspruch und neigt zu Wutausbrüchen, die sich in außergewöhnlicher Gewalt Bahn brechen können. Zum Finale gibt es dann eine große Portion Moralin, die enorm aufgesetzt wirkt und sich zuvor in keinem Moment angedeutet hat. Da wird „Katanga“ seiner eigenen Linie untreu und bekommt anscheinend ein schlechtes Gewissen.

Fans: Tarantino und Scorsese

Mit Nebendarstellerin Yvette Mimieux hatte Rod Taylor bereits acht Jahre zuvor in seinem Signature-Film „Die Zeitmaschine“ (1960) vor der Kamera gestanden. Als Fan von „Katanga“ outete sich Quentin Tarantino, stibitzte sich Teile des Scores für seine Weltkriegs-Farce „Inglourious Basterds“ (2009), für die er Taylor in der Rolle von Winston Churchill besetzte. Kein Geringerer als Martin Scorsese („The Irishman“) zählt den Film zu seinen „guilty pleasures“: „Dark of the Sun“ sei der brutalste Film gewesen, den er bis dahin gesehen habe. Ein wahrhaft sadistisches Werk, das aber gesehen werden sollte. Der Geist des Films sei von überwältigender Brutalität, es gebe keine Überlegung für etwas anderes. Er kenne nur eine Antwort – das Töten.

Das passt. Bleibt nur die Frage: Weshalb gibt es keine deutsche Blu-ray oder DVD? Vorwärts, ihr Publisher! Lizenz besorgen und heraus damit! Oder traut ihr euch in unseren Zeiten der politischen Korrektheit nicht, einen solchen Streifen in den Handel zu bringen?

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Jack Cardiff haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Jim Brown und Rod Taylor unter Schauspieler.

Veröffentlichung (USA): 18. Dezember 2018 als Blu-ray, 1. August 2011 als DVD

Länge: 100 Min.
Altersfreigabe: FSK 16 (Kino und VHS)
Sprachfassungen: Englisch
Untertitel: Englisch
Originaltitel: The Mercenaries
US-Titel: Dark of the Sun
GB/USA 1968
Regie: Jack Cardiff
Drehbuch: Ranald MacDougall (als Quentin Werty), Adrian Spies, nach einem Roman von Wilbur Smith
Besetzung: Rod Taylor, Yvette Mimieux, Peter Carsten, Jim Brown, Kenneth More, André Morell, Olivier Despax, Guy Deghy, Bloke Modisane, Calvin Lockhart, David Bauer, Murray Kash, John Serret, Danny Daniels
Zusatzmaterial: Trailer
Label/Vertrieb: Warner Archive Collection

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

 
 

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Eine Antwort zu “Katanga – Frühes Söldner-Abenteuer

  1. Sascha Grunert

    2022/05/27 at 21:34

    Mittlerweile auf Deutsch erhältlich.Italienische DVD.Kannte ihn auch nur über den MGM Chanel.Wo er ab und zu mal ausgestrahlt wurde.

     

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