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Tag – A High School Splatter Film: Wenn der Wind den Bus abdeckt

30 Apr

Riaru onigokko

Von Volker Schönenberger

SF-Horror-Action // Nach dem blutigen japanischen Spektakel „Tag – A High School Splatter Film“ lechzten deutsche Gorehounds bereits frühzeitig. Das lag zum einen an der im Netz kursierenden Szene, in der einem Reisebus voller Schülerinnen das Dach abgedeckt wird, was nahezu alle Fahrgäste im Rumpf zerteilt, zum anderen daran, dass der Film 2016 ohne Umweg über Deutschland ohne Zensurkürzungen sogleich in Österreich als Mediabook veröffentlicht wurde. Überraschenderweise zeigte sich die FSK ein Jahr später gnädig und verpasste dem Werk eine Freigabe ab 16 Jahren. Das wiederum war dem deutschen Lizenzinhaber I-On New Media offenbar zu wenig, weshalb das Label ein wenig Etikettenschwindel betrieb und die Blu-ray und DVD mit FSK-18-Logo veröffentlichte, um die erwähnten Gorehounds bei der Stange zu halten.

Wenn Lehrerinnen sauer werden

Im Mittelpunkt der Handlung steht die Schülerin Mitsuko (Reina Triendl), die den grauenvollen Reisebusunfall als Einzige überlebt, weil sie in dem Moment am Boden ihren heruntergefallenen Kugelschreiber aufnimmt. Nach dem Ausrollen verlässt sie in Schockstarre den Bus. Ein mysteriöser, tödlicher Wind scheint sie zu verfolgen, der weitere Teenager auf dieselbe Weise das Leben kostet. Nach einiger Zeit des Herumtorkelns erreicht Mitsuko eine ihr unbekannte Schule, wo sie als Mitschülerin begrüßt wird. Doch Mitsuko kennt Aki (Yuki Sakurai), Sur (Ami Tomite), Taeko (Aki Hiraoka) und all die anderen gar nicht! In der Folge durchlebt die Schülerin weitere entsetzliche Ereignisse. Um aus der tödlichen Spirale der Gewalt zu entkommen, muss sie das Geheimnis um den Wind entschlüsseln.

Männerfantasien

„Tag – A High School Splatter Film“ erweckt eine Weile den Eindruck, es vornehmlich auf die Zurschaustellung heftiger Splattereffekte und japanischer Fetischfantasien abgesehen zu haben. Die blutigen Tricks sind dabei eine Mischung aus CGI und praktischen Effekten, was manchmal billig aussieht, aber nicht immer. Junge Japanerinnen in Schuluniform sind im Land der aufgehenden Sonne offenbar gern genommenes Objekt männlicher Begierde, erst recht, wenn ab und zu ein Höschen unter dem Rock oder ein BH unter der Bluse hervorblitzt. Damit muss man umgehen können (oder selbst diesen Fetisch pflegen). Wer hinter diese bisweilen etwas trashig wirkenden Schauwerte und den schwarzen Humor blickt, entdeckt ein fesselndes Mysterium, in welchem multiple Universen eine Rolle zu spielen scheinen und Mitsuko durch bizarre Situationen stolpert, in denen sie bisweilen sogar ihre Identität gewechselt hat, was sie selbst erst merkt, wenn sie mit anderem Namen angesprochen wird.

Welchen Sinn ergibt das?

Was dahintersteckt, entwirrt sich mit dem nicht minder bizarren Finale, in welchem ein skurriler Alter mit langen weißen Haaren (Takumi Saitô) einen sonderbaren Auftritt hinlegt. Ich bin nicht sicher, ob all das komplett zu Ende gedacht ist und auf stimmige Weise Sinn ergibt, aber vielleicht kommt es darauf auch gar nicht an. Jedenfalls können einige Aspekte des Films auch als Kommentar zur Situation von Frauen und speziell jungen Frauen in Japan verstanden werden. Was insgesamt bleibt, ist ein außergewöhnliches cineastisches Erlebnis vom japanischen Vielfilmer Sion Sono, der mit Filmen wie „Suicide Circle“ (2001), „Strange Circus“ (2005) und „Cold Fish“ (2010) von sich reden machte und jüngst in der US-japanischen Produktion „Prisoners of the Ghostland“ (2021) mit Nicolas Cage als Hauptdarsteller zusammengearbeitet hat, der in den vergangenen Jahren ja ein Faible für bizarre Stoffe offenbarte.

Wie komme ich hier nur wieder raus?

Nach seiner Weltpremiere in Japan im Juli 2015 ging „Tag – A High School Splatter Film“ auf Festivaltour, welche das Werk im Dezember jenes Jahres auch zu den Fantasy Filmfest White Nights nach Deutschland führte. Die eingangs erwähnten Blu-ray und DVD mit FSK-18-Logo sind im Handel problemlos zu finden, kommen leider ohne jegliche Untertitel daher. Wie es sich mit den österreichischen Mediabooks verhält, kann ich nicht einschätzen. Wer obskuren japanischen Fantasien und Funsplatter etwas abgewinnen kann, sollte ein Auge riskieren.

My Big Fat Japanese Wedding

Veröffentlichung: 28. Juli 2017 als Blu-ray und DVD

Länge: 85 Min. (Blu-ray), 79 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18 (Film FSK 16)
Sprachfassungen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Riaru onigokko
JAP 2015
Regie: Sion Sono
Drehbuch: Sion Sono
Besetzung: Reina Triendl, Mariko Shinoda, Erina Mano, Yuki Sakurai, Aki Hiraoka, Ami Tomite, Mika Akizuki, Misaki Amano, Urara Aryû, Mao Asou, Nanami Hidaka, Rin Honoka, Hikaru Horiguchi, Rika Hoshina, Sayaka Isoyama, Takumi Saitô
Zusatzmaterial: Trailer, Wendecover
Label: I-On New Media GmbH
Vertrieb: WVG Medien GmbH

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshot: © 2017 I-On New Media GmbH

 

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