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P.O.W. – Die Vergeltung: Holen wir die Kriegsgefangenen raus!

19 Nov

Behind Enemy Lines

Von Volker Schönenberger

Kriegs-Action // Im Jahr 1973 verhandeln nordvietnamesische und US-amerikanische Delegationen in Paris über das Ende des Vietnamkriegs. Die Gespräche stocken, da sich die Nordvietnamesen weigern, selbst dann ihre amerikanischen Kriegsgefangenen freizulassen, wenn die USA ihre Truppen abziehen. In dieser heiklen Situation übernimmt Colonel James Cooper (David Carradine) eine Mission zur Befreiung einer Schar Kameraden aus einem Gefangenenlager tief im Dschungel. Da die Militärführung ein Zeichen setzen will, erhält er die Order, das Camp spektakulär frontal anzugreifen, statt sich hineinzuschleichen, wie es an sich vorgesehen war.

Attacke!

Der Sturmangriff gestaltet sich überraschend einfach – zu einfach: Das Lager erweist sich als verlassen. Offenbar war die Befreiungsaktion erwartet worden. Aus dem Hinterhalt eröffnen die Nordvietnamesen das Feuer. Mit Müh und Not kämpfen sich die GIs zu ihren Helikoptern zurück. Weil Cooper für seine Einsätze nach dem Prinzip „Jeder kommt wieder nach Hause“ verfährt, dreht er um, um einen zurückgebliebenen Soldaten zu holen. Das bringt ihn geradewegs selbst in Kriegsgefangenschaft. Er landet im Lager des korrupten Captain Vinh (Mako).

Cannon Films!

Ah – Cannon Films! Das berühmte Logo zu Beginn des Vorspanns kündet von herrlich räudiger Kriegs-Action, politisch unkorrekt, ist ja klar. Und so kommt es dann natürlich auch, dafür bürgen Menahem Golan als Produzent und Yoram Globus als ausführender Produzent. Gedreht wurde auf den Philippinen, den schmissigen Synthie-Score mopste man sich von diversen anderen Cannon-Produktionen, darunter „Delta Force“ (1986). Das „P.O.W“ im deutschen Titel steht für „Prisoners of War“, also Kriegsgefangene. Weniger gut passt der Titelzusatz „Die Vergeltung“, da es Cooper und seinen Leuten einzig um Flucht geht und nicht um Rache.

Gegenangriff

Die Story entwickelt sich aufgrund der ganz eigenen Pläne von Captain Vinh origineller als erwartet, und bald führt Cooper einen kleinen Haufen GIs auf der Flucht durch den Dschungel. Sogar ein paar Wendungen haben die fünf (!) Drehbuchautoren und Regisseur Gideon Amir eingebaut. Für Unruhe sorgt beispielsweise der Soldat Sparks (Charles R. Floyd in seiner einzigen Filmrolle), der wenig von Kameradschaft hält, lieber sein eigenes Süppchen kocht und zum Ende hin seine tiefe Schuld erkennen muss – ein seltener nachdenklicher Moment.

Colonel Cooper will keinen GI zurücklassen

David Carradine („Kill Bill“) tut das, was er am besten kann: Er gibt die coole Sau. Der aus „Delta Force“ und der „American Fighter“-Reihe bekannte Steve James steht ihm darin in nichts nach – er spielt Sergeant Johnston, dem Cooper als Gefangener begegnet und der sich ihm anschließt. Den Antagonisten Captain Vinh spielt mit Mako ein altgedienter Exil-Japaner, der viele Jahre lang in den USA fürs Fernsehen und Kino tätig war – von „Kanonenboot am Yangtse-Kiang“ (1966) über „Conan – Der Barbar“ (1982) und „Conan – Der Zerstörer“ (1984) bis „Pearl Harbor“ (2001). Mit Ausnahme von Makos Captain Vinh bleiben die nordvietnamesischen Feinde im Übrigen konturlos.

Auftakt einer nur kleinen Regisseurs-Laufbahn

Angesichts des Unterhaltungsfaktors von „P.O.W. – Die Vergeltung“ verwundert es etwas, dass Cannon Films Amir danach keine weiteren Regieaufgaben übertragen hat. Er drehte außer dem Vietnam-Actioner nur noch den Thriller „Accidents“ (1989), und das für ein anderes Studio. Immerhin hatte er für Cannon zwei ihrer großen Hits mitverantwortet: „Braddock – Missing in Action“ (1984) mit Chuck Norris als Line Producer und „American Fighter“ (1985) mit Michael Dudikoff als Associate Producer.

Sparks sucht etwas Ruhe

Apropos „Missing in Action“: „P.O.W. – Die Vergeltung“ entstand natürlich mitten in dessen Fahrwasser, das zwischendurch von „Rambo II – Der Auftrag“ (1985) kräftig aufgeschäumt worden war. Um US-Kriegsgefangene in Vietnam hat sich seit jeher ein Mythos gebildet, den diese Filme weiter befeuerten, ein beliebtes Feld auch für Verschwörungstheorien, nach denen noch viele Jahre nach Kriegsende GIs im vietnamesischen Dschungel gefangengehalten wurden. Gideon Amirs Regiearbeit behauptet sich im Exploitation-Sektor der „Namsploitation“ sehr gut, da verwundert es, dass es vor der Blu-ray und DVD von explosive media in Deutschland offenbar lediglich eine VHS-Veröffentlichung gegeben hat. Wer diesem Bereich des Kriegsfilmgenres etwas abgewinnen kann, wird an „P.O.W. – Die Vergeltung“ seine Freude haben, für Cannon-Fans gilt das erst recht. Welche Filme um Kriegsgefangenen-Befreiung im oder nach dem Vietnamkrieg außer den genannten könnt Ihr empfehlen?

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Steve James haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Helden

Veröffentlichung: 12. November 2020 als Blu-ray und DVD

Länge: 89 Min. (Blu-ray), 86 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Behind Enemy Lines
Alternativtitel: P.O.W. – The Escape
USA 1986
Regie: Gideon Amir
Drehbuch: Malcolm Barbour, James Bruner, Avi Kleinberger, John Langley, Jeremy Lipp
Besetzung: David Carradine, Charles R. Floyd, Mako, Steve James, Phil Brock, Daniel Demorest, Tony Pierce, Steve Freedman, James Acheson, Rudy Daniels, Ken Metcalfe, Ken Glover
Zusatzmaterial: Kinotrailer, Bildergalerie, Wendecover
Label: explosive media
Vertrieb: Koch Films

Copyright 2020 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2020 explosive media

 

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