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Jean-Claude Van Damme (VI): Bloodsport – Der Durchbruch des belgischen Spagat-Künstlers

21 Feb

Bloodsport

Von Volker Schönenberger (im Mai 2023 modifizierter Text von Februar 2016)

Kampfsport-Action // Mixed Martial Arts und Ultimate Fighting sind 1988 noch unbekannte Bezeichnungen. „Bloodsport“ macht stattdessen den Begriff Kumite bekannt, der ebenfalls unterschiedliche Kampfkunstformen in einem Wettbewerb vereint. Unter dem Dach der berühmt-berüchtigten Produktionsfirma Cannon Films und der Regie von Newt Arnold (1922–2000) entsteht einer der großen Klassiker des Martial-Arts-Films, der mit einem Budget von gut zwei Millionen Dollar satte 50 Millionen Dollar an den Kinokassen einspielt. Arnold hat sich in seiner mehr als 40 Jahre währenden Laufbahn als Regieassistent einen guten Namen gemacht, aber nur ganze drei Filme selbst inszeniert – außer „Bloodsport“ noch die beiden weitgehend unbekannten Horrorfilme „Hands of a Stranger“ (1962) und „Blood Thirst“ (1971). Weshalb er nach dem Hit „Bloodsport“ keine weitere Gelegenheit mehr bekam, sich auf den Regiestuhl zu setzen – keine Ahnung.

Senzo Tanaka (l.) macht aus Frank Dux …

Zur Handlung: Als Jugendlicher hat sich der Amerikaner Frank Dux (Pierre Rafini) vom japanischen Meister Senzo Tanaka (Roy Chiao) in die Kunst des Ninjutsu einweihen lassen. Später wirbt der Militär-Nachrichtendienst der USA den jungen Mann (nun Jean-Claude Van Damme) als Agenten an. Doch Dux desertiert und reist nach Hongkong. Dort will er am Kumite teilnehmen, den illegalen Weltmeisterschaften im Freistilkampfsport. Titelverteidiger ist der brutale und bislang unbesiegte Koreaner Chong Li (Bolo Yeung). Die ersten Runden des Wettbewerbs sind nur ein lockerer Aufgalopp.

… ein durchtrainiertes Martial-Arts-Ass

Mit der angeblich wahren Geschichte des US-Karatelehrers Frank Dux gelang Jean-Claude Van Damme der Durchbruch – der Belgier führte all seine Kampfszenen und Stunts persönlich aus. Als Kampfkoordinator war der echte Dux an den Dreharbeiten beteiligt (er blieb allerdings stets den Nachweis schuldig, an einem solchen geheimen Kumite tatsächlich teilgenommen zu haben). Im Abspann werden einige ihm zugeschriebene Weltrekorde aufgelistet, diese sind aber reine Erfindung.

Furchteinflößend: Chong Li

Eine ursprüngliche, heute nicht mehr vorliegende Schnittfassung hätte dem am Originalschauplatz in Hongkong gedrehten „Bloodsport“ beinahe den Garaus gemacht, doch auf Van Dammes Initiative kehrte der Film zurück in den Schneideraum. Nun liegt der Fokus voll auf den Vollkontakt-Kampfsequenzen – und die haben es in sich. Die Körperbeherrschung von „The Muscles from Brussels“ ist bestechend, und mit dem zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits 42-jährigen Bolo Yeung („Der Mann mit der Todeskralle“, „Geballte Ladung“) hat Van Damme einen gnadenlosen Widersacher, mit dem sich niemand anlegen sollte – außer Dux, versteht sich. Ist das vorhersehbar geraten? Na klar! Es macht aber nichts, wenn die Kämpfe so kernig und intensiv ausfallen wie hier.

Demonstration der Stärke

Etwas albern wirkt da die Rahmenhandlung mit den beiden Agenten Helmer (Norman Burton) und Rawlins (Forest Whitaker), die Dux unbedingt an der Teilnahme hindern und ihn in die Vereinigten Staaten zurückbringen wollen. Zwischendurch bleibt dem durchtrainierten Athleten aber Zeit, mit der Reporterin Janice (Leah Ayres) anzubändeln, die unbedingt eine Story über das Kumite schreiben will. Die Runde komplettiert der grobschlächtige, aber gutmütige Ray Jackson (Donald Gibb), der ebenfalls am Kumite teilnimmt und sich weit vorkämpft, gegen Chong Li aber äußerst schmerzhaft an seinem Übermut scheitert. Das ist dann auch die schwächste, geradezu ärgerliche Wettkampfszene des Films: Jackson, der sich schon vom Publikum feiern lässt, nur weil er Chong Li zu Beginn des Duells ein paar Wirkungstreffer verpasst hat. Wir ahnen – nein, wir wissen: So leicht kriegt man Chong Li nicht auf die Bretter, Jackson wird sein böses Erwachen erleben.

Innere Einkehr

Die übrigen Fights gleichen diesen missraten inszenierten locker aus, sie sind kurz und knackig und derer viele. Diverse Kämpfer treten in dem im KO-Modus ausgetragenen Turnier nur einmal in Erscheinung, andere zwei- oder dreimal. Bei manchen anderen Kampfsport-Filmen fragt man sich, wie die Kontrahenten die Vielzahl brutaler Schläge aushalten können. In diesem Fall ist manchmal nach einem Wirkungstreffer auch schon Ende Gelände. Der längste Kampf ist selbstverständlich der finale zwischen – Ihr wisst schon.

Reporterin Janice hat’s ihm angetan

Wer die simple Story als banal bemängelt, verkennt, dass sie lediglich als Aufhänger für die zahlreichen Kampfeinlagen dient. Es ist eben Martial-Arts-Action, eine komplexe Geschichte wäre da nur hinderlich gewesen. Große Schauspielkunst wird ebenfalls nicht geboten, sie ist auch nicht erforderlich. Selbst dem späteren Oscarpreisträger Forest Whitaker („Der letzte König von Schottland – In den Fängen der Macht“) sieht man an, dass er seinerzeit noch nicht auf der Höhe seines Daseins als Charakterdarsteller war – bei Weitem nicht.

Ray Jackson gibt den großen Macker

Eine Referenz-Edition von „Bloodsport“ hätte Gesicht, und capelight pictures hat sie tatsächlich aufgelegt. Das im April 2023 veröffentlichte Mediabook enthält den Film auf UHD Blu-ray und Blu-ray in nie dagewesener Bild- und Tonqualität. Da diese Aspekte nicht zu meiner Kernkompetenz gehören, verweise ich einmal mehr auf die Rezension des geschätzten Kollegen Timo Wolters auf seiner Filmseite „blu-ray-rezensionen.net“. Timo hat sich die Mühe gemacht, sowohl die capelight-Blu-ray mit der alten Blu-ray von Twentieth Century Fox Home Entertainment zu vergleichen als auch die UHD Blu-ray von capelight mit der capelight-Blu-ray. Seiner Einschätzung nach gewinnt die neue Blu-ray deutlich gegenüber der alten, und die UHD Blu-ray toppt das noch. Diverse Bildvergleiche mit Schieber unterstreichen das.

Das Publikum hält es nicht mehr auf den Sitzen

Auch beim Bonusmaterial hat sich capelight nicht lumpen lassen, eigens neue Features mit Interviews produziert (siehe Auflistung unten). Ein Booklet mit einem so langen wie vorzüglichen Text von Lucas Barwenczik rundet die famose Veröffentlichung würdig ab.

Gegen Chong-Li (l.) …

In den 90er-Jahren entstanden drei Fortsetzungen ohne Van Dammes Mitwirkung, dafür mit dem Schweizer Daniel Bernhardt. „Bloodsport“ steht allein schon aufgrund des typischen, teils blechernen Synthie-Soundtracks tief in den 80er-Jahren, hat aber über die Jahre nichts von seiner Martial-Arts-Faszination eingebüßt. Gibt es bessere Kampfsportfilme? Zweifellos, und nicht wenige, zumal sich sowohl der Sport als auch das Filmgenre weiterentwickelt haben. Aber es gibt nur einen „Bloodsport“! Die Nostalgiebrille mag bei meiner Einordnung eine Rolle spielen, aber der Film bleibt ein in den vielen Kampfszenen auch heute noch mitreißender Klassiker.

… muss Frank alles geben

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Jean-Claude Van Damme, Michel Qissi und Forest Whitaker haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet. Alle als „Limited Collector’s Edition” von capelight pictures veröffentlichten Filme haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt, ebenso die Filme der Reihe „Action Cult Uncut“ von Twentieth Century Fox Home Entertainment.

Das tut er aber auch

Veröffentlichung: 14. Juli 2023 als 2-Disc Limited Steelbook (UHD Blu-ray & Blu-ray), 14. April 2023 als 2-Disc Limited Collector’s Edition Mediabook (UHD Blu-ray & Blu-ray, 2 Covervarianten), 28. Juni 2013 als Blu-ray, 20. Januar 2012 als DVD

Länge: 92 Min. (Blu-ray), 88 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Bloodsport
Alter deutscher Titelzusatz: Eine wahre Geschichte
USA 1988
Regie: Newt Arnold
Drehbuch: Sheldon Lettich, Christopher Cosby, Mel Friedman
Besetzung: Jean-Claude Van Damme, Donald Gibb, Bolo Yeung, Leah Ayres, Forest Whitaker, Norman Burton, Pierre Rafini, Michel Qissi
Zusatzmaterial 2023: Einführung und Audiokommentar von Sheldon Lettich, Paulo Tocha und James Bennett, An Uppercut Into the Action Movie A-List – Ein Knockout-Interview mit Jean-Claude Van Damme (31:29 Min.), Blood Writes – Wie Sheldon Lettich einen Cannon-Klassiker schrieb (46:50 Min.), Wham! Bam! Thank You, Van Damme! – Zurück im Ring mit Kameramann David Worth (24:24 Min.), A Sporting Chance – Blut, Schweiß und Tränen von Paulo Tocha (24:17 Min.), Tunes to Tap Out To – Der Sound von Paul Hertzog (25:08 Min.), deutscher Kinotrailer; US-Kinotrailer, nur Mediabooks: 24-seitiges Booklet mit einem Text von Lucas Barwenczik
Zusatzmaterial 2013/2012: Trailer, Wendecover
Label 2023: capelight pictures
Vertrieb 2023: Al!ve AG
Label/Vertrieb 2013/2012: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2016/2023 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & gruppierter Mediabook-Steelbook-Packshot: © 2023 capelight pictures,
Blu-ray- & DVD-Packshot: © 2012/2013 Twentieth Century Fox Home Entertainment

 
 

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3 Antworten zu “Jean-Claude Van Damme (VI): Bloodsport – Der Durchbruch des belgischen Spagat-Künstlers

  1. Otto

    2023/05/31 at 05:16

    Weißt du mehr über die erste Schnittfassung? Warum hätte sie dem Film fast den Garaus gemacht?

     
    • Volker Schönenberger

      2023/05/31 at 06:55

      Nicht viel. Die ursprüngliche Schnittfassung kam bei der Produktionsfirma einfach nicht gut an, weshalb der Film vor Veröffentlichung fast im Giftschrank verschwunden wäre. Van Damme hat anscheinend selbst die Erstellung der neuen Fassung überwacht. So soll er sich selbst prominenter in den Vordergrund gerückt und die Kampfszenen dramatischer und härter inszeniert haben. Das alles mit (logischerweise) bereits gedrehten Szenen, die bei Erstellung der Ursprungsfassung am Schneidetisch entfernt oder nicht berücksichtigt worden waren. Gedreht wurde Ende 1986, aber erst im Frühjahr 1988 war der US-Kinostart. Die Verzögerung ist darauf zurückzuführen.

       
  2. Volker Schönenberger

    2023/05/30 at 04:27

    Hat dies auf Die Nacht der lebenden Texte rebloggt.

     

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