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Horror für Halloween (IV): Die Killerhand – Als Dexter Holland skalpiert wurde

29 Sept

Idle Hands

Von Volker Schönenberger

Horrorkomödie // Kurz vor Halloween haben die Eheleute Tobias (Connie Ray, Fred Willard) die Dekorationen für die Gruselnacht angebracht und legen sich schlafen. Doch beim Ausschalten des Lichts erblicken sie einen fluoreszierenden Schriftzug über dem Bett: I’M UNDER THE BED. Tatsächlich befindet sich zwar niemand unter dem Bett, aber ein Geräusch vom Dachboden veranlasst Mr. Tobias, nach oben zu gehen, um nach dem Rechten zu schauen …

Antons rechte Hand …

Sohnemann Anton Tobias (Devon Sawa) wacht des Morgens auf, um seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: kiffend auf dem Sofa abhängen und in die Glotze zu schauen. Weil ihm das Gras ausgegangen ist, sucht er seinen Kumpel Pnub (Eldon Henson) auf, der in der Nachbarschaft lebt und gerade mit Mick (Seth Green) herumlungert. Weil Pnub nichts rausrückt, verschwindet Anton zügig wieder. Als er daheim seine toten Eltern findet, muss er feststellen, dass seine rechte Hand ein mörderisches Eigenleben entwickelt hat. Offenbar ist sie für die Mordserie in Antons kalifornischer Heimat-Kleinstadt Bolan verantwortlich.

Beste Horrorkomödie der 90er?

„Die Entstehung der besten Horrorkomödie der 90er-Jahre“ hat Christoph N. Kellerbach seinen Text im Booklet des Mediabooks von „Die Killerhand“ betitelt. Hoch gegriffen, sicher zu hoch, wenn man an Sam Raimis „Armee der Finsternis“ und Peter Jacksons „Braindead“ denkt, die beide 1992 in die Kinos kamen. Aber sei’s drum, der blutig-bunte Horrorspaß hat seine Qualitäten und wartet mit einigen schrägen Ideen auf, die bisweilen an der Grenze zum Slapstick kratzen. Einen „erwachsenen“ Film sollte niemand erwarten, aber wer den Teenager in sich am Leben erhalten hat, wird auch als Erwachsener seine Freude haben. Nicht jeder Gag sitzt präzise, aber das gehört bei Teenagerkomödien fast schon zum guten Ton und lässt sich angesichts der hohen Gagdichte verschmerzen.

… entwickelt ein mörderisches Eigenleben

Das Geschehen wird von feinen Punk- und Heavyrockklängen trefflich untermalt, wobei die Songs meist diegetisch eingesetzt werden, also als Teil der Handlung aus irgendeinem Abspielgerät wie einem Autoradio ertönen. Den diesbezüglichen Höhepunkt stellt sicher der Auftritt von The Offspring auf dem Halloweenball der Highschool dar, bei dem die mittlerweile ohne Antons Körper aktive Hand Band-Frontmann Dexter Holland auf schmerzhafte Weise um sein Haupthaar bringt. Einen Kurzauftritt in einer Drive-in-Burgerbude absolvieren zudem Blink-182-Gitarrist Tom DeLonge und Tenacious-D-Gitarrist Kyle Gass.

Weiß Randy (l.) Rat?

Als fesche Nachbarin Molly, die von Anton aus der Ferne angeschmachtet wird, ist Jessica Alba („Mechanic – Resurrection“, „Sin City 2“) zu sehen. Weil der junge Mann gar zu schüchtern ist, muss Molly das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen. Antons Buddys Pnub und Mick wiederum kommen besondere Rollen zu, die mit schräg noch milde umschrieben sind. Um Spoiler zu vermeiden, sei über die beiden nichts weiter berichtet. Erwähnt sei noch Vivica A. Fox („Kill Bill – Vol. 1“) als Druidenpriesterin Debi LeCure, eine Figur, die offenkundig dazu dient, dem Filmpublikum eine Erklärung für die übernatürlichen Ereignisse um die mörderische Hand zu liefern. Und der Nachbar Randy (Jack Noseworthy) wird auch wichtig, weil er als Metalfan natürlich über okkultes und satanistisches Wissen verfügt (auch wenn Satanismus tatsächlich keine Rolle spielt).

Ein Flop nach Columbine

Mit einem Budget von knapp 25 Millionen US-Dollar produziert, spielte „Die Killerhand“ an den Kinokassen lediglich vier Millionen Dollar ein, was die Horrorkomödie zu einem Flop machte. Das lag womöglich auch daran, dass der Kinostart Ende April 1999 kurz nach dem Amoklauf an der Highschool von Columbine im US-Staat Colorado angesetzt war und ein Film, in dem ein Teenager – wenn auch nur dessen rechte Hand – andere Menschen abschlachtet, zu diesem Zeitpunkt nicht opportun war. Manch ein selbsternannter Moralwächter wetterte über den Film, ohne ihn gesehen zu haben. Folge: „Idle Hands“, so der Originaltitel, verschwand zügig aus den Kinos. Zum Glück für den Film brach um die Jahrtausendwende herum gerade das DVD-Zeitalter an, sodass er über dieses Format Verbreitung erfuhr und sich alsbald einer wachsenden Fangemeinde erfreuen konnte.

Pnub (l.) und Mick nehmen ihrem Kumpel etwas Unbill nicht übel

Nach zwei deutschen DVD-Auflagen 2000 und 2004 hat das Label justbridge entertainment „Die Killerhand“ im Oktober 2021 hierzulande im Mediabook mit Blu-ray und DVD veröffentlicht. Als Bonusmaterial gibt es lediglich – aber immerhin – entfernte Szenen sowie den bereits erwähnten Booklet-Text von Christoph N. Kellerbach, der weitaus besser ausgefallen ist als seine Überschrift. Christoph schreibt auf 20 Seiten gewohnt gut informiert über die Produktion des Films, das lässt sich wie immer gut lesen. Mit der Mediabook-Veröffentlichung erfolgte eine DVD-Neuauflage, und im März 2022 ließ justbridge eine Blu-ray im Softcase folgen, weil nicht jeder potenzielle Käufer gewillt ist, den höheren Preis des Mediabooks zu zahlen, zumal es mittlerweile im Handel vergriffen ist. „Die Killerhand“ ist nicht unbedingt etwas für Feingeister, außer wenn diese Feingeister in der Lage sind, sich aufgrund von groben Gags auf die Schenkel zu klopfen. Die Horrorkomödie hat eher Kult- als Klassikerstatus, aber das ist doch auch etwas wert.

Love Interest: Molly

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Jessica Alba haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet.

Auch eine Druidin verspürt fleischliche Gelüste

Veröffentlichung: 4. März 2022 als Blu-ray, 22. Oktober 2021 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD) und DVD, 6. Oktober 2004 und 8. März 2000 als DVD

Länge: 92 Min. (Blu-ray), 88 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Idle Hands
USA 1999
Regie: Rodman Flender
Drehbuch: Terri Hughes Burton, Ron Milbauer
Besetzung: Devon Sawa, Seth Green, Elden Henson, Jessica Alba, Vivica A. Fox, Christopher Hart, Jack Noseworthy, Sean Whalen, Nicholas Sadler, Fred Willard, Connie Ray, Steve Van Wormer, Kelly Monaco, Timothy Stack
Zusatzmaterial ab 2021: entfernte Szenen (9:18 Min.), nur Mediabook: 20-seitiges Booklet
Zusatzmaterial DVD: Audiokommentar von Rodman Flender, Seth Green und Elden Henson, Originaltrailer, Filmdokumentation (6 Min.), entfallene Szenen, Storyboardvergleich, Künstlerprofile
Label Mediabook: justbridge entertainment
Vertrieb Mediabook: Rough Trade Distribution
Label/Vertrieb DVD: Columbia TriStar

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2021 justbridge entertainment

 

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