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Clint Eastwood (XIII): Firefox – Flieger-Action im Kalten Krieg

08 Jun

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Von Volker Schönenberger

Action-Abenteuer // Der Lieblingsschauspieler des Regisseurs Clint Eastwood ist – Clint Eastwood. Von seinem 1971er-Regiedebüt „Sadistico – Wunschkonzert für einen Toten“ bis zum altersmilden Spätwerk „Gran Torino“ (2008) gab sich Eastwood satte 22 Mal selbst vom Regiestuhl aus Anweisungen. Trotz seines Hangs, sich als wortkargen einsamen Wolf zu inszenieren, kamen dabei oft genug interessante Charaktere heraus.

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Gant muss Angstattacken überwinden

Für „Firefox“ gilt das nicht. Zwar inszeniert Eastwood seinen Protagonisten Mitchell Gant als im Vietnamkrieg traumatisierten Kampfpiloten, das dient jedoch weniger einer ausgefeilten Charakterisierung als dem Spannungsaufbau: Gant wird einige Male von bösen Erinnerungen geplagt, was einige brenzlige Situationen noch brenzliger werden lässt.

Russische Gedanken

Mitchell Gant spricht fließend Russisch und ist in der Lage, sowjetische Militärflugzeuge zu fliegen, was ihn trotz der Dämonen seiner Vergangenheit dafür prädestiniert, einen heiklen Auftrag der US-Regierung auszuführen: den Diebstahl einer MiG-31 mit dem Codenamen „Firefox“. Dieses neuartige Kampfflugzeug mit Tarnkappeneigenschaften kann sechsfache Schallgeschwindigkeit erreichen. Der Clou: Der Pilot steuert die Abwehr- und Angriffs-Waffensysteme der „Firefox“ mittels Gedankenkraft – allerdings müssen es Gedanken in russischer Sprache sein. Ein Prototyp ist angeblich einsatzbereit. Gant lässt sich unter falschem Namen in die Sowjetunion einschleusen, wo seine Kontaktpersonen ihn schnell aufnehmen.

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Der Diebstahl der „Firefox“ gelingt

Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan 1979, Abschuss eines südkoreanischen Passagierflugzeugs 1983, Olympia-Boykotte 1980 und 1984 – die Beziehungen zwischen West- und Ostblock befanden sich in den frühen 80er-Jahren auf einem Tiefpunkt, die Welt stand ganz im Zeichen des Kalten Kriegs. In dieser Stimmung verfilmte Clint Eastwood einen Techno-Thriller des walisischen Schriftstellers Craig Thomas – den ersten von vier Romanen, in denen Mitchell Gant auftauchte.

Das Reich des Bösen

Der herrschenden Stimmung in den USA folgend, war Eastwood nicht an einer differenzierten Betrachtung der politischen Gemengelage interessiert, ihm ging es darum, einen kühlen Thriller zu drehen – auf Kosten einer arg eindimensionalen Darstellung der Sowjetunion. Lässt man sich von der politischen Schlagseite von „Firefox“ nicht abschrecken, so bekommt man immerhin einen fesselnden Kalter-Kriegs-Actionfilm zu sehen. Wie man Spannung erzeugt, das hatte Eastwood damals schon drauf, eine gewisse Routine ist nicht zu übersehen in positivem wie negativem Sinne, denn ausgesprochen inspiriert wirkt „Firefox“ nicht gerade.

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Betankung auf dem Packeis

Als Zuschauer verfolgt man durchaus gebannt, wie sich Mitchell Gant dank einiger Helfer inkognito in der Sowjetunion durchschlägt, seine Jäger stets auf den Fersen. Das erinnert von der Stimmung her ein wenig sogar an Alfred Hitchcocks „Der zerrissene Vorhang (1966)“ (1966). Das Gefühl, in einem kalten und feindselig gestimmten Land auf die Hilfe von Regimegegnern angewiesen zu sein, eint Mitchell Gant und den bei Hitchcock von Paul Newman verkörperten Professor Michael Armstrong. Wenn Mitchell Gant im letzten Drittel des Films dann tatsächlich die „Firefox“ besteigt und mit ihr entfleucht, ist die Jagd aber noch lange nicht beendet. Immerhin gibt es einen zweiten einsatzbereiten Prototypen. Am Boden wie in der Luft geht es dann hoch her. Sogar der Generalsekretär der KPdSU schaltet sich dann ein, gespielt vom deutschen Schauspieler Stefan Schnabel. Mit Klaus Löwitsch ist ein weiterer Deutscher dabei – er spielt einen sowjetischen General, der ebenfalls versucht, Gant in der „Firefox“ vom Himmel zu holen.

Flieger-Action mit Bluescreen-Technik

Die Flugszenen der „Firefox“ wurden mit einer damals neuartigen Variante der Bluescreen-Technik umgesetzt. Das ist nach heutigen Maßstäben veraltet, man erkennt, dass dort ein Flugzeugmodell vor Himmelsaufnahmen gesetzt worden ist, tut aber der Rasanz keinen Abbruch.

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„Firefox“ jagt „Firefox“

„Firefox“ ist nur einen Hauch spannender als er glaubwürdig ist. Er ist wie ein James-Bond-Film ohne Frauen, wie ein Superman-Film ohne Sinn für Humor. So schrieb seinerzeit der Kritiker der „New York Times“ über Eastwoods Regiearbeit. Da ist was dran, und natürlich fehlen „Firefox“ noch ganz andere Ingredienzien, um den Unterhaltungswert eines Bond-Films zu erreichen. Aber ganz will ich der „New York Times“ doch nicht folgen: „Firefox“ ist enorm unglaubwürdig, aber dafür auch sehr spannend.

Kein Highlight für Regisseur und Schauspieler Eastwood

Bei mir fliegt er mit dem Fazit „Kann man schauen, einmal reicht aber“ ins Ziel, und ein bisschen historisches Interesse an der Tilgung eines weißen Flecks in Clint Eastwoods Filmografie ist auch dabei gewesen. Für den Regisseur wie den Schauspieler Eastwood stellt „Firefox“ kein Glanzstück der Laufbahn dar. Der Regisseur von „Gran Torino“ würde ihn vielleicht milde belächeln, der Regisseur von „American Sniper“ womöglich nicht.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von oder mit Clint Eastwood sind in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet.

Veröffentlichung: 17. Juni 2011 als Blu-ray, 21. November 2002 als DVD

Länge: 125 Min. (Blu-ray), 120 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch
Untertitel: Deutsch, Englisch und Italienisch für Hörgeschädigte, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Finnisch
Originaltitel: Firefox
USA 1982
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Alex Lasker, Wendell Wellman, nach dem Roman von Craig Thomas
Besetzung: Clint Eastwood, Freddie Jones, David Huffman, Nigel Hawthorne, Warren Clarke, Klaus Löwitsch, Ronald Lacey, Stefan Schnabel, Kenneth Colley, Thomas Hill
Zusatzmaterial: Original-Dokumentation: Clint Eastwood – Regisseur, US-Kinotrailer
Vertrieb: Warner Home Video

Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshot: © Warner Home Video

 

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