RSS

Vidar the Vampire – Blowjob für den Heiland

11 Apr

VampyrVidar

Von Volker Schönenberger

Horrorkomödie // Schon als Knirps muss Vidar Hårr (Ruben Jonassen) widerwillig früh aufstehen und auf dem Bauernhof seiner gottesfürchtigen Mutter (Marit Sanden) mit anpacken. Genau genommen ist er sogar für die gesamte Landarbeit zuständig, weil seine Mutter vorzugsweise im Bett liegt. Mit Mädchen klappt es schon mal gar nicht, sexuelle Erfüllung muss er sich mit Playboy-Heften verschaffen.

Jesus!

Als 33-Jähriger hat Vidar (Thomas Aske Berg) genug von diesem elenden Dasein. Ein an den Heiland gerichtetes Gebet soll Abhilfe schaffen. Ich will saufen, ficken, mich schlagen. Und siehe da: Jesus Christus (Brigt Skrettingland) erscheint ihm tatsächlich. Zwar mit recht spitzen Zähnen, aber was soll’s? Der Messias macht sich zügig nackig und bietet seinem Jünger seinen Leib dar, sprich: Vidar darf – oder muss? – dem Heiland erst mal einen blasen. Danach verfügt Vidar immerhin über besondere Fähigkeiten. Die Fähigkeiten eines Vampirs …

Jesus offeriert ewiges Leben

Blasphemie! Ja, der beseelende Blowjob an Jesus findet statt. Wer damit nicht umgehen kann, möge zum Lachen in den Kirchenkeller gehen. Die Haupthandlung von „Vidar the Vampire“ entfaltet sich in Rückblenden, während Vidar einem Psychiater die Ereignisse berichtet – oder beichtet, wenn man so will. Der Seelenklempner wird dabei zusehends nervöser.

Vorsicht vor Sonnenstrahlen

Sein neues Dasein bringt für den Landwirt aber nicht nur die ersehnten Freuden mit sich, sondern auch eine Menge Probleme. Dass Sonnenlicht ihm schwere Verbrennungen zufügt, erfährt Vidar auf die schmerzhafte Art. Es bringt ihn sogar in den Sarg, aus dem er ausgerechnet auf seiner Trauerfeier aufersteht. Zum Glück leistet ihm Jesus fortan gern Gesellschaft, die eine oder andere Zechtour inklusive.

Nimm meinen Leib – nun ja …

Der Name Vidar dürfte eher ironisch gewählt sein, da es sich um den Namen eines starken nordischen Gottes handelt, eines Sohns von Odin. Vidar, der Vampir ist alles andere als stark, sondern linkisch und schüchtern – die Superkräfte eines Vampirs gehen ihm ab. Unbeholfen versucht er, sich dem anderen Geschlecht zu nähern, das gelingt mehr schlecht als recht, selbst als Blutsauger.

Wenig Geld, viel Arbeit

„Vidar the Vampire“ atmet Independent aus allen Poren und nähert sich bisweilen auch dem Trash. Viel Geld stand den Drehbuchautoren und Regisseuren Thomas Aske Berg und Fredrik Waldeland für ihren ersten gemeinsamen Film und ihr Langfilm-Regiedebüt nicht zur Verfügung. Im Interview mit „Variety“ verriet Aske Berg, die umgerechnet 50.000 US-Dollar Budget von Erbschaften, Ersparnissen und elterlichen Investitionen zusammengetragen zu haben. Zudem hätten endlose Stunden unentgeltlicher Arbeit der Crew die Produktion ermöglicht. Diverse an der Entstehung Beteiligte übernahmen zudem gleich mehrere Aufgaben. Berg und Waldeland produzierten „Vidar the Vampire“ im Verbund mit John Iver Berg, der wiederum auch als Kameramann tätig war und die Spezialeffekte schuf. Für Make-up, Make-up-Effekte, Szenenbild und Produktionsassistenz zeichnete Kaisa Mari Berg verantwortlich (die drei Bergs sind aber nicht miteinander verwandt). Thomas Aske Berg zeichnete auch für die Musik verantwortlich und übernahm das Casting, bei dem er kurzerhand sich selbst die Hauptrolle verpasste. Keine schlechte Entscheidung, den unbeholfenen Landwirt und bald Vampir nimmt man dem Schlaks problemlos ab.

Ich bin die Auferstehung und das Leben

Unzweifelhaft als parodistische Komödie angelegt, hätte „Vidar the Vampire“ eine größere Gagdichte gut zu Gesicht gestanden. So schleichen sich gelegentlich ein paar Längen ein, obwohl der Film die Anderthalbstundenmarke sogar knapp verfehlt. Am Timing und Pacing hapert es etwas, das mag der mangelnden Erfahrung geschuldet sein, bei Indie-Nachwuchs-Filmemachern ist das häufig zu beobachten. Die Grundidee funktioniert zwar gut, aber sie wird etwas blutarm mit Leben erfüllt, und das im Doppelsinn: Der Horror in Form blutiger Bissigkeit kommt deutlich zu kurz.

Schlüpfrig und melancholisch

Insgesamt fällt mein Fazit dennoch positiv aus, da der Film seinen eigenen Weg beschreitet, der originell genug bis hin zur Absurdität ausgefallen ist. Ein paar Schlüpfrigkeiten garnieren die Handlung, das wird manchen gefallen, anderen missfallen. Allen kann man es sowieso nie recht machen. Am Ende schlägt „Vidar the Vampire“ einen sentimentalen Bogen zu einem Erlebnis des jungen Vidar mit dem weiblichen Geschlecht zu Beginn, das schließt die Horrorkomödie auf melancholische Weise passend ab. Nach zahlreichen Festival-Auftritten seit August 2017, im September beispielsweise beim deutschen Fantasy Filmfest und im Oktober beim Unabhängigen FilmFest Osnabrück, hat „Vidar the Vampire“ es hierzulande nun auch auf Blu-ray und DVD geschafft. Besser spät als nie.

Vidar (l.) freut sich – mit Jesus geht’s ins Striplokal

Veröffentlichung: 26. Februar 2021 als Blu-ray und DVD

Länge: 88 Min. (Blu-ray), 83 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Norwegisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: VampyrVidar
NOR 2017
Regie: Thomas Aske Berg, Fredrik Waldeland
Drehbuch: Thomas Aske Berg, Fredrik Waldeland
Besetzung: Thomas Aske Berg, Brigt Skrettingland, Kim Sønderholm, Henrik Rafaelsen, Marit Sanden, Espen Hana, Isabelle Cau, Sigve Aasland, Balder Scheen Jacobsen, Ruben Jonassen
Zusatzmaterial: Audiokommentar mit den Regisseuren Thomas Aske Berg und Fredrik Waldeland, deutscher Trailer, Originaltrailer, Bildergalerie, Wendecover
Label: Donau Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2021 Donau Film

 

Schlagwörter: , , , , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..