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Raubzug der Wikinger – Auf der Suche nach der goldenen Glocke

01 Aug

The Long Ships

Von Volker Schönenberger

Historien-Abenteuer // Ein heftiger Sturm lässt ein Wikingerboot an einer Küste zerschellen. Als einziger Überlebender wird Rolf (Richard Widmark) von Mönchen aufgefunden, die ihn in ihrem Kloster pflegen. Dort angefertigte Mosaiken berichten von der Legende einer riesigen goldenen Glocke, der „Mutter der Stimmen“ („Mother of Voices“). Nach seiner Genesung berichtet der Wikinger als Geschichtenerzähler auf dem Marktplatz einer südspanischen Ortschaft von dieser Legende. Daraufhin schnappen ihn sich die Schergen des maurischen Herrschers Aly Mansuh (Sidney Poitier).

Aly Mansuh ist scharf auf die sagenumwobene goldene Glocke

Der Scheich ist überzeugt davon, dass die Legende wahr ist und die Glocke existiert. Er will ihr Versteck aus Rolf herausfoltern lassen, doch dem gelingt die Flucht. Zurück in seiner Heimat, erfährt der Wikinger von dem prachtvollen Boot, das sein Vater Krok (Oskar Homolka) gerade für König Harald von Dänemark (Clifford Evans) als Bestattungsschiff konstruiert hat. Weil er ein neues Schiff braucht, stiehlt Rolf es kurzerhand mit seinem Bruder Orm (Russ Tamblyn). Weil Orm in Haralds Tochter Gerda (Beba Loncar) verliebt ist, nimmt er sie gleich mit. Die Suche nach der „Mutter der Stimmen“ hat gerade erst begonnen.

Wenn Männer wie Kinder herumtoben dürfen

Ob die Darsteller ihre Rollen und Dialoge ernst genommen haben? Speziell Richard Widmark und Sidney Poitier betreiben ihr schauspielerisches Handwerk auf eine Weise, dass man beinahe schon von „Overacting“ sprechen kann. Es muss Spaß gemacht haben, als ernsthafter Schauspieler in einem zünftigen Wikinger-Abenteuer mitzuwirken und die Sau rauslassen zu können. Da jauchzt das Kind im Manne. „Raubzug der Wikinger“ strahlt dann auch Spielfreude aus, auch wenn Richard Widmark dem Vernehmen nach von den Dreharbeiten in Jugoslawien nicht begeistert war. Auch die Ausstatter und Kostümbildner dürften ihre helle Freude an ihrer Arbeit gehabt haben. Zwischendurch kommt es auch zu einem blutigen Gemetzel am Strand, insgesamt überwiegt aber heitere Ausgelassenheit, ab und zu am Rande unfreiwilliger Komik oder sogar etwas darüber hinaus. Dass es zwischen Wikingern und Mauren keinerlei Sprachbarrieren gibt, sei am Rande erwähnt. Derlei historische Schlampigkeiten haben sich das klassische Hollywood und auch der britische Film ja gern geleistet.

Die Wikinger gehen auf Schatzsuche

Aus heutiger Sicht wirkt einiges arg altbacken, etwa das Frauenbild und das Bild vom Umgang mit Frauen, das der Film transportiert. Erwähnt sei in dem Zusammenhang insbesondere die Erstürmung von Aly Mansuhs Harem durch die Wikinger. Das hat „The Long Ships“, so der Originaltitel, mit Richard Fleischers „Die Wikinger“ (1958) gemein. Für mich bewegen sich beide Abenteuer auf etwa einem Niveau. Welches von ihnen man bevorzugt, erscheint mir rein als persönliche Präferenz, also: Geschmackssache.

Orm will Gerda beschützen

Die Regie-Filmografie von Jack Cardiff ist gar nicht so groß. Sein bekanntester Film mag die britische D.-H.-Lawrence-Verfilmung „Söhne und Liebhaber“ (1960) mit Dean Stockwell und Trevor Howard sein, der ihm einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung einbrachte. Ungleich aktiver und erfolgreicher war Cardiff als Kameramann: Für die Kamera von „Die schwarze Narzisse“ (1947) hatte er den Oscar und den Golden Globe erhalten. Weitere bedeutsame Kameraarbeiten Cardiffs sind „African Queen“ (1951), „Krieg und Frieden“ (1956) und „Fanny“ (1961). Schon bei „Die Wikinger“ hatte er Erfahrung damit gesammelt, die kriegerischen Nordmänner ins rechte Licht zu rücken.

Mediabook von Koch Films

Koch Films hat „Raubzug der Wikinger“ in anständiger Bild- und Tonqualität als Mediabook veröffentlicht. Der Film liegt darin als Blu-ray und DVD vor. Das Bonusmaterial auf den Discs ist eher spärlich geraten. Über das Booklet und die Aufmachung des Mediabooks kann ich keine Angaben machen, da mir das Endprodukt nicht vorlag. Es dürfte die übliche Qualität der Koch-Mediabooks halten. Wer Wikinger-Abenteuern ohne Anspruch auf historische Akkuratesse etwas abgewinnen kann, macht mit „Raubzug der Wikinger“ nichts falsch.

Ein ganzer Kerl: Rolf

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Jack Cardiff haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Sidney Poitier und Richard Widmark unter Schauspieler.

Wikingerkrieger Orm tritt gegen den Mauren-Scheich an, um seine Liebste zu retten

Veröffentlichung: 27. Mai 2021 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD), 8. Juli 2003 als DVD

Länge: 126 Min. (Blu-ray), 121 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: The Long Ships
GB/JUG 1964
Regie: Jack Cardiff
Drehbuch: Berkely Mather, Beverley Cross, nach einem Roman von Frans G. Bengtsson
Besetzung: Richard Widmark, Sidney Poitier, Russ Tamblyn, Gordon Jackson, Colin Blakely, Rosanna Schiaffino, Oskar Homolka, Edward Judd, Lionel Jeffries, Beba Loncar, Clifford Evans, David Lodge
Zusatzmaterial Mediabook: deutscher und englischer Trailer, Bildergalerie, Booklet
Zusatzmaterial DVD: Trailer, Trailershow
Label/Vertrieb Mediabook: Koch Films
Label/Vertrieb DVD: Sony Pictures Entertainment

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Mediabook-Packshot: © 2021 Koch Films,
DVD-Packshot: © 2003 Sony Pictures Entertainment

 
 

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Eine Antwort zu “Raubzug der Wikinger – Auf der Suche nach der goldenen Glocke

  1. Andreas H.

    2021/08/01 at 18:26

    Schöne Rezension zum Film. Meiner Ansicht nach ist aber „Die Wikinger“ von Richard Fleischer der eindeutig bessere Film. Und ich glaube, das ist nicht nur eine persönliche Präferenz.

     

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